# taz.de -- Blockierte Seenotrettung vor Libyen: Weniger Flüchtlinge – und T… | |
> Libyen geht hart gegen Flüchtlinge und Seenotretter im Mittelmeer vor. | |
> Nun kommen weniger – doch die Verhältnisse an Land seien katastrophal, | |
> sagt ein Helfer. | |
Bild: Seenotretter ziehen sich aus Furcht aus libyschen Gewässern zurück | |
BERLIN/PASSAU dpa | Das [1][harte Vorgehen der libyschen Behörden gegen | |
Flüchtlinge und private Seenotnetter im zentralen Mittelmeer] wird nach | |
Ansicht von Sea-Eye-Sprecher Hans-Peter Buschheuer dazu führen, dass | |
weniger Menschen flüchten und ertrinken. Der Sprecher der Hilfsorganisation | |
[2][sagte der Passauer Neuen Presse]: „Es wird jetzt erfolgreich | |
verhindert, dass die Menschen aufs Wasser gehen und die Flucht wagen. Das | |
bedeutet natürlich auch, dass weniger Menschen ertrinken.“ Gleichwohl sei | |
das libysche Vorgehen ein klarer Rechtsbruch. | |
Am Wochenende hatten Hilfsorganisationen wie Sea Eye, Ärzte ohne Grenzen | |
und Save the Children angekündigt, sich vorläufig aus dem Rettungsgebiet | |
vor Libyen zurückzuziehen. Als Grund nannten sie Drohungen und die | |
Ankündigung aus Libyen, die eigene Such- und Rettungszone auf | |
internationale Gewässer auszuweiten. | |
Die libysche Küstenwache zeigt seit einiger Zeit deutlich stärker Präsenz | |
im Mittelmeer – vermutlich auch auf Druck aus Rom und Brüssel hin. Das habe | |
Schmuggler in dem Bürgerkriegsland im Juli davon abgeschreckt, Migranten | |
auf Boote in Richtung Europa zu setzen, erklärte die EU-Grenzschutzagentur | |
Frontex am Montag. | |
Buschheuer gibt zu bedenken, dass die Flüchtlinge nun weiterhin in | |
libyschen Lagern bleiben müssten – „sämtliche UNO-Organisationen und auch | |
die humanitären Organisationen dort im Einsatz berichten von katastrophalen | |
Verhältnissen“, sagte er der Zeitung. | |
## Trittin: „Gipfel des Zynismus“ | |
Auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich besorgt über die | |
Entwicklung. „Wer schützt diese Menschen dort? Wer bekämpft die | |
gewalttätigen und verbrecherischen Milizen, die heute jeden Tag in den | |
Flüchtlingslagern die Menschen schinden?“, fragte er [3][im Gespräch mit | |
dem Kölner Stadt-Anzeiger]. Europa müsse bereit sein, sich solchen Fragen | |
zu stellen. „Davon sind wir noch weit entfernt. Wir waren immer ganz froh, | |
wenn die Amerikaner die militärischen Aufgaben übernommen haben. Wenn das | |
schief ging, konnten wir wenigstens einen Schuldigen benennen.“ | |
Jürgen Trittin von den Grünen sprach von einem „Gipfel des Zynismus“. „… | |
haben Frankreich und Großbritannien Libyen zu einem „failed state“ | |
bombardiert. Nun schießt die von der EU ausgebildete und zeitweilig | |
finanzierte sogenannte libysche Küstenwache auf Seenotretter“, sagte | |
Trittin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Mit einer Flüchtlingsabwehr | |
durch bezahlte Söldner wird die Zahl unschuldiger Menschen weiter steigen, | |
die im Mittelmeer jämmerlich ersaufen“, sagte er voraus. | |
Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff forderte die | |
Bundesregierung dazu auf, sich mit europäischen Partnern aktiv für eine | |
Stabilisierung der Lage in Libyen einzusetzen. „Teil der Lösung können zum | |
Beispiel auch humanitäre Flüchtlingsunterkünfte sein. Dafür brauchen wir | |
aber dringend eine diplomatische Offensive“, sagte der stellvertretende | |
Präsident des Europaparlaments der Heilbronner Stimme. | |
15 Aug 2017 | |
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[1] /Seenotrettung-im-Mittelmeer-gestoppt/!5439458 | |
[2] http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/2620565_Sea-Eye-Sprecher-kritisiert-li… | |
[3] http://www.ksta.de/politik/aussenminister-sigmar-gabriel--trumps-rhetorik-i… | |
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