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# taz.de -- Bund-Länder-Gipfel zur Coronalage: Abwarten und Tee trinken
> Bund und Länder einigen sich darauf, die bestehenden Maßnahmen
> beizubehalten. Die Entwicklung der Omikron-Welle soll weiter beobachtet
> werden.
Bild: Olaf Scholz: nicht mehr, nicht weniger Regeln – aber dafür eine neue I…
Berlin taz | Abwarten und Tee trinken. Das ist es, worauf sich
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs und -chefinnen der
Länder am Montag verständigt hat. Erstmal soll es weder Verschärfungen noch
Lockerungen der bestehenden Coronaregeln geben. „Das ist der Moment, wo man
Kurs hält“, sagte Scholz nach den rund vierstündigen Beratungen am Abend im
Bundeskanzleramt. Man wisse noch nicht, „ob wir mit einer drastischeren
Situation rechnen müssen oder gut durchkommen“.
„Die Entwicklung der Omikron-Welle wird weiter aufmerksam beobachtet“,
heißt es [1][in dem 8-seitigen Beschlusspapier] des Bund-Länder-Treffens.
Wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe, würden weitergehende
Maßnahmen zur Infektionskontrolle vereinbart. Für den Moment, in dem eine
solche Überlastung ausgeschlossen werden könnte, würden Bund und Länder
„Öffnungsperspektiven entwickeln“. Das Bundesgesundheitsministerium
erwartet den Höhepunkt der Omikron-Welle bisher für Mitte Februar.
Außer, dass es eine neue Werbekampagne fürs Impfen geben wird, bleibt also
zunächst alles beim Alten. Das gilt vorerst auch für überregionale
Großveranstaltungen. Allerdings wurden die Chef:innen der Staatskanzleien
damit beauftragt, sich bis zum 9. Februar endlich auf bundesweit
einheitliche Regelungen zu verständigen. Offen lässt der Beschluss jedoch,
in welche Richtung die Vereinheitlichung gehen soll.
Beispielsweise herrschen im Profifußball für die Zulassung von
Zuschauer:innen momentan äußerst unterschiedliche Höchstgrenzen. Während
der deutsche Meister Bayern München derzeit noch seine Heimspiele vor
leeren Rängen austragen muss, spielte der Drittliga-Tabellenführer 1. FC
Magdeburg am vergangenen Sonntag vor 13.385 Fans, da in Sachsen-Anhalt die
Stadien bis zu 50 Prozent gefüllt sein dürfen.
## Abkehr von der bisherigen Teststrategie
Abgesegnet haben die Länder eine deutliche Abkehr von der bisherigen
Teststrategie. Das hatte bereits [2][die
Gesundheitsminister:innenkonferenz am vergangenen Samstag
beschlossen]. Danach sollen künftig die als verlässlicher geltenden
PCR-Test zum Nachweis einer Coronavirus-Infektion nur noch für besonders
gefährdete Gruppen sowie das Personal in Kliniken, Praxen, Pflegeheimen
sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen verwendet werden.
„Die derzeit hohe und voraussichtlich weiter steigende Zahl der
Neuinfektionen führt zu Engpässen bei den verfügbaren PCR-Tests“, stellten
Scholz und die Länder-Vertreter:innen fest. Dann sei es „unabdingbar,
Priorisierungen vorzunehmen“.
Für den Großteil der Bevölkerung soll damit auf eine Bestätigung einer
Infektion durch einen PCR-Test verzichtet werden. Ein Antigentest in einem
zertifizierten Testzentrum soll fortan genügen. Das soll auch für eine
Freitestung aus der Quarantäne oder der Isolierung gelten. Noch ist
allerdings unklar, ab wann es die neue Regelung geben und wie sie im Detail
aussehen wird.
Denn erstmal hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun im
Einvernehmen mit den Ländern „ein verändertes Testregime“ auszuarbeiten.
Die nationale Teststrategie sowie die Coronavirus-Testverordnung sind
entsprechend anzupassen. Das ist nicht profan, müssen dabei schließlich
auch Rechtsfolgen zum Beispiel für den Genesenennachweis oder
Quarantänenachweise beachtet werden. Darüber hinaus forderten die Länder
vom Bund, „die PCR-Testkapazitäten schnellstmöglich zu erhöhen“.
## Heftige Kritik an Lauterbach und dem RKI
Die diplomatische Formulierung einer kräftigen Ohrfeige für Lauterbach
findet sich in der Beschlusspassage zum „Genesenen- und Impfstatus“. Da
heißt es, dass die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder „zur
Kenntnis“ nähmen, dass der Bundesgesundheitsminister angekündigt habe,
Änderungen beim Genesenen- und Impfstatus würden „künftig rechtzeitig vor
ihrem Inkrafttreten“ angekündigt und begründet.
Hintergrund ist, dass das Robert Koch-Institut (RKI) völlig überraschend
den Genesenenstatus nach einer Corona-Infektion Mitte Januar kurzfristig
von einem halben Jahr auf drei Monate verkürzt hatte – ohne
nachvollziehbare wissenschaftliche Begründung. Das RKI ist dem
Gesundheitsministerium unterstellt. Auf dem Bund-Länder-Treffen soll es
deswegen kräftig zur Sache gegangen sein. „Ich fühle mich persönlich
hintergangen“, [3][zitiert der Spiegel] Hessens Ministerpräsidenten Volker
Bouffier (CDU) aus der Runde.
Laut dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) habe es
über Parteigrenzen hinweg Kritik an dem Vorgehen gegeben. Es gehe nicht,
dass die Bürger:innen „holterdipolter“ erführen, dass ihr
Genesenenstatus nicht mehr gelte. Die Verkürzung der Frist habe „viele
Menschen überrascht und verunsichert“, sagte Nordrhein-Westfalens
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach dem Treffen. So etwas dürfe sich
nicht wiederholen, da seien sich die Länder „parteiübergreifend“ einig.
## Zahlreiche Protokollerklärungen
Zwar sind die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens dünn, dafür finden sich
unter dem gemeinsamen Beschluss so viele Protokollerklärungen wie noch nie.
So fordern Baden-Württemberg und Hessen den Bund auf, „kurzfristig die
Einrichtung eines zentralen Impfregisters zu prüfen, um die aktuelle
Impfkampagne in Deutschland zu unterstützen“. Dadurch würden „die
Grundlagen gelegt, damit künftigen Infektionswellen effektiver begegnet
werden kann“.
Kurzfristig solle es zunächst einen „digitalen Impfpass“ mit freiwilliger
Registrierung aller Impfungen geben, fordern die beiden von den Grünen und
der CDU regierten Länder. Rechtliche Möglichkeiten, wie dieser im
Pandemiefall auch verpflichtend ausgestaltet werden könne, seien zu prüfen.
Das rot-rot-grün regierte Thüringen bittet demgegenüber die
Bundesregierung, „umgehend das länderspezifische Liefervolumen für den
proteinbasierten Impfstoff Novavax mitzuteilen und dafür Sorge zu tragen,
dass dieser für die von der Impfpflicht betroffenen Beschäftigten in den
Gesundheitsberufen vorrangig zur Verfügung gestellt werden kann“.
Außerdem erwarte Thüringen „eine bundesgesetzliche Regelung zur weiteren
Pandemieabwehr“. Dazu zählten 2G und 2 G-plus-Regelungen genauso wie
einheitliche Umsetzungsvorschriften bei der einrichtungsbezogenen
Impfpflicht.
Und dann gibt es noch eine gemeinsame Protokollerklärung von Bayern,
Sachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Darin bekunden die vier Länder,
dass sie eine frühzeitige Entscheidung über die Fortsetzung des
Kurzarbeitergeldes über den 31. März 2022 hinaus für erforderlich halten.
Zudem halten sie eine Ausweitung der Wirtschaftshilfen auch auf kommunale
Betriebe für erforderlich.
Das nächste Bund-Länder-Treffen soll am 16. Februar stattfinden. Wenn denn
nicht „das weitere Infektionsgeschehen eine frühere Zusammenkunft nötig
macht“.
25 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/2000838/203d0afb1efb10b…
[2] https://www.gmkonline.de/Beschluesse.html?uid=268&jahr=2022
[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-mpk-lehrstunde-fuer-karl-…
## AUTOREN
Pascal Beucker
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