# taz.de -- Box-Spektakel in Saudi-Arabien: Rumble in Riad | |
> Am Samstag steigt in Saudi-Arabien eine Boxnacht der Superlative mit 10 | |
> der 15 besten Schwergewichtler. Doch der eine ganz große Kampf fehlt – | |
> noch. | |
Bild: Linke Führhand zum Kopf: Anthony Joshua gibt dem Finnen Robert Helenius … | |
Es ist die Masse, die überzeugen soll. [1][Zehn der 15 besten | |
Schwergewichtsboxer der Welt] treten am Samstag im saudischen Riad in den | |
Ring. Mit Masse ist nicht nur das Körpergewicht der Sportler gemeint. Es | |
fehlen tatsächlich nur zwei der besten und spektakulärsten Boxer der | |
vergangenen Jahre: der Brite Tyson Fury und der Ukrainer Oleksandr Usyk. | |
Aber mit dem Briten Anthony Joshua und dem Amerikaner Deontay Wilder sind | |
zwei immer noch sehr hoch gehandelte Ex-Weltmeister da. | |
Nur: Die zwei boxen nicht gegeneinander. Wilder trifft auf Joseph Parker, | |
ein Neuseeländer, der auch schon mal Weltmeister war. Joshuas Gegner wird | |
der Schwede Otto Wallin sein. Beide Kämpfe gehören in die Kategorie | |
Ansetzungen, die dem Publikum etwas bieten sollen, zugleich aber für den | |
stärkeren Boxer als „machbare Aufgabe“ konzipiert sind. | |
Es gehört tatsächlich zur Besonderheit dieser anstehenden Boxnacht, dass | |
selten [2][so viel von der „Karte“, also dem gesamten Programm des Abends], | |
die Rede ist, und es zugleich unmöglich ist, einen wirklichen Hauptkampf | |
auszumachen. | |
Neben Wilder und Joshua ist etwa Arslanbek Machmudow aus Russland zu | |
beachten. Der weist trotz seiner 34 Jahre erst 18 Kämpfe auf – sein | |
Profidebüt gab er 2017 –, hat aber alle gewonnen, 17 durch Knock-out. | |
Machmudow trifft auf den deutschen Schwergewichtler Agit Kabayel. Der ist | |
amtierender Europameister, als Profi bislang auch ungeschlagen. Doch der | |
gebürtige Leverkusener pflegt einen offensiven, wenig auf die Deckung | |
achtenden Stil. Machmudow jedoch ist einer, der auf so einen Gegner wartet: | |
Mit einer Brutalität, die an den jungen Mike Tyson erinnert, sucht er seine | |
Wirkungstreffer. | |
## Sportswashing der überdimensionierten Sorte | |
In den vergangenen Jahren schien das Schwergewichtsboxen in einer Krise: | |
Kämpfe wurden kurzfristig abgesagt, die Börsenforderungen, die etwa Tyson | |
Fury erhob, schienen jenseits von Gut und Böse. Und das, was letztlich | |
geboten wurde, war kaum noch als Sport zu erkennen: Im Oktober trat Fury | |
nicht gegen einen Boxer, sondern gegen Francis Ngannou an, einen Star des | |
mit dem Profiboxen konkurrierenden MMA. Fury schrammte knapp an einer | |
Blamage vorbei und gewann nach Punkten. | |
Entscheidend war jedoch, was nun auch an diesem Samstag zählt: dass der | |
Austragungsort Riad heißt. Begonnen hat die boxerische Version der | |
saudischen Sportpolitik 2019, als Anthony Joshua dort gegen Andy Ruiz Jr. | |
seinen WM-Titel zurückholte. | |
Im Fußball trägt das Königreich aktuell die Klub-WM aus, mit Cristiano | |
Ronaldo, Neymar, Karim Benzema und anderen hat es Topstars ins Land geholt. | |
Im Golf hat es gleich eine eigene Konkurrenzprofitour aufgelegt, 2019 fand | |
die Leichtathletik-WM in Saudi-Arabien statt, 2016 die Radsport-WM und 2018 | |
die Turn-WM – die Liste ist beliebig verlängerbar. | |
Nach Schätzungen westlicher Analysten steigt das von Riad für Sportevents | |
investierte Geld von 2,1 Milliarden US-Dollar 2018 auf 3,3 Milliarden | |
US-Dollar 2024. Das Regime betreibe damit Sportswashing, also das | |
Aufpolieren des Images, sagt Stephen Cockburn von Amnesty International. | |
Zugleich wolle es so „globale Allianzen knüpfen und seine wirtschaftlichen | |
Muskeln spielen lassen“. | |
Das Profiboxen hat einen besonderen Stellenwert in dieser gigantomanischen | |
Politik. Früher waren die USA mit Las Vegas das Zentrum des Weltboxens, | |
erläuterte jüngst [3][der 92-jährige US-Boxpromoter Bob Arum, das wolle | |
Riad jetzt werden]. „Sie zielen darauf ab, Saudi-Arabien als globales | |
Zentrum für den Boxsport und große Unterhaltung zu etablieren.“ | |
So betrachtet, ist auch der aktuelle Termin sinnvoll. Der 23. Dezember ist | |
im doch sehr christlich geprägten Weltsport bislang ein Tag, an dem kein | |
Topereignis angesetzt wurde. Aus saudischer Sicht hingegen ein guter | |
Termin, um globale Aufmerksamkeit zu generieren. | |
Ins Bild dieser Strategie, Weltboxmacht zu werden, passen auch andere | |
Informationen, die aktuell durchsickern. Der schon lange avisierte Kampf | |
von Tyson Fury gegen Oleksandr Usyk soll am 17. Februar 2024 steigen. Ein | |
Kampf Anthony Joshua gegen Deontay Wilder ist, so heißt es in einer Quelle, | |
für den 9. März terminiert, eine andere spricht vom Herbst 2024. Alles in | |
Riad, wo sonst. | |
22 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_current_boxing_rankings | |
[2] https://www.boxen1.com/die-fightcard-fuer-den-23-dezember-in-rias-saudi-ara… | |
[3] https://www.heavyweightboxing.com/post/saudi-arabia-heavyweight-boxing-bob-… | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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