Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Baumentscheid und DW enteignen in Berlin: Das große Zittern bei Sc…
> Plötzlich will auch Kai Wegner mehr Bäume. Und SPD-Mann Krach will auf DW
> enteignen zugehen. Haben beide Angst vor einem Wahlsieg der Opposition?
Bild: Cool ist Berlin noch immer, kühl dagegen immer weniger
Das Manöver ist durchschaubar. Noch im Juli hatte Berlins Regierender
Bürgermeister Kai Wegner (CDU) den Gesetzentwurf des [1][Volksbegehrens
Baumentscheid] abgelehnt. Vor einer Woche nun hat er angekündigt, auf die
Initiative zugehen und ein gemeinsames Vorgehen zwischen ihr und dem Senat
absprechen zu wollen. Was ist da los?
Und was treibt Steffen Krach an, den Spitzenkandidaten der SPD für die Wahl
zum Abgeordnetenhaus im kommenden September? Mit ihm werde es keine
Enteignungen geben, hatte er erklärt, kaum hatte ihn seine Partei zum
Frontmann gemacht.
Nun aber will Krach mit der Initiative Deutsche Wohnen und Do. enteignen
das persönliche Gespräch suchen. „Ich danke der Initiative, dass sie mit
viel Engagement einen Gesetzentwurf erarbeitet hat“, [2][sagte er dem
Tagesspiegel].
Weder Wegner noch Krach ist ein solcher politischer Sinneswandel
abzunehmen. Das zumindest legte die Debatte um das Klimaanpassungsgesetz,
das der Baumentscheid mit seinem Entwurf durchsetzen will, am vergangenen
Donnerstag im Abgeordnetenhaus nahe. Bäume statt Parkplätze? „Das wird es
mit der CDU nicht geben“, sagte deren umweltpolitischer Sprecher Danny
Freymark.
Und auch in der SPD gab es bislang wenig Sympathie für die
Vergesellschaftung großer privater Wohnungskonzerne. Stattdessen lautete
das Mantra seit Jahren unisono: Bauen, bauen, bauen. Dass CDU und SPD nun
beide ein paar Kehrtwenden einlegen, ist eher ein Hinweis darauf, dass in
der schwarz-roten Koalition das Zittern vor einem Wahlerfolg der Opposition
begonnen hat.
## Die Angst ist berechtigt
Die Angst ist berechtigt – und die beiden großen Volksentscheide spielen
dabei eine wichtige Rolle. Wer die Schnauze voll hat vom Rückabwickeln der
Verkehrswende durch Autosenatorin Ute Bonde (CDU), wird womöglich, sollte
es zu einem Volksentscheid kommen, sein Kreuz beim Baumentscheid machen –
ohne auf die Kosten von sieben Milliarden Euro bis 2040 zu schauen.
Gleiches gilt für die Vergesellschaftung von Wohnraum. Es wäre nicht das
erste Mal, dass die Wählerinnen und Wähler dem Mietenwahnsinn ein
Stoppschild entgegenhalten. Was hat denn Schwarz-Rot in Sachen
Wohnungspolitik vorzuweisen außer einen erfolglosen und mehr und mehr
überfordert wirkenden Bausenator Christian Gaebler (SPD)?
CDU und SPD sind also ein Jahr vor der Wahl nervös geworden. Allerdings
scheint SPD-Spitzenkandidat Krach geschmeidiger zu agieren als der CDU-Mann
im Roten Rathaus. Schon in einem seiner ersten Interviews hat er auf das
Thema Verkehr gesetzt, hat mehr Fahrradwege und einen besseren ÖPNV
gefordert.
Kai Wegners plötzliches Umarmen der Bäume ist dagegen purer Populismus.
Hätte er den Gesetzentwurf des Baumentscheids gelesen, wüsste er, dass es
nicht nur um 300.000 zusätzliche Bäume geht. Darüber hinaus sollen
sogenannte Hitzeviertel identifiziert und mit abgestimmten Maßnahmen
heruntergekühlt werden. Unter anderem sollen hier entsiegelte und
bepflanzte „Kühlinseln“ entstehen, die nie mehr als 150 Meter von jeder
Berlinerin und jedem Berliner entfernt sein dürfen.
## Nun heißt es wachsam sein
100 neue Parks fordert die Initiative obendrein, und natürlich führt dies
zu einer Konkurrenz etwa mit Flächen für den Wohnungsbau. Schon die
Sicherung des bisherigen Stadtgrüns war der damaligen Giffey-SPD ein Dorn
im Auge. Die über Jahre erarbeitete und zum Beschluss vorliegende „Charta
für das Stadtgrün“ hatte Giffey eigenmächtig in die Tonne getreten. Es war
dies einer der Startschüsse für die Initiative Baumentscheid.
Angesichts der jüngsten Umarmungsversuche heißt es also wachsam zu sein.
Denn damit CDU und SPD die Zivilgesellschaft und die Opposition wirklich
fürchten müssen, muss zumindest der Baumentscheid zur Abgeordnetenhauswahl
am 20. Septenber 2026 zur Abstimmung kommen können.
Sollte die CDU mit ihrer Trickserei den Fahrplan dafür ausbremsnen, hieße
das für Berlin: Noch weniger Grün, noch mehr Beton.
27 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.baumentscheid.de/
[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/klares-stoppsignal-fur-mieter-abzocke-st…
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Volksentscheid
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Heinrich Strößenreuther
Baum
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Schwerpunkt Stadtland
Abgeordnetenhaus
Klimaschutzziele
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berliner Wohnungsmarkt: Vergesellschaftung finanziert sich selbst
Eine neue Studie zeigt: Vergesellschaftung von Wohnungen lässt sich über
Mieteinannahmen refinanzieren. Es ginge also ganz ohne öffentliche
Zuschüsse.
Berliner Abgeordnetenhaus: Mehr Bäume auch ohne Entscheid
In einer Ausschussanhörung bleiben wenig Zweifel, dass das Parlament das
Anliegen der Initiative „Baum-Entscheid“ übernehmen wird.
Berliner Abgeordnetenhaus: Showdown beim Baum-Entscheid
Die Koalition will beim Baum-Entscheid nun angeblich nur „minimalinvasive“
Änderungen. Die Initiative befürchtet hingegen ein Zerfleddern ihre Ziele.
Reaktionen auf DW Enteignen: Neues Gesetz, alte Fronten
Die Parteien reagieren auf den Entwurf eines Vergesellschaftungsgesetzes
von DW Enteignen. Die Initiative will mit allen sprechen.
Gesetz von Deutsche Wohnen enteignen: Die Utopie lebt!
„Deutsche Wohnen & Co enteignen“ will die Berliner Landespolitik zur
Übernahme von Wohnungen zwingen. Dafür hat die Initiative ein
Vergesellschaftungsgesetz vorgelegt.
Baum-Debatte im Abgeordnetenhaus: „Das wird es mit der CDU nicht geben“
Im Plenum lehnen die Christdemokraten zentrale Punkte der Klimainitiative
ab. Die Grünen befürchten Trickserei, die SPD ist zwischen Baum und Borke.
Berlin als Vorreiter gegen Hitze: „Ohne Verbote geht es nicht“
Der Zukunftsforscher Stephan Rammler hat eine Studie über Berlin als
„Reallabor“ der Klimaanpassung vorgelegt. Wie realistisch ist dieser
Optimismus?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.