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# taz.de -- Boxstar Tyson Fury mit Imageproblem: Rätsel im Ring
> Tyson Fury ist Boxweltmeister und stolz auf seine Herkunft als Pavee.
> Wird der schrille Kämpfer kritisiert, werden oft rassistische Klischees
> bemüht.
Bild: Starker Mann: Tyson Fury zeigt beim Wiegen vor einem Kampf in London sein…
Berlin taz | Was kann eigentlich dieser Tyson Fury? Wie gut ist dieser
englische Profiboxer, der [1][immer noch als Schwergewichtsweltmeister der
WBC] geführt wird? Die Frage ist aktuell, denn Meldungen, ob es in diesem
Jahr noch – konkret wird der 18. Mai genannt – [2][im saudischen Riad zu
einem Megakampf im Schwergewicht] zwischen Fury und Oleksandr Usyk aus der
Ukraine, Weltmeister der Verbände IBF, WBA, WBO und IBO, kommen wird,
häufen sich.
Dabei schwingt immer die Frage mit: Ist Fury wirklich ein so guter Boxer?
Ist er ein Poser, der sich vor den besten Gegner gedrückt hat, der sich mit
viel Getöse die höchsten Kampfbörsen sichern kann? Negativeinschätzungen
kursieren auch bei denen, die sich ernsthaft mit Boxsport beschäftigen.
Tyson Fury trägt den Kampfnamen „Gypsy King“, seine Familie gehört zu den
Pavee, auch Irish Traveller genannt. Sie haben zwar keine ethnische
Verbindung zu Sinti und Roma, aber sie verstehen sich selbst als Gypsys und
sind seit 2017 in Irland als ethnische Minderheit anerkannt. Fury betont
oft seinen Stolz auf seine Herkunft. „Ich habe mich gut geschlagen, und das
mögen die Leute nicht – je schneller sie mich von meinem Platz stoßen
können, desto besser.“ Und er fügte hinzu: „Niemand will sehen, dass ein
Gypsy gut abschneidet.“
Sagt also die Antwort auf die Frage, wie gut der Boxer Tyson Fury ist,
etwas über unbewusst mitschwingende rassistische Vorurteile aus? Schaut man
sich so manches Urteil über den Boxer an, kann die Vermutung nicht ganz
falsch sein. Für den Onlinedienst sport1.de ist er der „protzende
‚Zigeuner-König‘“, und die Schweizer Weltwoche notierte in einem
Fury-Porträt: „Zigeuner pflegen ein erzkonservatives, patriarchalisches
Weltbild.“
## Mit bloßen Fäusten
Nach einer Studie der irischen Menschenrechtskommission gehören Pavee zu
den am stärksten diskriminierten Gruppen. Sie haben mit 15 Prozent die
niedrigste Beschäftigungsquote in ganz Europa. Etwa 10 Prozent der Pavee
berichten, dass sie – und auch ihre Kinder – mindestens einmal im Monat
hungrig ins Bett gehen.
Geboren wurde Tyson Fury 1988 im englischen Manchester. Mit elf Jahren
verließ er die Schule, schon mit zehn Jahren hatte er angefangen zu boxen.
Sein erster Trainer war sein Vater John, einer der besten
Bare-Knuckle-Boxer Großbritanniens. Das ist die Art, zu boxen, wie es vor
Einführung der den Sport halbwegs zivilisierenden Regeln üblich war: mit
bloßen Fäusten. Gerade bei den Pavee ist Bare-Knuckle-Boxen bis heute
verbreitet. „Kämpfen war schon immer ein Teil der Traveller-Kultur“, sagt
die amerikanische Anthropologin Sharon Bohn Gmelch.
Wie Furys Talent entwickelt wurde, beschreibt er so: „Während in anderen
Kulturen kleine Kinder einen Ball herumkicken, schlagen wir mit den Händen
zu. Wenn wir einen Streit haben, sollen wir nicht zur Polizei gehen,
sondern unsere Hemden ausziehen, nach draußen gehen und die Sache mit
Handgreiflichkeiten klären.“ Er boxte zunächst als Amateur, aber eine
Olympiateilnahme 2008 wurde ihm verweigert – sowohl vom britischen als auch
vom irischen Boxverband.
## Sieg gegen Wladimir Klitschko
Schon als 23-Jähriger wurde er britischer und Commonwealth-Meister, und
2015 schlug er in Düsseldorf den bis dato alles dominierenden ukranischen
Weltmeister Wladimir Klitschko. Spätestens seit diesem Sieg, der ihn zum
Weltmeister von vier Verbänden – IBF, WBA, WBO und IBO – machte, ist Fury
in der absoluten Spitze des Schwergewichts angekommen – einerseits.
Andererseits begannen Furys Probleme. Die Verbände entzogen ihm den
WM-Titel, weil er sich weigerte, gegen Herausforderer anzutreten. Einen
Rückkampf mit Klitschko zögerte er hinaus – mit immer wechselnden
Begründungen. Ein positiver Dopingtest auf Kokain sorgte für ein
zwischenzeitliches Aus und für psychische Probleme. „Kokain ist eine kleine
Nebensache im Vergleich dazu, dass ich nicht mehr leben will“, sagte er
einmal. Manische Depression und eine bipolare Störung wurden
diagnostiziert. Zwischen 2015 und 2018 bestritt Fury keinen Kampf.
Doch Fury blieb im Geschäft, was im Profiboxen ganz wesentlich heißt: im
Gespräch. Er sprach offen über seine Probleme, gab [3][kaum erträgliche
homophobe, antisemitische und sexistische Sprüche] von sich. Und irgendwann
boxte er auch wieder. Zwischen 2018 und 2021 stieg er dreimal gegen
Ex-Weltmeister Deontay Wilder (USA) in den Ring: ein Unentschieden und zwei
klare Siege festigten Furys Ruf, zu den Besten zu gehören.
Darüber, ob es in diesem Jahr wirklich zum Fight mit Oleksandr Usyk kommt,
sagt das aber nichts. Was dieser Tyson Fury wirklich kann, weiß eigentlich
niemand.
8 Apr 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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Schwerpunkt Boykott Katar
Kolumne Frühsport
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