# taz.de -- Bundesregierung zum Heizen mit Holz: Kein Konzept gegen Kaminqualm | |
> Das Umweltbundesamt fordert ein Ende der Holzverfeuerung – die Politik | |
> hat keine derartigen Pläne. Aber zumindest etwas könnte sie tun. | |
Bild: Wenn mit Holz geheizt wird, kommt oft viel Feinstaub aus dem Schornstein | |
Berlin taz | Es war eine klare Botschaft, mit der der Präsident des | |
Umweltbundesamtes, Dirk Messner, in der letzten Woche an die Öffentlichkeit | |
ging: Das Amt rate, „dass wir zukünftig darauf verzichten sollten, Holz zu | |
verheizen“, [1][sagte er bei der Vorstellung des jüngsten | |
Luftreinhalteberichts]. Denn für die Luftqualität ist die Holzverfeuerung | |
ein großes Problem: Mittlerweile kommt aus den Schornsteinen der Kaminöfen | |
mehr Feinstaub als aus den Auspuffrohren der Autos. „Aus | |
Luftqualitätsperspektive richten wir hier viel Schaden an“, hatte Messner | |
gesagt. | |
Nun ist das keine ganz neue Erkenntnis – Wissenschaftler*innen, genervte | |
Nachbarn und die Deutsche Umwelthilfe warnen schon lange vor der | |
[2][Gesundheitsgefahr durch Holzheizungen]. Und auch das Umweltbundesamt | |
hatte als oberste Fachbehörde für Umweltfragen schon länger auf das Problem | |
hingewiesen. Eine so klare Forderung nach Konsequenzen gab es bisher aber | |
nicht. | |
Doch ob es tatsächlich Konsequenzen geben wird, ist offen. Ein konkretes | |
Konzept, wie die Forderung des Präsidenten umgesetzt werden könnte, gibt es | |
im Umweltbundesamt noch nicht, sagte ein Sprecher der taz. Und weder im | |
Bundesumweltministerium, das für die Luftreinhaltung verantwortlich ist, | |
noch im für Energie zuständigen Wirtschaftsministerium steht ein Ausstieg | |
aus der Holzverfeuerung derzeit auf der Agenda. | |
Das Wirtschaftsministerium teilt auf Anfrage lediglich mit, dass die | |
finanzielle Förderung, die es für bestimmte neue Holzheizungen derzeit | |
gibt, an die Einhaltung eines Staub-Grenzwertes geknüpft sei. Ob es diese | |
Subvention weiterhin geben soll, werde im Rahmen einer ohnehin anstehenden | |
Reform bis zum Sommer überprüft. Die rund 11 Millionen bestehenden | |
Holzheizungen und auch der Großteil der neuen Anlagen, die ohne staatliche | |
Förderungen gebaut werden, wären von einer solchen Änderung aber nicht | |
betroffen. | |
## Umweltministerium verweist auf die EU | |
Das Umweltministerium weist darauf hin, dass besonders alte und dreckige | |
Öfen bisher nachgerüstet oder stillgelegt werden müssen, wenn sie bestimmte | |
Grenzwerte aus der Bundesimmissonsschutzverordnung überschreiten; die | |
nächste Stufe werde dabei in zwei Jahren erreicht. Eine weitere | |
Verschärfung sei hier aber nicht mehr möglich, weil die Zuständigkeit dafür | |
mittlerweile an die EU übergegangen sei. Für Neubauten könnten zudem | |
Kommunen im Rahmen des Baurechts Vorgaben machen. | |
Eine Pflicht zur Nachrüstung oder gar Stilllegung bestehender Anlagen hält | |
man im Haus von Ministerin Steffi Lemke (Grüne) offenbar für schwer | |
durchsetzbar – zumal auch im Koalitionsvertrag zu diesem Thema nichts | |
steht. Stattdessen setzt man auf einen Appell: „Bürger*innen sollten ihre | |
Kaminöfen möglichst selten und vor allem verantwortungsbewusst betreiben“, | |
teilt ein Ministeriumssprecher mit. | |
Dieses zögerliche Vorgehen der Regierung stößt bei Axel Friedrich auf | |
Unverständnis. „Man negiert dieses Problem seit Langem, niemand fühlt sich | |
zuständig“, sagt der Chemiker, der früher selbst im Umweltbundesamt | |
gearbeitet hat und jetzt verschiedene Umweltverbände berät; unter anderen | |
hat er die Deutsche Umwelthilfe [3][bei der Aufdeckung des | |
Dieselabgasskandals unterstützt]. | |
## Wahres Ausmaß des Problems noch viel größer | |
Das Problem der Kaminöfen sei sogar noch viel größer, als die Zahlen | |
vermuten lassen. Zum einen würden die Emissionen bei der Zulassung unter | |
völlig unrealistischen Idealbedingungen gemessen. „Da wird genauso gemogelt | |
wie bei den Dieseln“, meint Friedrich. Zum anderen seien die Messgeräte der | |
Schornsteinfeger „völlig ungeeignet“, um den Schadstoffausstoß zu | |
überprüfen. | |
Vor allem aber werde das Ausmaß der Feinstaubbelastung durch das | |
Umweltbundesamt deutlich unterschätzt, mein Friedrich. Denn dieser wird auf | |
Grundlage der gehandelten Holzmenge berechnet. „Dabei fehlt nicht nur das | |
Holz, das selbst geschlagen wird, sondern alles, was nicht auf Rechnung | |
verkauft wird“, sagt Friedrich. „Der reale Wert dürfte mindestens doppelt | |
so hoch liegen.“ Das Umweltbundesamt räumt ein, dass die Holz-Emissionen | |
durch die Art der Berechnung „eher unterschätzt“ werden, nennt dazu aber | |
keine Größenordnung. | |
Dass der Staat gegen die qualmenden Kamine kaum etwas unternehmen kann, | |
bestreitet Friedrich. Denn mittlerweile gebe es gut funktionierende | |
Abgasreinigungen, die die Staubemissionen um 95 Prozent verringern. Bei | |
Bestandsanlangen könnten diese wohl nicht vorgeschrieben werden, sondern | |
nur über ein Förderprogramm eingeführt werden. | |
Im Neubau dagegen könnte die Staubabscheidung von den Kommunen | |
vorgeschrieben werden, meint Friedrich. Auch die Deutsche Umwelthilfe geht | |
davon aus, dass dies möglich sei, selbst wenn die aktuellen EU-Grenzwerte | |
nicht überschritten werden. Diese liegen deutlich höher als die | |
[4][jüngsten Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation]. | |
16 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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