# taz.de -- Bezahlinhalte bei Spiegel Online: Aus „Plus“ wird „+“ | |
> Der „Spiegel“ ordnet seine digitalen Bezahlinhalte neu. Ein | |
> Flatrate-Modell soll alles übersichtlicher machen – und mehr Geld | |
> einbringen. | |
Bild: Beim „Spiegel“ soll alles einfacher werden – oder zumindest anders | |
„Take it easy, altes Haus“, sangen Truck Stop einst. Der Song wurde Ende | |
der 70er ein Hit. Aufgenommen in Maschen, wo sich Autobahnen kreuzen und | |
Schienen treffen. Von dort sind es nur wenige Autominuten bis nach Hamburg, | |
wo knapp vier Jahrzehnte nach Truck Stops Single in einem alten Haus auch | |
endlich alles easy werden soll. Dort, an der Ericusspitze, will der Spiegel | |
endlich Übersichtlichkeit in seine digitalen Bezahlinhalte bringen. | |
Alles easy soll heißen: Weg von den drei verschiedenen Bezahlmodellen, hin | |
zu einer Flatrate für alles. Für 19,99 Euro (für alle unter 30: 11,99 Euro) | |
sollen LeserInnen künftig sämtliche Digitalangebote des Spiegels bekommen. | |
Man habe in Befragungen von LeserInnen erfahren, „dass unsere bisherige | |
Produkt- und Angebotskonstruktion eher verwirrt, als dass sie durch | |
Vielfalt die verschiedensten Zielgruppen individuell anspricht“, | |
[1][schreibt der Spiegel-Produktchef Stefan Plöchinger in einem | |
Blogbeitrag]. | |
Noch sieht es beim Spiegel nämlich folgendermaßen aus: Im Netz gibt es | |
kostenpflichtig das klassische Heft als E-Paper; darüber hinaus „Spiegel | |
Plus“, das Label, unter dem sich Premiuminhalte versammeln, die zumeist aus | |
dem Heft kommen und entweder einzeln oder im Abo bezahlt werden können; und | |
Spiegel Daily, das erst vor einem knappen Jahr gestartete tägliche | |
17-Uhr-Online-Magazin mit dem Claim: „Einmal am Tag die Welt anhalten.“ | |
Das E-Paper des Spiegels kostet 4,10 Euro pro Ausgabe, Spiegel Daily ist | |
für 6,99 Euro pro Monat zu haben, und „Spiegel Plus“ kostet 3,90 Euro pro | |
Woche oder 39 Cent pro Artikel. | |
Dass das nicht zielführend ist in Zeiten, in denen immer mehr NutzerInnen | |
digitale Abo-Bezahlmodelle à la Spotify oder Netflix zu lieben lernen, | |
leuchtet ein – und drückt sich auch in Zahlen aus: Das Spiegel-E-Paper | |
sollen laut Plöchinger zuletzt 65.000 LeserInnen bezogen haben, wobei | |
ungefähr die Hälfte AbonnentInnen des Printmagazins seien, die sich für 50 | |
Cent zusätzlich die digitale Ausgabe runterladen. Spiegel Daily fand | |
lediglich rund 5.000 AbonnentInnen. Und über „Spiegel Plus“ seien rund | |
50.000 Euro pro Monat reingekommen. Das reiche laut Plöchinger „bei Weitem | |
nicht, um unsere Redaktionen zu finanzieren“. | |
Also: alles neu, zumindest in der Bezahlstruktur. Ansonsten: alles wie | |
bisher, nur ein bisschen anders. Der Name „Spiegel Plus“ wird nicht | |
verschwinden. Er wird künftig die Dachmarke bilden, unter der alle | |
kostenpflichtigen Digitalinhalte firmieren (also das, wofür man dann die | |
19,99 Euro bezahlt). Um allerdings nicht für zu viel Klarheit zu sorgen, | |
wird das „Plus“ künftig nicht mehr ausgeschrieben. Das neue Digitalangebot | |
heißt: „Spiegel+“ (so wie „Welt+“ von der Welt oder „FAZ+“ von der | |
Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder „Z+“ von der Zeit). | |
Auch Spiegel Daily bleibt erhalten, in Zukunft allerdings als Newsletter | |
und Push-Angebot fürs Handy. „Wir haben gelernt, dass sich diese | |
Darreichungsformen für den Use Case ‚Einmal täglich die Welt anhalten‘ | |
besser eignen dürften als ein eigenständiges Produkt“, schreibt Plöchinger. | |
Im neuen 17-Uhr-Nachrichtenüberblick namens Spiegel Daily sollen kostenlose | |
Spiegel-Online- und auch kostenpflichtige „Spiegel+“-Inhalte angerissen und | |
beworben werden. | |
Gewünschter Nebeneffekt soll – neben der Hoffnung auf größere Erlöse im | |
Digitalen – auch sein, dass sich Online- und Print-Redaktion endlich | |
näherkommen. Denn „Spiegel+“ erfordere auch „neue Produktionslogiken etwa | |
für das wöchentliche Magazin, dessen Artikel nun – wenn sinnvoll – völlig | |
unabhängig vom Andruck digital präsentiert werden könnten“. Der ganze | |
Spiegel würde schließlich Teil von „Spiegel+“, dazu zusätzliche exklusive | |
Texte. | |
„Spiegel+“ soll bis zur Ferienzeit an den Start gehen. Konzipiert wurde es | |
übrigens nach dem „KISS-Prinzip“: Keep it simple and stupid. | |
Das Prinzip könnte Erfolg haben: Mit „Take it easy, altes Haus“ scheiterte | |
Truck Stop 1979 beim Grand-Prix-Vorentscheid. Sie wurden Zweite – hinter | |
Ralph Siegels Castingband Dschinghis Khan. Deren Siegersong: „Dschingis | |
Khan“. Das war alles eben noch ein bisschen simpler gehalten. | |
24 Apr 2018 | |
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[1] https://medium.com/@devspiegel/gutes-lesen-mehr-verstehen-wie-wir-das-neue-… | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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