Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Box-Spektakel in Riad: Meister der Welt
> Der ukrainische Schwergewichtler Usyk boxt sich gegen Tyson Fury zum
> Weltmeister der vier wichtigsten Verbände. Ein Sieg voller Symbolik.
Bild: Usyk im Vorwärtsgang, Fury in den Seilen
Schlussgong. Oleksandr Usyk sinkt auf den Boden, [1][Tyson Fury] reißt die
Arme in die Luft, aber Usyk steht auf, umarmt jeden in seinem Team.
Eindeutig ist das nicht, aber gewonnen hat Usyk. Der 37-jährige Ukrainer
ist nun der von den vier wichtigsten Profiboxverbänden anerkannte
Weltmeister im Schwergewicht. Angereist war Usyk mit drei Titeln (WBA, IBF
und WBO), Fury mit einem (WBC) aus seinem Sieg über über Deontay Wilder
2018.
Zwei Punktrichter hatten Usyk, einer Fury als Sieger gesehen. So auch der
Brite selbst. „Ich glaube, dass ich diesen Kampf gewonnen habe“, sagte der
35-Jährige mit dem Kampfnamen „Gipsy King“ und schob eine bemerkenswerte
Erklärung zum Sieg des Ukrainers nach: „Sein Land befindet sich im Krieg,
also sind die Leute auf der Seite des Landes, das sich im Krieg befindet.“
Seit Jahren wartete die Boxwelt [2][auf diesen Kampf], im Februar war er
wegen einer Verletzung Furys geplatzt. Auch wenn [3][Furys Stärke] schwer
einzuschätzen war, so galt er doch als Superstar der Szene. „Weit über 100
Millionen Dollar“, so sein Manager Bob Arum, hat er an diesem Kampf im
saudischen Riad verdient. Auch bei Usyk sind die genauen Zahlen nicht
bekannt geworden, aber es waren wohl deutlich mehr als 75 Millionen
US-Dollar.
Finanziell war der Kampf in der Nacht auf Sonntag ein würdiger Wiedergänger
der großen Boxnächte früherer Jahrzehnte: [4][Ali vs. Foreman] 1974,
[5][Ali] vs. Frazier 1971, 1974 und vor allem 1975, [6][Louis vs.
Schmeling] 1936 und vor allem 1938. Auch sportlich kam das, was Tyson Fury
und Oleksandr Usyk boten, nahe an die Vorbilder. In den Worten Furys: „Ich
glaube, es war – was soll man machen? – eines der dummen Dinger, diese
Entscheidungen im Boxsport. Wir haben beide einen guten Kampf geliefert.“
Schlecht hat Tyson Fury wirklich nicht geboxt. Stark hatte er begonnen, die
Runden 5, 6 und 7 gingen so deutlich zu seinen Gunsten, dass er arrogant
die Hände hinter dem Rücken versteckte, um Usyk zu verspotten. Doch die 8.
und vor allem die 9. Runde wurden entscheidend: Usyk setzte ein paar harte
Treffer, einer ließ Fury taumeln, den nur die Seile daran hindern, auf den
Boden zu gehen. Der Ringrichter zählte Fury an, der Rundengong rettete ihn,
aber der Kampfverlauf hatte seinen Knick bekommen.
## „Ein paar Bier trinken“
„Wenn sie mir in der letzten Runde oder so gesagt hätten: ‚Du bist am
Boden, geh raus und versuch, ihn fertig zu machen‘, hätte ich das getan“,
gab Fury später von sich. „Aber jeder in meiner Ecke hat geglaubt, dass wir
dran sind. Alles, was ich tun musste, war einfach weiter zu boxen, das zu
tun, was ich tat, und ich dachte, wir würden es schaffen. Aber es war, was
es war. Ich werde nicht über verschüttete Milch weinen.“
Dass der Kampf auch eine politische Dimension besaß, dafür sorgte schon
allein der [7][Ausrichter und Finanzier Saudi-Arabien]. Profiboxen gehört
schon lange zum Portfolio des Regimes, das mit Weltsportevents seinen
auch kulturellen Anspruch, eine Weltmacht zu sein, unterstreichen möchte.
Dass ein Kampf von dieser Bedeutung aufs Pfingstwochenende, ein hohes
christliches Fest, gelegt wurde, ist da eine Petitesse, die sich auch als
Detailverliebtheit der saudischen Planer deuten lässt.
Etwas deutlicher ist die politische Bedeutung, die von ukrainischer Seite
in den Kampf gelegt wurde. Usyk wurden auf der Pressekonferenz nach dem
Kampf zwei Fahnen der ukrainischen Armee überreicht. Staatspräsident
[8][Wolodymyr Selenskij] deutete den Kampf auf Telegram militärisch: „Die
Ukrainer schlagen hart zu!“ Und Kiews Bürgermeister [9][Vitali Klitschko],
selbst Ex-Schwergewichtsweltmeister, neigte zur politischen Interpretation:
Usyk habe „der Welt gezeigt, dass die Ukrainer in der Lage sind, einen
starken Gegner in einem schwierigen Kampf zu besiegen“.
Und was sagen die Boxer? Fury: „Wir haben uns 12 Runden lang die Seele aus
dem Leib geprügelt, also werden wir jetzt nach Hause gehen, etwas essen,
ein paar Bier trinken und etwas Zeit mit der Familie verbringen.“ Und Usyk:
„Die ganze Zeit, Training, Training, Training – ich habe mich nur auf
diesen Kampf konzentriert.“ Sogar bei der Geburt einer Tochter war er nicht
da. „Ich möchte nach Hause zurückkehren, in meine Kirche gehen und beten.“
Ein Rückkampf soll im Oktober 2024 stattfinden.
20 May 2024
## LINKS
[1] /Boxstar-Tyson-Fury-mit-Imageproblem/!6000388
[2] /Comeback-im-Boxen/!5896469
[3] /Boxer-Tyson-Fury/!5651278
[4] /Und-im-ganzen-Land-skandierten-sie-Ali-Bomaye/!1188387/
[5] /Muhammad-Ali-ist-tot/!5310036
[6] /Der-Gegner-Max-Schmeling/!1303338/
[7] /Box-Spektakel-in-Saudi-Arabien/!5978026
[8] /Wolodymyr-Selenskij/!t5584432
[9] /Vitali-Klitschko/!t5018881
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Boxen
Saudi-Arabien
Ukraine
Kolumne Linker Haken
Boxen
Boxen
Schwerpunkt Rassismus
Boxen
Schwerpunkt Boykott Katar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tyson Fury Netflix-Serie: Im Namen der Söhne
Die Netflix-Soap „At Home with the Furys“ zeigt Boxstar Tyson Fury mit
seiner Familie. Schon die Namen seiner Söhne sagen viel übers Ego.
Würde des Faustkampfs: Warum Boxen fortschrittlich ist
Was wir alle vom Boxen lernen können: eine kurze Kulturgeschichte des
Faustkampfes und die Erklärung, warum der Sport politisch und intelligent
ist.
WM-Triumph im Schwergewichtsboxen: Katzenhafter Kampfstil
Schwergewichtler Oleksandr Usyk schlägt den Briten Tyson Fury klar nach
Punkten. Gewonnen hat nicht nur der Ukrainer, auch Gastgeber Saudi-Arabien.
Boxstar Tyson Fury mit Imageproblem: Rätsel im Ring
Tyson Fury ist Boxweltmeister und stolz auf seine Herkunft als Pavee. Wird
der schrille Kämpfer kritisiert, werden oft rassistische Klischees bemüht.
Box-Spektakel in Saudi-Arabien: Rumble in Riad
Am Samstag steigt in Saudi-Arabien eine Boxnacht der Superlative mit 10 der
15 besten Schwergewichtler. Doch der eine ganz große Kampf fehlt – noch.
Comeback im Boxen: Der King hockt wieder auf dem Thron
Nach dem Sieg von Schwergewichtler Tyson Fury über Derek Chisora rückt ein
Kampf gegen Oleksandr Usyk näher. Saudi-Arabien steht als Zahlmeister
bereit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.