| # taz.de -- CSU-Chef nach der Wahlpleite in Bayern: Seehofer spielt auf Zeit | |
| > Nach der CSU-Schlappe bei der Bayernwahl macht Parteichef Seehofer | |
| > widersprüchliche Aussagen zu seiner Zukunft – und attackiert die Medien. | |
| Bild: Für Horst Seehofer stehen die Zeichen auf Sturm | |
| BERLIN taz | Vom Auftritt des CSU-Vorsitzenden in der Bundespressekonferenz | |
| zu Berlin gäbe es derart viele Zitate zu liefern, dass es ausufern würde. | |
| Filtert man also nach anderthalb Stunden Horst Seehofers durchaus längliche | |
| Einlassungen durch eine Art Bedeutungssieb, käme wohl dies dabei raus: „Ich | |
| bleibe. Vielleicht.“ | |
| Seehofer hatte sich bei der Hauptstadtpresse angekündigt, um über | |
| „Auswirkungen der Landtagswahlen in Bayern auf die Bundespolitik“ zu | |
| sprechen. Andere Parteivorsitzende hatten tags zuvor ihre | |
| SpitzenkandidatInnen mitgebracht, Horst Seehofer kam lieber ohne Markus | |
| Söder. | |
| Sei’s drum, da es ja um Bundespolitik gehen sollte, gab es zwei Tage nach | |
| der 37-Prozent-Wahlschlappe der CSU so manche (unberechtigte) Hoffnung, er | |
| würde hier und heute vom Amt des Bundesministers zurücktreten. | |
| Als Horst Seehofer den Saal mit der blauen Wand betritt, schwinden diese | |
| Hoffnungen. Der 69-Jährige versprüht diese unnachahmliche Mischung aus | |
| Selbstliebe und Misstrauen. Die Unterarme vor der Anzugbrust aufgestapelt | |
| und aus den Augenwinkeln linsend, produziert er sein Seehoferlächeln: Kommt | |
| doch! Tatsächlich wird sich im Laufe der Pressekonferenz herausstellen, | |
| dass er jeden, wirklich jeden kritischen Artikel über sich kennt. Und dass | |
| er sie alle persönlich nimmt. | |
| ## „Am Schluss Konsequenz“ | |
| Als er schließlich loslegt, verspricht er zwar programmatische, | |
| konzeptionelle und personelle Konsequenzen aus dem schlechten Wahlergebnis. | |
| Aber noch nicht jetzt. An diesem Mittwoch wolle seine Partei nach kurzer | |
| Sondierungsphase bekannt geben, mit wem sie Koalitionsverhandlungen | |
| eingehen wolle. Dafür habe man laut bayerischer Verfassung vier Wochen | |
| Zeit, anschließend noch eine Woche, um den Ministerpräsidenten zu wählen. | |
| Dass es auf die Freien Wähler als Regierungspartner hinauslaufen wird, | |
| scheint klar. | |
| Erst wenn dieses Meisterstück vollbracht ist, geht es um Kritik und | |
| Selbstkritik. „Wenn man mehr als zehn Prozent verliert, kann man nicht | |
| einfach zur Tagesordnung übergehen.“ Horst Seehofer schlägt einen Parteitag | |
| vor, der zwischen Mitte November und Mitte Dezember stattfinden könne. Es | |
| kämen aber auch ein kleiner Parteitag oder Regionalkonferenzen infrage. | |
| „Am Schluss steht die Konsequenz“, sagt er. Und dann: „Oder auch keine | |
| Konsequenz.“ Schließlich diese epischen Sätze: „Was soll ich noch | |
| Machtfragen stellen, können Sie mir das sagen? Ich werde siebzig, ich bin | |
| froh, wenn ich mich zu Hause durchsetze.“ | |
| ## Spitze gegen „Spiegel“ | |
| Zur Troubleshooter-Rolle seiner CSU in der Großen Koalition in Berlin sagt | |
| der Bundesminister, er und seine Parteifreunde wollten konstruktiv | |
| mitarbeiten, „wir wollen diese Groko“. Das heiße aber nicht, dass es keine | |
| Diskussionen mehr gebe, erwartbar etwa beim Fachkräftezuwanderungsgesetz, | |
| bei dem sein Haus federführend ist. | |
| Bemerkenswert sind Seehofers wiederholte Vorwürfe gegen die Medien. Es | |
| fällt das Wort Kampagne. Besonders scheint es ihm eine Titelgeschichte des | |
| Spiegel vom September angetan zu haben, die er „mit in den Ruhestand | |
| nehmen“ werde. „Da könnte ich Ihnen jeden Sachverhalt zerpflücken.“ Aber | |
| nun, sagt er mit brüchiger Stimme, er habe derlei hinzunehmen, jeder solle | |
| seine Meinung haben. „Das muss man ertragen.“ | |
| Unterdessen machen die Daheimgebliebenen Politik. Die neu gebildete | |
| CSU-Landtagsfraktion votiert in München einstimmig für Markus Söder als | |
| neuen Ministerpräsidenten. Und die Junge Union Bayern twittert, „die CSU | |
| muss sich erneuern“, und fordert einen „großen Parteitag“ nach der | |
| Regierungsbildung. Für Horst Seehofer stehen damit die Zeichen auf Sturm. | |
| 16 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
| ## TAGS | |
| Horst Seehofer | |
| CSU | |
| Bayernwahl | |
| Landtagswahl Bayern | |
| Arbeitsmigration | |
| Landtagswahl Bayern | |
| Landtagswahl Bayern | |
| Bayernwahl | |
| GroKo | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Fachkräfteeinwanderungsgesetz steht: Kabinett beschließt Kompromiss | |
| Nicht nur Höchstqualifizierte: Nach langen Verhandlungen beschließt die | |
| Bundesregierung, die Möglichkeiten zur Arbeitsmigration auszuweiten. | |
| Debatte Bayern: Der Sauhaufen muss größer werden | |
| München wird grün, aber das kümmert den Bayern-Boss nicht. Gegen die Provos | |
| der CSU werden die Grünen eine Taktik entwickeln müssen. | |
| Hans Söllner über die CSU nach der Wahl: „Das Wort Heimat ist wertlos“ | |
| Der Liedermacher Hans Söllner über das Ende der CSU-Alleinherrschaft in | |
| Bayern, Migranten als Feindbilder und ehrliches Lachen. | |
| CSU-Parteichef nach der Bayernwahl: Kreisverband fordert Aus für Seehofer | |
| Der erste CSU-Kreisverband prescht nun vor und fordert die Ablösung von | |
| Horst Seehofer als Parteichef. Die mächtige Oberbayern-CSU will einen | |
| Parteitag. | |
| Debatte Republik nach der Bayernwahl: Die Zeit des Mischmaschs ist vorbei | |
| Die CSU bleibt manövrierfähig. Die SPD steckt dagegen in einer ausweglosen | |
| Situation. Und dass die Grünen nicht regieren können, ist ein doppeltes | |
| Glück. |