# taz.de -- Chinas Unternehmensgruppe HNA: Nach Kaufrausch folgt Pleite | |
> Der chinesische Konzern HNA wollte die Luftfahrtbranche weltweit erobern. | |
> Doch der größenwahnsinnige Kurs führte in den Ruin. | |
Bild: Einst als Fluggesellschaft gegründet, steht der Mischkonzern HNA nun vor… | |
PEKING taz | Zum Schluss musste der Staat die Reißleine ziehen: Die | |
Firmenleitung der HNA Group teilte mit, dass wegen ausbleibender Zahlungen | |
ein Insolvenzantrag läuft. Dem Luftfahrtunternehmen droht das Ende. | |
Gegründet wurde HNA in den neunziger Jahren noch als reines | |
Luftfahrtunternehmen – vom gläubigen Buddhisten Chen Feng, der seine | |
Ausbildung durch ein Stipendium der Lufthansa-eigenen Hochschule für | |
Transport-Management erhielt. Doch die Konzernleitung wollte es nicht dabei | |
belassen, mit ihrem Aushängeschild „Hainan Airlines“ Touristen von A nach B | |
zu fliegen. [1][Die aggressive Expansionsstrategie in den Jahren 2015 bis | |
2017 hat auch jenseits der Landesgrenzen für Schlagzeilen gesorgt.] Man | |
beteiligte sich zunächst an rund einem Dutzend chinesischer Gesellschaften, | |
darunter China West Air, Fuzhou Airlines und Beijing Capital Airlines. | |
Später weitete der Mischkonzern seine Investitionen auch geografisch massiv | |
aus. | |
In Deutschland etwa kaufte man über den Wiener Vermögensverwalter | |
„C-Quadrat“ als größter Einzelaktionär 9,9 Prozent Anteile der Deutschen | |
Bank und wurde mit 82,5 Prozent Haupteigentümer des [2][Flughafens | |
Frankfurt-Hahn]. In der Schweiz hielten die Chinesen ebenfalls etliche | |
Firmenbeteiligungen, unter anderem an Swissport und Gategroup. In Amerika | |
stieg man unter anderem in die Hotelkette Hilton ein und kaufte die | |
Investmentfirma Skybridge auf. | |
Eine klare Strategie war nicht mehr zu erkennen. Mindestens 50 Milliarden | |
Dollar soll der Kaufrausch gekostet haben, bei dem schließlich weit über | |
2.000 Unternehmen, darunter etliche Prestigeprojekte, im Portfolio der | |
Chinesen landeten. All das führte zu einem massiven Schuldenberg, von dem | |
sich der Konzern nicht mehr erholen sollte. 2018 gab das Unternehmen | |
erstmals zu, mit Finanzengpässen zu kämpfen. Man gab sich zuversichtlich, | |
die Lage meistern zu können. Dabei hatte schon längst ein Teufelskreislauf | |
eingesetzt, der den chinesischen Konzern immer tiefer in den Abgrund | |
stürzte. Auch wenn ein Gros der akquirierten Unternehmen auf Druck der | |
Behörden schon längst wieder abgestoßen wurden, soll HNA bis Jahresende | |
2019 rund 76 Milliarden US-Dollar in den Miesen gesteckt haben, wie die | |
Daten des New Yorker Finanzdienstleisters S&P Capital IQ ergeben. | |
Corona ruiniert HNA | |
Der Todesstoß für das Unternehmen war jedoch nicht selbst verschuldet. Das | |
Coronavirus hat schließlich auch in China zu einem deutlichen Einbruch der | |
Flugbranche geführt – nach wie vor dem Kerngeschäft von HNA. „Der heimisc… | |
Reisesektor hat sich schneller erholt als Auslandsreisen. Doch auch im | |
Inland liegen die offiziellen Verkehrsdaten während der Feiertage immer | |
noch 20 bis 30 unter dem Normalniveau“, sagt Christine Peng, die für die | |
Schweizer Großbank UBS den Konsumentenmarkt in China erforscht. | |
Internationale Reisen sind quasi zum Erliegen gekommen, denn die | |
Volksrepublik China hält seine Landesgrenzen seit März 2020 de facto | |
geschlossen. | |
Bereits im Februar 2020 war klar, dass der Plan von HNA nicht aufgehen | |
würde, durch die Einnahmen in der Flugbranche seine Schulden sukzessive | |
zurückzuzahlen. Die Lokalregierung von Hainan hat den Konzern übernommen | |
und eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Liquiditätsengpässe zu meistern. | |
Die Einbrüche im letzten Kalenderjahr waren trotzdem desaströs: Die | |
Fluglinie Hainan Airlines spricht von einem über 54 Prozent gesunkenen | |
Verkehrsaufkommen und Gewinnverlusten von zwei Dritteln im | |
Vorjahresvergleich. | |
Trotz der Bankrotterklärung sei laut chinesischen Medien der Betrieb von | |
Hainan Airlines und Co weiterhin sichergestellt. Derzeit werden | |
verschiedene Szenarien zur radikalen Umstrukturierung ausgelotet. Als | |
wahrscheinlich gilt, wie die US-Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, | |
dass sämtliche Sparten abseits der Luftfahrt abgestoßen werden. Was mit der | |
Flotte von über 200 Flugzeugen passiert, ist bislang noch ungewiss. | |
1 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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