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# taz.de -- #MeToo in China: Ausgebremst und wegzensiert
> In Peking wurde im aufsehenerregendsten #Me-Too-Prozess der Volksrepublik
> die Klage der betroffenen Frau abgewiesen und Berichte zensiert.
Bild: Zhou Xiaoxuan im Dezember 2020
Xiamen taz | Auch beim dritten Prozesstermin hatte die 29-jährige Zhou
Xiaoxuan mutige Unterstützerinnen, die trotz massiver Polizeipräsenz vor
dem Pekinger Gerichtsgebäude Plakate hochhielten. Auf einem hieß es: „Wir,
das Volk, sind auf deiner Seite“.
Doch die Staatsanwaltschaft wies Chinas wohl [1][aufsehenerregendsten
MeToo-Prozess] Mittwochnacht endgültig ab: „Die von der Klägerin
vorgelegten Beweise reichten nicht, um zu beweisen, dass der Angeklagte sie
sexuell belästigt hatte“, so die Richter.
2018 hatte die Drehbuchautorin Zhou für einen gesellschaftlichen
Aufbruchsmoment gesorgt, als sie online ihre Belästigungserfahrungen
schilderte: Mit 21 Jahren sei sie als Praktikantin beim Staatssender CCTV
vom populären Moderater Zhu Jun körperlich bedrängt und gegen ihren Willen
geküsst worden.
„Es ist wichtig für jedes Mädchen, offen auszusprechen, was sie erlitten
hat“, schrieb sie. Das taten darauf Tausende Frauen mit ähnlichen
Erfahrungen.
## Polizei übte vergeblich Druck auf Eltern aus
Gewöhnlich schreitet dann Chinas Zensur ein, was sie auch in diesem Fall
bald tat. Doch Zhou entschied, vor Gericht für ihr Recht zu kämpfen, obwohl
die Polizei ihre Eltern eingeschüchtert hatte, damit die Tochter nicht
klagt. Denn es galt als unerhört, dass eine junge Frau gegen eine solch
mächtige öffentliche Person vorgeht. Der 58-jährige Zhu war eine der
populärsten Persönlichkeiten Chinas und moderierte einst die legendäre
TV-Neujahrsgala.
Die Parteiführung scheut eine offene Debatte, bei der sie vor der eigenen
Türe kehren müsste. Denn wie [2][der Fall der Tennisspielerin Peng Shuai]
zeigte, würde die MeToo-Debatte mutmaßlich auch hohe Parteikader gefährden.
Peng hatte zu Jahresbeginn in einem Post den früheren Vize-Premier Zhang
Gaoli beschuldigt, sie zum Sex gezwungen zu haben. Bald war die 36-Jährige
untergetaucht und gab [3][inszenierte Beschwichtigungen] ab.
Tatsächlich sind Frauenrechte in China ein zwiespältiges Thema. Einerseits
versprach schon Mao Tsetung den Chinesinnen „die eine Hälfte des Himmels“
und verbesserte tatsächlich grundlegende Rechte, insbesondere für Frauen
auf dem Land. Doch zugleich hegt die Kommunistische Partei eine
tiefsitzende Paranoia gegenüber allen Bürgerrechtsbewegungen, weshalb sie
auch gegen Frauenrechtlerinnen vorgeht. Erst im September 2021 wurde die
[4][MeToo-Aktivistin Huang Xueqin] festgenommen, als sie ins Ausland reisen
wollte.
## Zhou Xiaoxuan achtete rote Linien der Partei
Zhou hat das wohl nicht zu befürchten. Denn sie achtet penibel darauf,
keine „rote Linien“ zu übertreten: So kritisierte sie die Regierung nie
direkt. Die 29-Jährige schrieb jetzt, dass das „Scheitern schmerzhaft“ sei.
Für sie sei es unmöglich gewesen, ihre Sicht der Dinge zu belegen: „Ich
habe natürlich nicht erwartet, dass ich sexuell belästigt werde – und die
Begegnung daher nicht aufgenommen.“ Sie hoffe, dass künftige Opfer
sexueller Gewalt in China es leichter haben, vor Gericht Gehör zu finden.
Trotzdem hätte ihr Fall Chinesinnen ermutigen können, hätte das die Zensur
nicht verhindert.
11 Aug 2022
## LINKS
[1] /Drehbuchautorin-klagt-wegen-Belaestigung/!5735045
[2] /MeToo-in-China/!5812994
[3] /Missbrauchsvorwuerfe-von-Tennisspielerin/!5830748
[4] /Olympia-2022--Dabei-sein-verboten-14/!5833638
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
China
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Peng Shuai
Mao Tsetung
Peng Shuai
Schwerpunkt #metoo
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