# taz.de -- Belgien vor dem WM-Achtelfinale: Die Betonung des Kollektivs | |
> Nach einer bravourösen Vorrunde muss die belgische Elf jetzt zeigen, was | |
> sie wirklich draufhat. Kann sie dem Ruf als Geheimfavorit gerecht werden? | |
Bild: Belgische Fans am vergangenen Donnerstag beim Spiel Belgien gegen England… | |
An Informationen fehlt es nicht. Roberto Martinez erzählt viel über das | |
belgische Nationalteam. Jede Frage beantwortet er bei dieser | |
Weltmeisterschaft mit großer Ausführlichkeit. Der katalanische Trainer | |
versucht, genau zu erklären, warum er was macht, warum wer spielt und wie | |
viele positive Dinge er bei dem Turnier von seiner Mannschaft gesehen hat. | |
Man hat das Gefühl, da will einer verstanden und vor allem auch | |
wertgeschätzt werden. „Drei Siege in der Vorrunde“, sagt er, „sind keine | |
Selbstverständlichkeit.“ | |
Und doch weiß man noch nicht sonderlich viel über dieses Team, das über so | |
große Fußballer verfügt wie Kevin de Bruyne, Eden Hazard, Dries Mertens und | |
Romelu Lukaku. Die Auftaktgegner [1][Panama] und [2][Tunesien] taugen nicht | |
als Maßstab, um den ewig scheiternden Geheimfavoriten der letzten großen | |
Turniere für dieses Mal seriös mehr Hoffnung machen zu können. | |
Als mit England der erste ernsthafte Gegner auf dem Spielplan stand, war | |
Belgiens Auswahl bereits fürs Achtelfinale am Montag in Rostow gegen Japan | |
qualifiziert. Martinez schickte eine B-Elf aufs Feld, die im Duell mit der | |
B-Elf von England, das ebenfalls nicht mehr punkten musste, [3][den etwas | |
bemühteren Eindruck machte]. | |
Das ist der Mannschaft hoch anzurechnen. Denn als Gruppenzweiter hätten die | |
Belgier von ihrem Stammquartier in Moskau aus nicht so viel reisen müssen, | |
wie Martinez hinterher klarstellte. Jetzt muss man im Viertelfinale mit dem | |
fünfmaligen Weltmeister [4][Brasilien] als Gegner rechnen. Den Engländern | |
schmeckte diese Vorstellung möglicherweise nicht. Martinez stellte indes | |
klar: „Man kann bei einem großen Turnier nicht erfolgreich sein, wenn man | |
den leichten Weg sucht.“ | |
Und er erzählte wieder einiges mehr. Wie viele positiven Dinge er bei | |
diesem Spiel gesehen habe. Wie wichtig es war, dass der lange verletzte | |
Thomas Vermaelen wieder näher an die Mannschaft herangeführt werden konnte. | |
Wie der erst 21-jährige Youri Tielemans vom AS Monaco sich immer besser | |
integriere und wie gut sich da ein neues Team zusammengefunden habe. | |
## Auf der Bank | |
Gegen Japan wird das so hoch gelobte Team vornehmlich auf der Bank Platz | |
nehmen. Und es werden wieder de Bruyne, Hazard, Mertens und Lukaku | |
auflaufen. Diejenigen, die dafür gesorgt haben, dass man seit Jahren in | |
Belgien von der goldenen Generation spricht. Ob bei dieser WM die guten | |
Ergebnisse für diese Ehrenbezeugung nachgeliefert werden, ist vermutlich | |
selbst nach einem Einzug ins Viertelfinale schwer einzuschätzen. | |
Fairplaypunkte haben den Japanern [5][das Weiterkommen ermöglicht], zu den | |
großen Teams dieses Turniers zählen sie nicht. So bequem ist der Weg für | |
das belgische Team ins Viertelfinale nie gebaut gewesen. Und Martinez weiß | |
um die günstige Gelegenheit. Vor der Partie gegen Japan erklärte er: „Wir | |
haben eine gute Gelegenheit zu zeigen, welches Talent wir als Mannschaft | |
haben.“ | |
Die Betonung des Kollektivs gehört zu den Standards auf jeder | |
Pressekonferenz von Roberto Martinez. Immer wieder spricht er von der | |
Notwendigkeit eines ausbalancierten Kaders. Mit Radja Nainggolan ließ er | |
einen der großen Stars der vergangenen Jahre zu Hause, obwohl der beim AS | |
Rom gerade eine bestechend gute Saison gespielt hatte. | |
Martinez erklärte dies mit taktischen Gründen und seinen Sorgen um das | |
Gleichgewicht auf dem Rasen. Einige in Belgien glauben eher, die unbequeme | |
Art von Nainggolan habe Martinez nicht gepasst. | |
In jedem Fall war es ein Zeichen, das auch seine Wirkung nach innen nicht | |
verfehlt haben dürfte. Denn Kritik musste sich Martinez auch von seinem | |
vielleicht wichtigsten Spieler, Kevin De Bruyne, gefallen lassen. | |
## Taktisch besser | |
Nach einem Freundschaftsspiel gegen Mexiko (3:3) vergangenen November | |
schimpfte er, der Gegner sei taktisch besser gewesen. Und De Bruyne | |
beklagte, Belgien würde mit vielen offensiven Spielern sehr defensiv | |
agieren. Das passe nicht zusammen. | |
In Deutschland hätte eine solcher Angriff auf Löw vermutlich eine Krise | |
ausgelöst. Trainer Martinez musste sich dagegen in Tapferkeit üben. De | |
Bruyne hat in Belgien einen größeren Stellenwert als er. So sagte er: „Ich | |
habe die Aussagen nicht als persönliche Kritik an mir aufgenommen.“ | |
Obwohl das belgische Team in den letzten anderthalb Jahren ungeschlagen | |
ist, hat es Martinez nicht leicht. Die souveräne Qualifikation für die WM | |
wurde als Selbstverständlichkeit erachtet. Bei Gegnern wie Griechenland, | |
Bosnien, Estland, Zypern und Gibraltar ist das auch nachvollziehbar. Der | |
goldenen Generation fehlt es an einem vorzeigbaren Erfolgserlebnis gegen | |
eine der ganz großen Fußballnationen. | |
Wie es um Martinez Autorität genau bestellt ist, lässt sich nur schwer | |
beurteilen. Nach den Erfolgen in der Vorrunde sind die Schwingungen im | |
belgischen Lager eher positiv. „Wir haben uns taktisch enorm | |
weiterentwickelt. Wir sind jetzt stärker und daran glauben wir auch“, sagte | |
Torhüter Thibaut Courtois dieser Tage. | |
Aus den Erfahrungen des Scheiterns ist schon oft Großes entstanden. | |
Vielleicht hat auch deshalb Nico Kovac, der neue Trainer des FC Bayern | |
München, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kurz vor der WM Belgien zu | |
seinem Geheimfavoriten erkoren. Beunruhigenderweise für die Belgier hat er | |
an selber Stelle bekundet, er mache sich keine Sorgen um das deutsche Team. | |
2 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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