# taz.de -- Berliner Wahlwiederholung am 12. Februar: Dann bis nächste Woche | |
> Bei seiner letzten Sitzung vor der Wahl beschließt der rot-grün-rote | |
> Senat Eckpunkte einer Verwaltungsreform. Sie soll vor allem Kompetenzen | |
> klären. | |
Bild: Dann bis nach der Wahl? Für Giffey (SPD) und Jarasch (Grüne) endet Sonn… | |
BERLIN taz | Da sitzen sie nun noch einmal gemeinsam vor den Journalisten, | |
nebeneinander, ohne zu streiten oder sich ins Wort zu fallen, wie es schon | |
am Abend bei der RBB-Spitzenkandidatenrunde wieder passieren würde: | |
Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus Lederer (Linke), | |
die aktuelle Regierungschefin, die Frau, die es gern an Giffeys Stelle | |
wäre, und der Mann, der gern weiter mit den beiden Parteien weiter regieren | |
würde. Die letzte Senatssitzung vor der Wahl liegt hinter ihnen, | |
[1][Eckpunkte einer großen Verwaltungsreform] haben die drei beschlossen | |
und eine Zusammenfassung unter den Journalisten verteilen lassen. Doch erst | |
der Wahlausgang am Sonntag wird zeigen, ob das Aufgeschriebene haltbarer | |
als fünf Tage ist. | |
„Wir geben hier zu dritt gerade ein ganz gutes Bild ab, nicht nur in der | |
B-Note“, befindet Lederer. Tatsächlich ist die Stimmung überraschend wenig | |
frostig angesichts voriger Streitereien gerade zwischen Giffey und Jarasch, | |
sei es über Enteignung, den Ende März anstehenden Klima-Volksentscheid oder | |
[2][die Sperrung der Friedrichstraße]. | |
## Verworrene Strukturen | |
Das Thema Verwaltungsreform interessiert über Parteigrenzen hinweg – am | |
Montag erst hat die CDU ihre Ideen vorgestellt, zuvor die FDP Änderungen in | |
den Bezirksämtern gefordert: Berlins Verwaltung soll effizienter werden und | |
schneller arbeiten, egal ob im Bürgeramt oder beim dringend nötigen | |
Wohnungsbau. Dass das oft nicht passiert, liegt – wie viele Studien ergeben | |
haben – an verworrenen Strukturen. Zu viel ist zu wenig geklärt zwischen | |
den beiden Ebenen Senat und Bezirk. | |
Der jetzige Zustand hat viel damit zu tun, dass Berlin ein Stadtstaat ist. | |
In Bundesländern wie Brandenburg sind die Verhältnisse klar: Hier die | |
Landesebene, dort die Städte und Landkreise, jeweils mit eigenen | |
Parlamenten oder ähnlichen Gremien, festen Aufgaben und Finanzen. Berlins | |
Bezirke hingegen sind keine eigenständigen Kommunen, auch wenn sie de facto | |
jeweils mehr als 300.000 Einwohner starke Großstädte darstellen. Ihre auch | |
am Sonntag zu wählenden politischen Vertretungen, die | |
Bezirksverordnetenversammlungen, kurz BVV, sind rein rechtlich keine | |
Parlamente, sondern Teil der Verwaltung. | |
Oft ist daher vom „Verwaltungs-Ping-Pong“ die Rede, bei dem sich Land und | |
Bezirke gegenseitig verantwortlich machen, wenn etwas nicht klappt. Zu | |
viele Behörden und Ämter reden auch bei einfach erscheinenden Vorhaben mit | |
– ein Tempelhofer BVV-Mitglied rechnete im Tagesspiegel vor, dass [3][18 | |
Verwaltungsschritte und drei Jahre Zeit] nötig sind, bis ein Zebrastreifen | |
auf die Straße gepinselt werden kann. Zwar kann auch jetzt schon der Senat | |
wichtige Projekte aus einem Bezirk an sich ziehen. Einfacher wäre es, wenn | |
dieses Ziehen gar nicht nötig wäre. | |
Im Kern wollen die Senatsparteien das Gleiche wie die oppositionelle CDU, | |
die schon vor Monaten einen Verfassungskonvent für die nötigen Änderungen | |
gefordert hat. Für landesweite Aufgaben soll allein der Senat zuständig | |
sein, vor Ort sollen allein Bezirke das Sagen haben, mit einem gestärkten | |
Bezirksbürgermeister. Eine Direktwahl der jetzt in der BVV gewählten | |
Bezirkschefs soll in der Koalition aber nicht im Gespräch sein. | |
In der Herangehensweise unterscheiden sich die Koalition und die CDU | |
allerdings: SPD, Grüne und Linkspartei wollen vorab alles umstrukturieren, | |
was sich ohne Verfassungsänderungen ändern lässt – diese sollen erst am | |
Ende stehen. Denn für sie braucht es im Parlament eine Zweidrittelmehrheit, | |
die absehbar auch eine künftige Regierung nach der Wahl allein nicht haben | |
wird. Die CDU will mit einem auf ein Jahr begrenzten Verfassungskonvent | |
starten, allerdings parallel auch schon an leichter zu ändernden Dingen | |
arbeiten. | |
Giffey lehnt das ab – ein solcher Konvent würde umfangreiche Vorarbeit | |
ignorieren und „alles auf null setzen“. Jarasch hält das Vorgehen für | |
komplett falsch: „Das würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen.“ | |
Einen „Reformkongress“, den auch auf Nachfrage keiner der drei genau | |
erläuterte und von einem Konvent abgrenzte, findet sich aber auch in den | |
Senats-Eckpunkten – angeblich auf Wunsch der Grünen. | |
7 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2023/pressemitte… | |
[2] /Verkehrspolitik-in-Berlin/!5907906 | |
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wie-kompliziert-es-ist-in-berlin-einen-z… | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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