# taz.de -- Corona-Impfkampagne in Hamburg: Ein Eis und eine Impfdosis, bitte | |
> Hamburgs Sozialbehörde setzt auf mobile Impfangebote. Materielle Anreize | |
> sind aber nicht geplant. Stattdessen müsse Vertrauen aufgebaut werden. | |
Bild: Shopping und Impfen geht zusammen – wenn man nur will | |
HAMBURG taz | Durch die Läden schlendern, Einkäufe erledigen und sich | |
nebenbei impfen lassen – inzwischen können Hamburger:innen vielerorts | |
eine Corona-Schutzimpfung erhalten. Die Stadt setzt dabei zunehmend auch | |
auf mobile Impfangebote. | |
Am verkaufsoffenen Sonntag des vergangenen Wochenendes ließen sich 264 | |
Menschen im Einkaufszentrum Arkaden mit den Impfstoffen von Biontech und | |
Johnson & Johnson impfen. Im Alstertaler Einkaufszentrum und in der | |
Hamburger Meile waren es jeweils etwa 170 Menschen. „Weitere Impfaktionen | |
in den Einkaufszentren sind zu den nächsten verkaufsoffenen Sonntagen | |
geplant“, sagt Anja Segert, Sprecherin der Sozialbehörde. Der nächste ist | |
am 5. September. Dann sollen auch Zweitimpfungen stattfinden. | |
Denn mit der Impfkampagne läuft es schlecht: Die Anzahl der Durchgeimpften | |
Hamburger:innen liegt im bundesweiten Vergleich im unteren Viertel. | |
52,6 Prozent sind hier bereits zwei Mal geimpft, 64,9 Prozent haben bislang | |
nur die Erstimpfung erhalten. Doch die Nachfrage nach dem zuvor begehrten | |
Vakzin ist deutlich abgeflacht. Ende August schließt das Impfzentrum in den | |
Messehallen seine Tore, seit Dienstag sind nur noch Zweitimpfungen möglich. | |
Die Hausärzt:innen sind nun für das Impfen zuständig und sie werden | |
zunehmend durch mobile Impfangebote unterstützt. | |
Auf der [1][Internetseite der Sozialbehörde] findet sich eine Auflistung, | |
wo mobile Impfteams in den nächsten Wochen vor Ort sein werden. Darunter | |
sind Freizeiteinrichtungen, Kulturvereine, Kirchen und Jobcenter. Auch mit | |
Moscheen befinde man sich in Gesprächen. Damit möchte die Sozialbehörde | |
„zielgruppennahe, niedrigschwellige Impfangebote“ machen, um Zögernde zu | |
überzeugen. Weitere Termine seien spontan möglich. Es ist keine Anmeldung | |
nötig, Interessierte können einfach mit einem Ausweisdokument hingehen. | |
## Skepsis bei Migrant:innen | |
Die Gründe, warum sich viele bisher nicht geimpft hätten, seien sehr | |
vielseitig, sagt Jonas Fiedler, Forschungskoordinator der [2][Poliklinik | |
Veddel]. „Manche kommen neben ihrer Lohn- und Carearbeit einfach nicht | |
dazu, sich um einen Impftermin zu kümmern“, sagt Fiedler. Da könnten gut zu | |
erreichende Impfangebote helfen. Doch häufig gebe es auch eine generelle | |
Skepsis gegenüber staatlichen Maßnahmen. „Durch Diskriminierung und | |
Sprachbarrieren werden schlechte Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem | |
gemacht, die zu einer Skepsis führen“, so Fiedler. | |
Auch Menschen ohne Krankenversicherung ließen sich durch mobile Angebote | |
eher überzeugen. „Da besteht zum Teil die Sorge, dass im Impfzentrum | |
vielleicht nicht sensibel damit umgegangen wird, dass man keine Adresse | |
oder Versichertenkarte vorweisen kann“, erklärt Fiedler. Es sei notwendig, | |
diese Menschen nicht zu verurteilen, sondern ihr Vertrauen | |
zurückzugewinnen. Auch in der Poliklinik gehe die Nachfrage nach dem | |
Impfstoff zurück. Zusammen mit lokalen Aktuer:innen des Stadtteils | |
arbeite die Klinik aber daran, die Menschen zu überzeugen. | |
Dies ist auch Ansatz der Sozialbehörde: „Die im Stadtteil gut vernetzten | |
Institutionen haben ein eigenes Netzwerk, um Communities, Nachbarschaften | |
und weitere Gruppen gezielt anzusprechen und die Impfungen dort zu | |
bewerben“, sagt die Sozialbehördensprecherin Segert. | |
## Keine Impf-Geschenke | |
Auch zusätzliche Anreize wie Getränke und Musik im Impfzentrum zeigten am | |
Wochenende Erfolg. 4.500 Menschen ließen sich am Freitag bei der „Langen | |
Nacht des Impfens“ eine Dosis verabreichen – mehr als doppelt so viele wie | |
an den Tagen zuvor. | |
Gutscheine oder Geschenke wie die [3][Gratis-Bratwurst] in anderen | |
Bundesländern soll es laut der Sozialbehörde aber nicht geben. Debatten | |
darüber könnten sogar hinderlich dabei sein, die Pandemie einzudämmen, wie | |
Claudia Loos, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, dem NDR sagte: | |
„Wenn wir darüber diskutieren, ob es eine Bratwurst dazu geben wird, werden | |
die Menschen vielleicht dazu verleitet, zu warten.“ Das könne man sich mit | |
Blick auf die steigenden Infektionszahlen nicht leisten. | |
Fiedler findet, dass Anreize zwar wichtig sind, in der Diskussion um die | |
Impfskepsis aber einiges verzerrt dargestellt werde. Er sagt: „Es müsste | |
eigentlich von einem Versagen des Gesundheitswesen gesprochen werden, das | |
verpasst hat, Vertrauen herzustellen“. | |
11 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/corona-impfstationen/ | |
[2] /Corona-und-soziale-Ungleichheit/!5771211 | |
[3] /Einschraenkungen-fuer-Ungeimpfte/!5791901 | |
## AUTOREN | |
Sarah Zaheer | |
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