| # taz.de -- Bundesinnenminister Seehofer zu Moria: „Humanitäre Notlage“ | |
| > Horst Seehofer hat angekündigt, dass Deutschland 100 bis 150 | |
| > Minderjährige aus Moria aufnehmen wird. NGOs stellen Forderungen an | |
| > Kanzlerin Merkel. | |
| Bild: Kein Mann der großen Zahlen: Innenminister Horst Seehofer | |
| Berlin taz/dpa/afp | In einer Pressekonferenz zur dramatischen Lage der | |
| geflüchteten Menschen in Moria hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer | |
| geäußert. | |
| Deutschland werde [1][100 bis 150 Minderjährige] aus Moria aufnehmen, sagte | |
| Seehofer am Freitag, 11. September. Insgesamt zehn EU-Länder hätten sich | |
| bereit erklärt, die rund 400 unbegleiteten Minderjährigen aus Moria unter | |
| sich aufzuteilen. Deutschland und Frankreich würden davon „den Hauptteil | |
| tragen“, so der Innenminister weiter. Die aktuelle Situation auf der | |
| griechischen Insel Lesbos nannte Seehofer eine „besondere humanitäre | |
| Notlage“. | |
| Seehofer betonte, dass man in einem zweiten Schritt auch Familien mit | |
| Kindern helfen wolle. Dies müsse aber immer im europäischen Verbund | |
| geschehen. Er plädierte dafür, mit den gutwilligen Ländern zu beginnen und | |
| nicht zu warten, bis die Visegrád-Staaten mitmachen. Die sogenannte | |
| Visegrád-Grupe aus Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn hatte bereits | |
| 2016 die Aufnahme von Geflüchteten kategorisch abgelehnt und eine | |
| gemeinsame europäische Lösung blockiert. | |
| Einen deutschen Alleingang lehnte Seehofer ab und verwies auf die Situation | |
| im Jahr 2015, als Deutschland die in Ungarn gestrandeten Geflüchteten | |
| aufnahm. „Die ganz große Gefahr ist, dass Pull-Effekte entstehen, das heißt | |
| sich alle auf den einen Staat konzentrieren. Und wir haben uns alle | |
| vorgenommen, dass sich 2015 nicht wiederholen darf.“ | |
| Der Pressekonferenz zugeschaltet war auch der stellvertretende | |
| [2][Kommissionspräsident Margaritis Schinas] von der konservativen | |
| griechischen Regierungspartei Nea Dimokratia. „Moria existiert nicht mehr“, | |
| sagte Schinas. Mit Hilfe der Europäischen Union solle nun eine neue, | |
| modernere Einrichtung errichtet werden, in der Asylverfahren schneller | |
| durchgeführt werden könnten. Dies wolle er dem griechischen Regierungschef | |
| vorschlagen. | |
| Die EU-Kommission will am 30. September auch einen ersten Entwurf für eine | |
| europäische Lösung vorstellen. Wie die aussehen wird, skizzierte Schinas: | |
| Mehr Verträge mit Herkunfts- und Transitländern um Menschen, davon | |
| abzuhalten überhaupt in die Nähe der EU zu kommen. Ein besserer Schutz der | |
| Außengrenzen, mit mehr Schiffen und mehr Personal. Für die Menschen, die es | |
| dennoch schaffen in die EU zu gelangen, sollten dann alle EU-Staaten | |
| zuständig sein und nicht mehr allein die Länder an den Außengrenzen. | |
| Am Donnerstagabend, 10. September, hatte Kanzlerin Angela Merkel erklärt, | |
| dass Deutschland und Frankreich eine Initiative in der EU gestartet hätten, | |
| um unbegleitete Minderjährige aus dem zerstörten Lager aufzunehmen. Dort | |
| leben aktuell rund 13.000 Menschen, die durch die Feuer obdachlos geworden | |
| sind. Die Kanzlerin kündigte an, dass Deutschland auch Hilfe für die | |
| Versorgung der Menschen vor Ort leisten werde. Dies habe sie in einem | |
| Telefonat mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis | |
| vereinbart, sagte Merkel. Die griechische Regierung habe am Donnerstag eine | |
| „Bedarfsliste“ mit nun benötigten Hilfsmaßnahmen übermittelt. | |
| ## Forderungen von NGOs an Merkel | |
| Nach dem Brand im griechischen Lager Moria haben auch | |
| Nichtregierungsorganisationen von Kanzlerin Angela Merkel gefordert, dafür | |
| zu sorgen, dass alle [3][Geflüchteten von den griechischen Inseln in | |
| anderen EU-Ländern aufgenommen] werden. „Die dramatische Zuspitzung auf | |
| Lesbos macht klar: Die Schutzsuchenden von den griechischen Inseln müssen | |
| evakuiert werden!“, heißt es in dem am Freitag, 11. September, von Pro Asyl | |
| veröffentlichten Brief an Merkel. „Einer Katastrophe dieses Ausmaßes kann | |
| nicht mit Minimallösungen begegnet werden – wie einem Transfer von 400 | |
| unbegleiteten Minderjährigen auf das griechische Festland. Es braucht eine | |
| dauerhafte Lösung für alle Betroffenen – und die heißt Aufnahme in anderen | |
| europäischen Ländern.“ | |
| Zu den Unterzeichner*innen des Briefes gehören auch die Caritas, die | |
| Diakonie, die Verbände Der Paritätische, Brot für die Welt und andere. | |
| „Der Verweis auf eine europäische Lösung darf nicht dazu führen, dass | |
| deutsches Handeln verzögert wird“, hieß es weiter. Die Bestrebungen | |
| einzelner deutscher Kommunen, Geflüchtete aufzunehmen, dürften nicht mehr | |
| blockiert werden. Außerdem forderten die Unterzeichner eine schnelle | |
| Katastrophenhilfe vor Ort und ein langfristiges Umdenken in der | |
| Flüchtlingspolitik. „Die Strategie, Schutzsuchende mit dem Ziel an den | |
| Außengrenzen Europas festzuhalten, sie direkt von dort in autoritäre | |
| Staaten wie die Türkei zurückzuschicken, obwohl diese ihnen keinen | |
| tatsächlichen Schutz bieten, ist gescheitert.“ | |
| 11 Sep 2020 | |
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