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# taz.de -- CSU-Chef Söder und die Grippeimpfung: Politik der leeren Gesten
> CSU-Chef Markus Söder hat sich öffentlich impfen lassen. Mediale
> Inszenierungen waren schon spektakulärer. Über Sinn und Unsinn von
> Publicity-Stunts.
Bild: Markus Söder lässt sich öffentlichkeitswirksam von seiner Gesundheitsm…
Es ist bloß ein kleiner Pieks für Markus, aber ein großer Schritt für die
Menschheit. So jedenfalls sieht es [1][Bayerns Ministerpräsident]. Die
Medien spielen mit und berichten live.
„Gesundheitsministerin impft Markus Söder“, titelt Bild. In einer Zeit, in
der Impfung bei manchen zum Kampfbegriff wird, lässt sich Söder
öffentlichkeitswirksam den Grippeschutz verpassen. Münchens
Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD war übrigens auch dabei. „Ich
habe den Oberbürgermeister dazugebeten“, sagte CSU-Söder laut Bild, „weil
wir gemeinsam ein Zeichen setzen wollen.“ Wer gegen Grippe geimpft sei,
könne eine Corona-Infektion besser bekämpfen.
Solche Gesten haben eine lange Tradition. Und ehrlich gesagt waren viele
andere Aktionen spektakulärer als das Ärmel-Hochkrempeln der beiden Herren
aus dem Freistaat.
Erinnert sich noch wer an Klaus Töpfer? Der kam aus der CDU und war deren
Umweltminister. Seinerzeit galt das Amt in der Union noch als nette
Unwichtigkeit am Rande, um den aufstrebenden [2][Grünen Paroli zu bieten].
Außerdem war 1986 ein Atomkraftwerk namens Tschernobyl in die Luft
geflogen.
Töpfer war ab Mai 1987 der zweite Amtsinhaber, nahm das Ganze ernst und
schwamm ein Jahr später für die Kameras durch den Rhein. Es sollte zeigen,
dass der Schicksalsstrom der (West-)Deutschen schon um einiges sauberer
geworden war. In Ostdeutschland wurde über den Silbersee bei Wolfen
gespottet, in ihm könne man Filme entwickeln.
## Risikolastiger Publicity-Stunt
Im Westen galt Gleiches für bestimmte Abschnitte des Rheins. Töpfer trug
daher das, was man heute Neoprenanzug nennt, und eine rote Badekappe.
Wirklich im Rhein gebadet hat danach niemand, und das gilt mit wenigen
Ausnahmen bis heute.
Der britische Landwirtschaftsminister John Gummer instrumentalisierte 1990
sogar seine vierjährige Tochter Cordelia für einen medienwirksamen
Publicity-Stunt. Damals ging es wie heute um eine Seuche. [3][BSE stand im
Verdacht], auch für Menschen gefährlich werden zu können. Gummer verneinte
das, verspeiste vor laufender Kamera einen Rindfleisch-Burger und pries ihn
als „absolutely delicious“.
Die kluge Cordelia knabberte nur ein bisschen an ihrem Klopsbrötchen. Doch
die Bilder, die das Vertrauen in „British Beef“ wiederherstellen sollten,
waren im Kasten. Dumm, dass später sehr wohl die Übertragbarkeit von „Mad
Cow Desease“ auf Menschen nachgewiesen wurde.
Trotz braver Berichterstattung der Medien sind das eben keine
Heldengeschichten, sondern durchsichtige Inszenierungen. Zumal die
Berichterstattung schlampt, sagt die Mitbewohnerin. Welches Pflaster hat
Söders PR-Mensch denn nach dem Pieks empfohlen: das mit Marienkäfern oder
Sonnenblumen?
8 Oct 2020
## LINKS
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[3] /Biologe-ueber-Herkunft-des-Coronavirus/!5708235
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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