# taz.de -- Causa Peng Shuai: Das zweifache Trauma | |
> Ob Peng Shuai zu ihren Aussagen gezwungen wurde oder nicht, bleibt | |
> ungeklärt. Sicher ist nur, dass der IOC die Spitzensportlerin im Stich | |
> gelassen hat. | |
Bild: War sie verschwunden oder nahm sie sich eine Auszeit? | |
Die Weltöffentlichkeit ist nach dem Treffen von IOC-Chef [1][Thomas Bach] | |
und der früheren Athletensprecherin Kirsty Coventry mit Chinas | |
Startennisspielerin Peng Shuai und nach deren [2][Interview mit einer | |
französischen Sportzeitschrift] nicht schlauer. Wer zuvor Pekings Version | |
glaubte, Peng habe nie einem chinesischen Spitzenkader einen sexuellen | |
Übergriff vorgeworfen und sich nur zurückgezogen, weil sie ihre Ruhe haben | |
wollte, konnte sich auch jetzt wieder bestätigt fühlen. | |
Denn schließlich sagte Peng wieder genau das, während Bach und Coventry | |
wegen vereinbarter Vertraulichkeit schwiegen. Wer aber schon zuvor glaubte, | |
Peng sei zu ihren Aussagen gezwungen worden, fand auch jetzt wieder genug | |
Indizien dafür. So bestand das Interview aus zuvor eingereichten Fragen, | |
deren Antworten ein als Aufpasser fungierender chinesischer Sportkader | |
übersetzte. Freie Rede und glaubwürdige Interviews funktionieren anders. | |
Was Peng Shuai tatsächlich passiert ist, wissen wir nicht und werden es | |
wohl nie erfahren. Jede ihrer Äußerungen kann sie einen existenziellen | |
Preis kosten. Was würde ihr geschehen, hätte sie jetzt die Vorwürfe | |
wiederholt und sich über Zensur und ihr Verschwindenlassen beklagt? Hat | |
sie die Macht des [3][mutmaßlichen Täters] unterschätzt, wurde sie unter | |
Druck gesetzt und nahm daraufhin ihre Vorwürfe zurück? | |
Umgekehrt würde sie Chinas Propaganda eine Angriffsfläche bieten, sollte | |
sie eines Tages im Ausland eine andere als die jetzige Version | |
präsentieren. In ihre Heimat könnte sie dann kaum noch zurück. Peng ist | |
jetzt ein zweifaches Opfer: der mutmaßlichen sexuellen Gewalt und Chinas | |
Propaganda sowie der internationalen Politik und der Medien: Letztere | |
achten inzwischen stärker auf Vorwürfe sexueller Gewalt. | |
Manche, um Chinas Regime damit am Zeug zu flicken, andere, um diese zu | |
bekämpfen und Opfern zu helfen. Das IOC macht jetzt keine gute Figur. Denn | |
es äußert sich weder zu sexueller Gewalt noch zu freier Meinungsäußerung. | |
7 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /IOC-Praesident-spricht-mit-Peng-Shuai/!5818625 | |
[2] /Fragwuerde-Interviewaussagen-Peng-Shuais/!5833334 | |
[3] https://www.theguardian.com/sport/2021/nov/26/where-is-zhang-gaoli-official… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
Peng Shuai | |
China | |
Menschenrechte | |
IOC | |
GNS | |
Schwerpunkt #metoo | |
Peng Shuai | |
Australian Open | |
Olympische Winterspiele 2022 | |
Tennis | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
#MeToo in China: Ausgebremst und wegzensiert | |
In Peking wurde im aufsehenerregendsten #Me-Too-Prozess der Volksrepublik | |
die Klage der betroffenen Frau abgewiesen und Berichte zensiert. | |
Fragwürde Interviewaussagen Peng Shuais: „Enormes Missverständnis“ | |
Die Tennisspielerin und der IOC-Chef Bach haben sich in Peking getroffen. | |
In einem Interview mit „L'Équipe“ bestritt sie erneut, jemals verschwunden | |
gewesen zu sein. | |
Protest gegen China bei Australian Open: Große Sorge um das Geld | |
Bei den Australian Open wird eine Protestaktion für die Tennisspielerin | |
Peng Shuai verhindert. Die Veranstalter sind geschäftlich mit China | |
verbunden. | |
Sport und politische Propaganda: Wer Sport liebt, boykottiert ihn | |
Es ist besser, bei den Olympischen Winterspielen in Peking und der | |
Fußballweltmeisterschaft in Katar nicht mitzumachen. Ein Boykott kann | |
kreativ sein. | |
Chinesische Sportlerin unter Druck: Inszenierte Wahrheit | |
Tennisspielerin Peng Shuai nimmt in einem Interview die Missbrauchsvorwürfe | |
gegen einen Parteibonzen zurück. Scoop oder Propagandacoup? |