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# taz.de -- Bayer-Vorstand über Fusion mit Monsanto: „Es gibt nicht weniger …
> Bayer und Monsanto machten sich bei Saatgut kaum Konkurrenz, sagt Liam
> Condon, der die Agrarsparte des Leverkusener Chemiekonzerns leitet.
Bild: Protest mit Schwein: Demo gegen die Fusion vor der Bayer-Zentrale in Leve…
taz: Herr Condon, nach der Übernahme von Monsanto würde Bayer 30 Prozent
des Saatguts weltweit liefern. Entscheiden Sie dann im Alleingang, was
Bauern pflanzen und Verbraucher essen?
Liam Condon: Nein. Allein auf dem Saatgutmarkt gibt es weltweit Tausende
von Unternehmen. Es wird niemals einen Anbieter geben, der alles dominiert.
Und das will auch keiner.
Auch Ihre Konkurrenten Dow und Dupont sowie Chem China und Syngenta
fusionieren. Nach dem Bayer-Monsanto-Deal verkaufen drei Firmen 60 Prozent
des Saatguts und zwei Drittel aller Pestizide weltweit. Das soll keine
Gefahr für den Wettbewerb sein?
Es wird weiterhin intensiven Wettbewerb in der Branche geben. Was Bayer und
Monsanto angeht, so sind unsere Geschäfte stark komplementär. Monsanto
arbeitet auf Märkten und in Bereichen, wo wir kaum oder gar nicht vertreten
sind. Monsanto ist vor allem mit Saatgut bei Mais und Soja sehr stark,
insbesondere in Nordamerika, zum Teil in Lateinamerika. Wir sind eher mit
Pflanzenschutzmitteln unterwegs, primär in Europa und Asien. Im
Saatgutbereich bieten wir hauptsächlich Raps, Baumwolle, Reis und Gemüse
an. Es wird nicht weniger Wettbewerb geben, weil wir kaum Überlappungen
haben. Die Kalkulation „weniger Wettbewerb = höhere Preise“ ist in diesem
Fall nicht anwendbar.
Bayer und Monsanto liefern zusammen das Saatgut für rund 70 Prozent der
US-Baumwollanbaufläche. Entsteht da ein Monopol?
In Nordamerika ist der gemeinsame Marktanteil bei Baumwolle tatsächlich
sehr hoch. Wir gehen davon aus, dass Teile dieses Geschäfts möglicherweise
veräußert werden müssen. Letztendlich entscheiden darüber aber natürlich
die Kartellbehörden.
In welchen Bereichen muss Monsanto oder Bayer noch Teile verkaufen?
Das steht noch nicht fest. Eine starke Position ergibt sich noch bei Raps
in Nordamerika.
Die Fusion reduziert die Konkurrenz auf einem Markt, der wegen des
Klimawandels dringend neues Saatgut braucht. Gefährdet sie die globale
Ernährungssicherheit?
Der eigentliche Grund der Transaktion ist, dass wir mehr Innovationen
erzielen wollen und auch schneller. Momentan sind Forschung und Entwicklung
in der Landwirtschaft sehr teuer und aufwendig. Es kann mehrere hundert
Millionen Euro kosten, ein neues Produkt zu entwickeln.
Monsanto und Bayers Agrarsparten sind doch milliardenschwere Unternehmen,
die Projekte solcher Größenordnungen stemmen können.
Heute entwickeln Unternehmen wie Bayer neue chemische oder biologische
Produkte für den Pflanzenschutz – und brauchen dafür ungefähr 10 Jahre. Und
ein Unternehmen wie Monsanto entwickelt danach ähnlich lang
Pflanzeneigenschaften wie etwa Toleranzen gegen diese Mittel. Wenn man bei
der Forschung und Entwicklung gemeinsam und parallel arbeitet, kann man
viel Zeit sparen – und schneller Innovationen für die Landwirte erreichen.
Das gilt nur für das aus Umweltsicht umstrittene Saatgut, das in
Kombination mit bestimmten Pestiziden angewendet wird. Aber nicht für
andere Sorten, und das sind die meisten, oder?
Auch die Züchtung anderer Sorten wird davon profitieren, dass wir eine
gemeinsame Forschungsplattform haben werden, weil Züchtungs-Know-how und
Erfahrung im Anbau aus aller Welt zusammenkommen.
Nach der Fusion macht Bayer mehr Umsatz mit Gentechnik. Werden Sie stärker
für diese Technologie lobbyieren?
Wo es wie in Deutschland keine gesellschaftliche Akzeptanz für gentechnisch
veränderte Pflanzen gibt, sehen wir keinen Grund, für sie Lobbying zu
betreiben. Es ist nicht Ziel dieser Transaktion, durch Lobbying die
Zulassungspraktiken zu verändern. Wir sind aufgrund der praktischen
Erfahrungen der letzten 20 Jahre davon überzeugt, dass Gentechnik eine gute
und sichere Technologie ist, die gerade auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit
viel erreichen kann. Aber wenn man sie aus ideologischen Gründen
ausschließen will in bestimmten Teilen der Welt, akzeptieren wir das.
Punkt.
Die Branche setzt große Hoffnung auf die neue Gentechnikmethode Crispr/Cas,
mit der sich Pflanzen genauer und leichter manipulieren lassen. Sollten sie
in der EU als Gentechnikorganismen eingestuft oder so leicht zugelassen
werden wie gewöhnliche Pflanzen?
Wir sehen Crispr/Cas-Pflanzen nicht als gentechnisch veränderte Organismen
(GVO), wenn dadurch keine fremden Gene eingebracht werden. Bei GVO werden
fremde Gene in eine Pflanze eingeführt. Mit Crispr/Cas und anderen Methoden
der Geneditierung werden die Eigenschaften in der Pflanze selbst quasi
editiert. Das Ergebnis ist eine neue Züchtung, die auch in der Natur
vorkommen könnte. Deshalb sollten hier wie in den USA nicht
GVO-Zulassungskriterien angewandt werden.
Auch Crispr/Cas erzeugt unbeabsichtigte Veränderungen im Erbgut. Ist das
nicht ein Risiko?
Die neuen Züchtungstechniken wie Crispr sind nicht mit speziellen Risiken
verbunden, die herkömmliche Verfahren nicht bergen.
Monsanto ist bei dem Versuch gescheitert, Gentechnikpflanzen in Deutschland
einzuführen. Was lernen Sie daraus?
Manchmal sind Technologieunternehmen so überzeugt von der Qualität ihrer
Technologie, dass sie vergessen zu erklären, wofür sie eigentlich gut ist,
und was der normale Verbraucher davon hat. Diese Diskussion hat in Europa
nicht ausreichend stattgefunden. Solche Fehler dürfen bei Crispr/Cas nicht
wiederholt werden. Wir müssen von Anfang an gut erklären, worin die
Vorteile dieser Methode für den Menschen und die Umwelt bestehen.
Monsanto ist Marktführer in der Agro-Gentechnik. Früher produzierte es die
giftige Industriechemikalie PCB und für den Vietnamkrieg das Pestizid Agent
Orange. Ist dieser Konzern „böse“?
Monsanto hat vor allem in Deutschland ein schlechtes Image. Ich teile das
öffentlich dargestellte Bild des ‚bösen‘ Unternehmens nicht. Ich jedenfal…
habe bisher keine bösen Leute bei Monsanto getroffen. Agent Orange und PCB
sind ältere Themen aus der Vergangenheit von Monsanto als Chemiekonzern.
Heute ist Monsanto ein innovatives Biotechunternehmen mit dem absoluten
Schwerpunkt auf Saatgut.
Noch heute meldet Monsanto Patente auf Lebewesen an – sogar auf Pflanzen,
die durch die seit Jahrtausenden bekannte Kreuzung gezüchtet wurden. Wird
Monsanto nach der Übernahme auf solche Patentanträge verzichten?
Patente werden grundsätzlich nur für echte Erfindungen erteilt. Ein
Unternehmen investiert 7 bis 10 Jahre Zeit und Ressourcen nur dann in
Forschung und Entwicklung, wenn es hinterher etwas davon hat. Um das
sicherzustellen, sind Patente nötig.
Eine konventionell gezüchtete Pflanze ist keine Erfindung. Trotzdem hat
Monsanto Patente zum Beispiel auf einen solchen Brokkoli bekommen.
Dafür müssen sehr hohe Kriterien erfüllt werden. Es ist ein Mythos, dass
reine Entdeckungen in der Natur patentiert werden können.
Sie begründen die Übernahme auch damit, dass die Landwirtschaft produktiver
werden müsse. Gilt das ebenso für die Industrieländer, die schon jetzt mehr
Kalorien produzieren, als sie verbrauchen?
Es wird bis 2050 etwa drei Milliarden Menschen mehr geben auf der Welt,
aber nicht unbedingt mehr Agrarfläche. Deshalb muss man die Produktivität
steigern. Die größten Sprünge sind in den Entwicklungsländern zu erwarten.
Aber es sind auch weitere Produktivitätssteigerungen in den westlichen
Ländern möglich. Am allerwichtigsten ist es aber, dass diese
Produktivitätssteigerung nicht zu Lasten der Umwelt oder Artenvielfalt
geht. Deswegen brauchen wir mehr Innovation in der Landwirtschaft.
Bislang bietet Bayer Kleinbauern etwa in Entwicklungsländern hauptsächlich
Pestizide und Hochleistungssaatgut an, um die Produktivität zu steigern.
Wenn dann plötzlich die Preise für diese Mittel steigen, müssen sie
möglicherweise hungern.
Der Landwirt wird diese Sachen in der Regel nur kaufen, wenn er davon einen
Vorteil hat. Wir sind daran interessiert, dass wir auch langfristige
Beziehungen zu unseren Kunden haben. Es hilft uns überhaupt nichts, wenn
wir eine Abhängigkeit schaffen, dann die Preise erhöhen – und der Landwirt
geht bankrott.
Pestizide verschmutzen Wasser, tragen zum Aussterben von Pflanzen- und
Tierarten dabei, Glyphosat steht unter Krebsverdacht. Darf eine Firma auf
solche Produkte setzen?
Es ist ganz wichtig, dass wir vor Ort die Landwirte schulen, wie sie unsere
Pflanzenschutzmittel verantwortungsvoll einsetzen – und das tun wir auch
sehr umfassend mit großen Programmen weltweit. Das fängt damit an, dass der
Landwirt die richtige Schutzausrüstung trägt, dass er die richtige Dosis
zur richtigen Zeit einsetzt. Wenn wir das nicht ausreichend vermitteln,
passieren Unfälle, die nicht passieren dürfen. Da sind nicht
Pflanzenschutzmittel per se Schuld dran. Was Glyphosat betrifft: Alle
relevanten Zulassungsbehörden sind bisher zu der Ansicht gekommen, dass das
Mittel unverändert ein positives Nutzen-Risiko-Profil für Mensch und Umwelt
aufweist.
28 Nov 2016
## AUTOREN
Jost Maurin
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