| # taz.de -- Corona-Maßnahmen: Nur ein kurzer Lockdown? | |
| > Wirtschaftsverbände warnen: Ein erneuter Stillstand würde für | |
| > Zehntausende Betriebe das Ende bedeuten. Einige Ökonomen aber empfehlen | |
| > den Shutdown. | |
| Bild: Wird sie geschlossen? Eine Bar in Berlin-Friedrichshain | |
| Bars dicht? Cafés und Restaurants ebenso? Und sehr wahrscheinlich auch | |
| sämtliche Kultur- und Sporteinrichtungen? Geht es nach der Bundesregierung, | |
| wird angesichts der weiter rasant steigenden Zahl der Corona-Infektionen | |
| schon ab kommenden Montag das öffentliche Leben bis Ende des Monats | |
| drastisch herunterfahren. | |
| Plan der Bundesregierung: Um das Infektionsgeschehen zum Stillstand zu | |
| bringen, sollen die Bürger ihre privaten Kontakte stark einschränken, | |
| Betriebe, Geschäfte und Produktionsanlagen hingegen möglichst weiterlaufen. | |
| Damit einher geht auch, dass Schulen und Kitas geöffnet bleiben. Denn wie | |
| der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands BDA, Steffen Kampeter, meint: | |
| Schulen und Kitas zu schließen ist mangels Kinderbetreuung gleichbedeutend | |
| mit Betriebsschließungen. | |
| Unter Ökonomen und Wirtschaftsverbänden ist bereits von einem zweiten | |
| Lockdown die Rede, vergleichbar mit dem vom Frühjahr. Dabei war die | |
| Bezeichnung schon damals nicht korrekt. Denn anders als etwa in Frankreich, | |
| Spanien oder Italien hat es in Deutschland zu keinem Zeitpunkt eine | |
| wirkliche Ausgangssperre gegeben. | |
| Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer spricht dennoch genau davon: Sollte | |
| der Lockdown so wie von der Bundesregierung geplant kommen, dürfte das | |
| Bruttoinlandsprodukt im laufenden vierten Quartal nicht mehr wachsen, warnt | |
| er. Und auch Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenbank, befürchtet mit | |
| Blick auf das laufende Quartal: „Sollte es zu drastischen Einschränkungen | |
| kommen, die deutlich über das bisher angekündigte Maß hinausgehen, könnte | |
| die Wirtschaft um bis zu 2 Prozent schrumpfen.“ | |
| ## Ökonomen sind sich uneins darüber, welches Vorgehen der deutschen | |
| Wirtschaft mehr schaden würde | |
| Guido Zöllick, Präsident des des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, | |
| tobt: „Es kann nicht sein, dass wir wieder die Leidtragenden sind.“ Das | |
| Gastgewerbe sei „kein Pandemietreiber“, sagt Zöllick und verweist auf | |
| Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI), die zeigten, dass Hotellerie und | |
| Gastronomie kein relevantes Infektionsgeschehen aufwiesen. Was er | |
| allerdings verschweigt: Das RKI erwähnt explizit, dass die Zahlen sich auf | |
| gerade mal ein Viertel aller Fälle beziehen – für die übrigen gibt es | |
| keine Informationen über den Ansteckungsort. | |
| Ökonomen sind sich uneins, welches Vorgehen der deutschen Wirtschaft mehr | |
| schaden würde: eine bundesweite befristete Schließung von Gastronomie, | |
| Kulturstätten und Vereinen, also ein „Wellenbrecher-Shutdown“, wie es | |
| SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bezeichnet; oder die Beibehaltung | |
| der bisherigen Regeln, die bislang aber den exponentiellen Anstieg der | |
| Infiziertenzahl nicht stoppen konnten. | |
| „Regionale Lockdownmaßnahmen, angepasst in ihrem Ausmaß an die | |
| Infektionslage vor Ort, sind die bessere Lösung“, sagt der Präsident des | |
| Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Clemens Fuest, in einem Interview | |
| mit dem Mannheimer Morgen. Der Schutz der Gesundheit habe Vorrang, die | |
| Maßnahmen müssten aber verhältnismäßig sein. Marcel Fratzscher, Leiter des | |
| Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hingegen plädiert für | |
| einen „kurzen, scharfen Lockdown“. Zwei, drei Wochen keine Umsätze – und | |
| dann könne es wieder losgehen, sagte Fratzscher im SWR. Die Wirtschaft | |
| könne auf diesem Weg relativ schnell wieder zur Normalität zurückkehren. | |
| 28 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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