# taz.de -- Corona-Ausbruch im Pflegeheim: Tod durch Impfskepsis? | |
> In Hildesheim steht eine Pflegeheim-Mitarbeiterin vor Gericht, weil sie | |
> eine Infektion eingeschleppt haben soll. Sie hatte einen gefälschten | |
> Impfpass. | |
Bild: Macht sich klein: Die Angeklagte soll für den Corona-Ausbruch im Pflegeh… | |
HILDESHEIM taz | Sie ist zur Arbeit ins Pflegeheim gegangen, obwohl ihr | |
Sohn Covid hatte und ihr Impfpass gefälscht war. Das ist der Kernvorwurf | |
gegen eine 46-Jährige, die seit Dienstag in Hildesheim vor Gericht steht. | |
Die mutmaßlich von ihr eingeschleppte Infektion erwischte mindestens elf | |
Bewohner und fünf weitere Mitarbeiter, [1][drei ältere Damen starben] – | |
mittelbar oder unmittelbar an Covid. Die Staatsanwaltschaft wirft der | |
Pflegeheim-Mitarbeiterin deshalb nicht nur Urkundenfälschung, sondern auch | |
fahrlässige Tötung in einem Fall und fahrlässige Körperverletzung in zwei | |
Fällen vor. | |
Die Angeklagte möchte sich nach der Verlesung der Anklage erst einmal nicht | |
zur Sache äußern. Sie lässt ihren Verteidiger Velit Tümenci aber eine | |
persönliche Erklärung verlesen, die in einer etwas konfusen Mischung | |
einerseits um Mitleid und Verständnis heischt und andererseits sagt: | |
Vielleicht haben die sich ja auch woanders angesteckt. | |
Seine Mandantin habe in einer toxischen Beziehung festgesteckt, aus der sie | |
keinen Ausweg gewusst habe, erläutert der Anwalt. Ihren Lebensgefährten, | |
mit dem sie auch zwei Kinder bekam, habe sie schon mit 16 Jahren | |
kennengelernt, er sei psychisch angeschlagen, narzisstisch und | |
kontrollsüchtig gewesen. Obwohl sie den Lebensunterhalt der Familie | |
verdient habe, habe sie keinen Überblick über Finanzen gehabt, jede Ausgabe | |
rechtfertigen müssen, keine sozialen Kontakte außerhalb der Familie und der | |
Arbeit unterhalten dürfen. | |
## Erstmal die Ereignisse rekonstruieren | |
Die Coronapandemie habe seinen Zwangsstörungen und seiner Depression noch | |
einmal neue Nahrung gegeben, keiner in der Familie sollte sich impfen | |
lassen, er soll es auch gewesen sein, der die falschen Impfpässe besorgt | |
habe. Dazu befragen kann ihn heute niemand mehr: Er starb an der | |
Corona-Infektion, mit der auch sein Sohn und seine Lebensgefährtin zu | |
kämpfen hatten. | |
Sie selbst sei keine Corona-Leugnerin und mittlerweile auch geimpft, ließ | |
die 46-Jährige erklären. Damals sei sie aber durch die vielen | |
widersprüchlichen Informationen verwirrt und verängstigt gewesen und habe | |
sich nicht in der Lage gesehen, sich gegen den dominanten Mann | |
durchzusetzen. Die Todesfälle täten ihr sehr leid, allerdings sei ja gar | |
nicht auszuschließen, ob diese nicht möglicherweise doch auf eine andere | |
Infektionsquelle zurückzuführen seien. Außerdem sei der Tod in einem | |
Altersheim nun einmal leider ein alltäglicher Begleiter. | |
Das Gericht hat für den ersten Verhandlungstag erst einmal ihre | |
Vorgesetzten und einen Kollegen als Zeugen geladen. Es bemüht sich, die | |
Ereignisse zu rekonstruieren – dabei geht es vor allem darum, wer wann mit | |
wem gearbeitet hat, welche Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, wann und wie | |
die Mitarbeiterin über die angebliche Impfung und die Infektionen in ihrem | |
Haushalt informiert hat. | |
Aus der Aussage ihrer unmittelbaren Vorgesetzten, der stellvertretenden | |
Heimleiterin, wird aber auch deutlich: Die 46-Jährige, die im Übrigen als | |
Alltagshelferin eingestellt war und keine Pflegekraft war, war nicht die | |
einzige Mitarbeiterin, bei der im Sommer und Herbst 2021 noch | |
Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. | |
## Impfgegner im Publikum | |
Ungefähr die Hälfte der Mitarbeiter*innen habe Bedenken geäußert, man | |
hätte daraufhin eine Infoveranstaltung mit einem Hausarzt organisiert, um | |
diese zu überzeugen. Bei dieser Veranstaltung fiel die Alltagshelferin noch | |
durch empörte Zwischenrufe auf. | |
Auch im Gerichtssaal haben sich auf den Zuschauerbänken einige Impfgegner | |
eingefunden, doch die bleiben ruhig, nachdem der Richter sie gleich zu | |
Beginn ermahnt hatte. Nur als die stellvertretende Heimleiterin sagt, es | |
habe zeitweise ja auch eine Art Prämie für geimpfte Mitarbeiter gegeben, | |
stöhnen sie entsetzt auf. | |
Sie habe sich noch gefreut, als die Mitarbeiterin wenige Wochen nach der | |
Infoveranstaltung dann doch ein Impfzertifikat vorgelegt habe, sagte die | |
Vorgesetzte. Verdacht schöpfte sie erst, als schon alles zu spät war: Als | |
die Mitarbeiterin sie schluchzend anrief und erzählte, dass ihr | |
Lebensgefährte auf der Intensivstation lag – und sich durch die Bemerkung | |
„aber der ist doch jung und geimpft“ so gar nicht trösten lassen wollte. | |
Detailliert schildert die Vorgesetzte – und später auch der Heimleiter – | |
wie sie dann [2][den Impfpass] unter die Lupe genommen und regelrechte | |
Detektivarbeit geleistet hätten. Genauso anschaulich vermitteln die beiden | |
aber auch einen Eindruck davon, welche Hölle dann über sie hereinbrach: Der | |
schmerzliche Vertrauensverlust in der Mitarbeiterschaft, die Belagerung | |
durch die Medien, die sterbenden und verängstigten Bewohner, die besorgten | |
Angehörigen, die Drohanrufe und Beschimpfungen von Impfgegnern – | |
unerträglich sei das gewesen. | |
## Infektionskette soll geklärt werden | |
Ob die Angeklagte dafür wird büßen müssen, muss sich aber erst noch | |
herausstellen. Unstrittig ist: Wenn die Heimleitung gewusst hätte, dass sie | |
nicht geimpft ist, hätte sie zu Hause bleiben müssen – zur Arbeit kommen | |
durfte sie nur, weil sie ein Impfzertifikat und einen anfangs noch | |
negativen Selbsttest vorweisen konnte. | |
Im Nachhinein hat sich diese Regelung natürlich als unsinnig erwiesen – | |
[3][mittlerweile weiß man], dass auch Geimpfte die Infektion weitertragen – | |
doch in diesem Fall hätte sich dadurch möglicherweise etwas verhindern | |
lassen. | |
Aber auch der Nachweis, dass wirklich diese Mitarbeiterin am Anfang der | |
Infektionskette gestanden hat, muss erst noch erbracht werden. Dazu haben | |
die Ermittler die Proben der Betroffenen sequenzieren lassen, um so die | |
genetische Ähnlichkeit dieses speziellen Virenstammes nachweisen zu können. | |
Doch die Probe der Angeklagten ging wohl verloren, wie die | |
Staatsanwaltschaft schon im vergangenen Sommer einräumen musste. Die ihres | |
verstorbenen Lebensgefährten existiert aber noch. | |
Für den nächsten Verhandlungstag am 7. März sind aber erst einmal die | |
Ermittler und die behandelnden Ärzte der verstorbenen Seniorinnen als | |
Zeugen geladen. Fünf Verhandlungstage hat das Gericht insgesamt angesetzt, | |
am 21. März könnte ein Urteil fallen. | |
21 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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