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# taz.de -- Impfungen bei Migrant*innen: Niedrige Quote, höhere Bereitschaft
> RKI-Zahlen zeigen: Unter Migrant*innen ist die Impfquote niedriger als
> beim Rest der Bevölkerung. Das liegt auch an einer schlechten
> Info-Kampagne.
Bild: Massenimpfung in der Moschee in Köln
Bremen taz | Erste Erkenntnisse [1][gab es schon,] eine Studie des RKI
bestätigt jetzt: Ja, es gibt einen relevanten Unterschied bei der Impfquote
zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland; die
Impfquote bei Migrant*innen ist etwa 8 Prozentpunkte niedriger. Zugleich
tendieren die noch ungeimpften Personen mit Migrationshintergrund eher
dazu, sich noch impfen zu lassen; die Ungeimpften ohne
Migrationshintergrund lehnen eine Impfung auch für die Zukunft eher ab.
Das legt das Covid-19-Impfquoten-Monitoring (COVIMO) des Robert
Koch-Instituts (RKI) nahe. In dessen Fokuserhebung vom November wurde die
Impfquote von Migrant*innen der ersten und zweiten Generation
untersucht. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag bei einem Pressegespräch
des „Mediendienst Integration“ vorgestellt. Sie zeigen: Das Problem ist zu
großen Teilen hausgemacht.
Die Impfquote der Befragten ohne Migrationshintergrund liegt in der
Erhebung bei 92 Prozent, die der [2][Migrant*innen nur bei 84.] Beide
Zahlen sind statistisch verzerrt, weil an einer Befragung des RKI wohl eher
impfbereite Menschen teilnehmen. Doch die Verzerrung dürfte in beiden
Teilgruppen gleich groß und die Aussage über den Unterschied deshalb valide
sein.
Aber ist die Herkunft überhaupt die entscheidende Erklärung für die
verschiedenen Quoten? Ein Teil der Differenz lässt sich auch durch
sozioökonomische Faktoren erklären: Vergleicht man jeweils Altersgruppen,
Bildungsgrade und Einkommen der Befragten, nähern sich die Gruppen etwas
an.
Eine weitere Erklärung ist Misstrauen in das Gesundheitssystem: Je häufiger
die Befragten Diskriminierung jedweder Art im Gesundheitswesen erlebt
haben, desto eher sind die Personen ungeimpft – unabhängig von ihrer
Herkunft.
Am deutlichsten aber ist der statistische Zusammenhang zwischen Impfquote
und Sprachkenntnissen: Wer sich selbst sehr gute Deutschkenntnisse
bescheinigt, ist genau so oft geimpft wie Menschen ohne
Migrationshintergrund. Wer sein Deutsch hingegen besonders schlecht
bewertet, hat mit 75 Prozent die geringste Wahrscheinlichkeit, geimpft zu
sein.
## Häufiger falsche Informationen
Das erscheint naheliegend: Wer die offiziellen Verlautbarungen nicht
versteht, wählt andere Informationswege. „Das RKI hat erst spät
Informationen auf anderen Sprachen angeboten“, kritisiert deshalb auch
Mosjkan Ehrari von der Initiative Handbook Germany.
Dass Migrant*innen in Deutschland schlechter über die Impfung informiert
sind, zeigt sich auch [3][an anderen Daten der Erhebung:] Die Befragten
hatten häufiger falsche Informationen zur Impfung und waren sich deutlich
häufiger unsicher. Besonders viel Irrglauben gab es zu der Frage nach
Unfruchtbarkeit oder auch Impotenz nach einer Impfung. Und besonders viele
befragte Migrant*innen – 18 Prozent gegenüber 6 Prozent in der
Gesamtbevölkerung – glauben, dass die Impfung selbst Corona auslösen könne.
Interessant daran: Die Gesundheitskompetenz von Migrant*innen in
Deutschland ist eigentlich nicht schlechter als die der Gesamtbevölkerung.
Wie [4][eine Bielefelder Studie zeigt,] ist sie sogar geringfügig besser.
Bei der Covid-Impfkampagne, so folgert die Gesundheitswissenschaftlerin
Doris Schaeffer, die an der Studie beteiligt war, sei es besonders schlecht
gelungen, Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen. „Wir vermissen
eine zielgruppenspezifische Ansprache“, sagt Schaeffer. „Aus der
HIV-Kampagne weiß man eigentlich, wie Informationen zugänglich werden. Aber
das hat man hier alles nicht genutzt.“
## Impfbereite wurden nicht abgeholt
Dass die Impfquote höher sein könnte, zeigt sich auch an der prinzipiellen
Impfbereitschaft: Mehr als die Hälfte der ungeimpften Migrant*innen
gaben in der Befragung an, dass sie sich noch impfen lassen wollen; bei den
nichtgeimpften Menschen ohne Migrationshintergrund gab es dazu sehr viel
weniger Bereitschaft.
Als Beispiel dafür, wie man es besser machen kann, dient im Pressegespräch
Bremen; dort wurden [5][von Anfang an mobile Impfteams] und
Gesundheitsfachkräfte mit verschiedenen Muttersprachen in die
benachteiligte Stadtteile geschickt. Mit Erfolg: das Bundesland mit dem
höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund (38,1 Prozent) ist
zugleich das mit der höchsten Impfrate (aktuell gut 87 Prozent).
3 Feb 2022
## LINKS
[1] /Niedrige-Impfquote-in-Deutschland/!5816511
[2] /Impfskepsis-bei-Gefluechteten/!5777988
[3] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/c…
[4] https://pub.uni-bielefeld.de/download/2960131/2960568/HLS-MIG-Bericht_web.p…
[5] /Erfolgreiche-Impfkampagne-in-Bremen/!5805112
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Impfung
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