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# taz.de -- Buch über Reichtum: Der Milliardärsclub als Schicksal
> Der Tiroler Manager Elmar Weixlbaumer klärt über die Naturgegebenheit von
> Reichtum auf. Möglicherweise meint das aber nur Politikverzicht.
Bild: Die großen Vermögen heben sich heute unerreichbar vom Rest ab.
Ein erhellendes und informatives Buch – für einen zeitgenössischen
Wirtschaftsspezialisten ist das ja fast schon Lob genug. Es geht mal nicht
um den Weg zu höherem Wachstum oder mehr Gerechtigkeit, sondern um die
Frage, warum es ganz Reiche gibt, ja geben muss. Laut Autor. Denn der hält
nichts vom Hoffen auf das Wirken der Politik und sonstiger Sozialromantik.
Für ihn gilt: Wer nicht bald bei der Geldelite dabei ist, hat verloren.
Elmar Weixlbaumer ist gebürtiger Tiroler, Manager, Mathematiker. Er führt
die zentralen volkswirtschaftlichen Formeln auf, die seine Analyse stützen
und auch recht gut die aktuelle und historische Verteilung des Vermögens
beschreiben. Für (linke) Ökonomen ist das starker Tobak, denn Weixlbaumer
sieht wenig Chancen für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft: Gegen
die rasante Konzentration des Reichtums beim obersten Prozent könne und
wolle die Politik wenig tun.
Das ist das Zukunftsmodell der Brasilianisierung der Gesellschaften, einer
Monetokratie. Mit einer kleinen Oberschicht und dem großen Rest,
politischen Parteien als puffernde Exekutive und einer breiten, relativ
ungebildeten Masse von Zuarbeitern und Wertschöpfern.
## Weltkriege und blutige Revolutionen
Gegen die Kastenbildung der Superreichen helfen demnach nur Katastrophen
wie Weltkriege und blutige Revolutionen – und die auch nur für wenige
Generationen. Dann bildet sich der reiche Stand wieder, sei es in einem
feudalen System, im Kommunismus oder in den verschiedenen bürgerlichen
Gesellschaften.
Weixlbaumer erklärt die einfachen Formeln, die dem zugrunde liegen, geht
von einer Stunde null aus, bei der alle mit dem gleichen Vermögen und den
gleichen Aufstiegschancen loslegen. Erklärt Begriffe wie den
Gini-Koeffizienten als Maß der Ungleichheit in einer Gesellschaft.
Innerhalb weniger Jahrzehnte sind wir beim heutigen Zustand. Und der ist
krasser, als den meisten bewusst ist: So verdient etwa das oberste Zehntel
der deutschen Haushalte schon das Mehrfache des direkt folgenden
zweitreichsten Zehntels.
Es bildet sich also eine dünne Schicht von Superreichen heraus. Diese
versuchen, sich abzusichern, ihren Status irgendwann auch vererbbar zu
machen. Daher auch der Boom teurer Privatschulen und -universitäten, das
Streben, über Stiftungsgesetze und Steuerparadiese dem Zugriff der
nationalen Mittelständler zu entkommen.
## Mindestens zweistellige Millionensummen
Für Weixlbaumer ist in diesem Prozess gerade der entscheidende Moment
erreicht. Denn gerade jetzt heben sich die großen Vermögen (groß heißt
mindestens zweistellige Millionensummen) unerreichbar vom Rest ab. Reicher
Leute Kinder gehen auf Schulen, die jährlich 70.000 Euro kosten, ihre
Domizile sind nur für Millionäre und Stars käuflich, von Personal bewacht
und betreut.
Die USA sind da schon weiter, aber Europa zieht nach. Eines dieser
Reichenrefugien ist denn auch namengebend für den Titel: der „Billionaire
Club“, der „Milliardärsclub“ des ehemaligen Formel-1-Managers Flavio
Briatore auf Sardinien.
Weixlbaumers Folgerungen: Dagegen ist nichts zu machen, politisch sind die
Vermögenden längst zu einflussreich. Da steht er im Widerspruch zu
Volkswirten wie „Kapitalismus“-Autor Thomas Piketty (Forderung nach einer
weltweiten Vermögenssteuer) und US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph
Stiglitz (einfach wie in den 50er Jahren die in den USA existierende Steuer
erhöhen).
## Im Inner Circle mit den Kindern der Reichen
Weixlbaumer gibt den Tipp, sich lieber mit der Realität zu arrangieren:
etwa die Kinder sofort ebenfalls auf möglichst elitäre Schulen schicken,
damit man im Inner Circle mit den Kindern der Reichen ist, bevor es zu spät
ist – bevor also dieser Lebenswandel so teuer wird, das ihn sich auch die
gehobene Mittelschicht nicht mehr leisten kann.
Der Anschluss an die Elite ist teuer, daher sollte das anschlusswillige
Milieu so früh wie möglich mit der Vermögensbildung anfangen. Die größten
Hindernisse zum Aufbau des nötigen Kapitalstocks sind: Autos, Eigenheime,
Scheidungen und falscher Konsum.
23 Nov 2014
## AUTOREN
Reiner Metzger
## TAGS
Reichtum
Kapitalismus
Thomas Piketty
Vermögenssteuer
Reiche
Thomas Piketty
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Konsum
Soli
Thomas Piketty
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