# taz.de -- Brandanschlag von Solingen: Rechtsextremes Tatmotiv vermutet | |
> Bei dem Brandanschlag in Solingen starben 2024 vier Menschen. Auf einer | |
> Festplatte beim Angeklagten wurden nun rechtsextreme Inhalte gefunden. | |
Bild: Trauermarsch für die Opfer des Brandanschlags. Etwa 700 Menschen nahme… | |
Im März 2024 [1][legte ein 39-Jähriger im Hausflur eines Mehrfamilienhauses | |
im Solinger Stadtteil Höhscheid Feuer]. Eine türkisch-bulgarische Familie | |
kam dabei ums Leben: die Eltern sowie ihre zweijährige und ihre drei Monate | |
alte Tochter. Der mutmaßliche Täter, ein Solinger, steht seit vergangenem | |
Januar wegen vierfachen Mordes und versuchten Mordes an bis zu 21 Menschen | |
vor dem Wuppertaler Landgericht. | |
[2][Schon kurz nach der Brandstiftung] erklärte die Staatsanwaltschaft | |
Wuppertal: „Anhaltspunkte, die auf ein fremdenfeindliches Motiv deuten, | |
liegen nicht vor.“ Auch die Polizei sprach kurz danach davon, dass der Fall | |
weitgehend aufgeklärt sei, und zeigte sich erleichtert. Doch die Aussage | |
eines Polizisten, der am vergangenen Montag als Zeuge vor Gericht war, | |
wirft neue Fragen auf. War der Brandanschlag rechtsextremistisch motiviert? | |
Auf einer Festplatte, die in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurde, | |
seien rechtsextreme Inhalte entdeckt worden. Darunter 166 Bilder, unter | |
anderem von der [3][NSU-Terroristin Beate Zschäpe], NS-verharmlosende | |
Darstellungen, Hitlerbilder und menschenverachtende Kommentare über | |
Jüd:innen und Schwarze Menschen. Laut dem Polizisten bestehe die | |
Möglichkeit, dass die Dateien der Partnerin des Angeklagten zuzuordnen | |
sind. Diese beschreibt ihren Lebensgefährten als „alles andere als rechts“ | |
und schließt ein rassistisches Tatmotiv aus. | |
Eigentlich war zur Gerichtsverhandlung am kommenden Freitag bereits ein | |
Urteil erwartet worden. Doch geplant sind nun neue Termine: Dass der | |
Polizist als Zeuge geladen wurde, lag daran, dass die Nebenklagevertreterin | |
Seda Başay-Yıldız mehrfach auf die in der Wohnung des Täters gefundenen | |
USB-Festplatten hingewiesen hatte, die bislang nicht gesichtet worden | |
waren. In einem Haus, in dem überwiegend Migrant*innen wohnen, müsse man | |
genauer hinschauen, so Başay-Yıldız. | |
## Kritik an Ermittlungsbehörden | |
Sie kritisiert das Vorgehen der Ermittlungsbehörden: „Es ist absolut nicht | |
nachvollziehbar, dass sich die Staatsanwaltschaft so wenig mit dem | |
möglichen Tatmotiv beschäftigt hat.“ Zudem seien von insgesamt 1.200 | |
gesichteten Dokumenten nur 51 der Partnerin des Angeklagten zuzuordnen, der | |
Großteil jedoch nicht. „Wieder einmal übernehmen Anwältinnen Aufgaben, | |
[4][die eigentlich die Staatsanwaltschaft erledigen müsste]“, so | |
Başay-Yıldız. | |
Der Angeklagte hatte bereits im November 2022 an derselben Stelle sowie in | |
einem anderen Haus Brände gelegt. Die Verteidigung führte als möglichen | |
Grund für die Brandstiftung von 2022 an, dass der Täter „einen Streit mit | |
seiner früheren Vermieterin“ gehabt habe. Başay-Yıldız weist jedoch darauf | |
hin, dass diese Vermieterin nicht im selben Gebäude wohnt. Zudem soll der | |
Täter den Brand am 9. November 2022 gelegt haben – ausgerechnet am | |
Jahrestag der [5][Reichspogromnacht von 1938], sagt die Anwältin. | |
Anfang Februar gestand der Beschuldigte die Brandstiftung. Ihm sei klar | |
geworden, wie viel Leid er damit angerichtet habe. Am kommenden Freitag | |
soll ein Psychiater sein Gutachten vorstellen. Das Urteil wird für Ende | |
März erwartet. | |
11 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Brandanschlag-in-Solingen/!6001088 | |
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## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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