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# taz.de -- E-Scooter in Deutschland: Elektrisch, handlich – und gefährlich
> Ab dem Frühjahr sollen auch in Deutschland mit Strom betriebene
> Tretroller erlaubt sein. Die Scooter bringen neue Unfallgefahren.
Bild: Potentielle Gefahr für Radfahrer: der E-Scooter
Berlin taz | Sie sind klein, wendig – und das neue heiße Ding in Sachen
Mobilität in der Stadt: E-Scooter – oder elektrisch betriebene Tretroller.
Die [1][handlichen Elektroflitzer] sind bereits der Hit in San Francisco,
Paris, Kopenhagen. Oder in Wien – hier sind die Scooter seit Herbst auf den
Straßen.
Touristen und Geschäftsleute nutzen inzwischen rund 2.800 Geräte vor allem
rund um die Altstadt. Man kann sie bei vier Anbietern mieten. Auch
hierzulande warten Mietrollerfirmen auf den Gesetzgeber: Der deutsche
Anbieter Tier will bis zum Jahresende in 50 bis 100 Städten aktiv sein.
Bislang sind die Roller hier verboten, denn sie fallen nicht unter die
bisher geltende Verordnung, die etwa den Betrieb von Stehrollern der Firma
Segway regelt. Am Mittwoch brachte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)
seine „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“ durchs Kabinett, die den
Scootern den Weg ebnen soll. Zustimmen muss noch der Bundesrat, Mitte Mai
soll die Verordnung in Kraft treten.
Die günstigsten Modelle sind bereits ab rund 300 Euro zu haben, die
Reichweite liegt meistens zwischen 15 und 30 Kilometern. Ökologisch dürften
die Scooter wahrscheinlich auch noch sein. Das hängt natürlich vom Strommix
ab – und davon, ob durch sie Fahrten mit Verbrennungsmotor ersetzt werden.
Laut Untersuchungen ist jede vierte Autofahrt kürzer als zwei Kilometer.
## Fahrradfahrer sind skeptisch
Während Scheuer die Scooter als „echte zusätzliche Alternative zum Auto“
sieht, ideal für die letzte Meile von der U-, S-Bahn oder Bushaltestelle
nach Hause oder zur Arbeit, sind andere skeptischer: Der Fahrradclub ADFC
warnt vor chaotischen Zuständen auf den ohnehin überlasteten Fahrradwegen –
und fordert ein bundesweites Investitionsprogramm.
„Deutsche Radwege taugen nicht einmal für die sichere Abwicklung des
vorhandenen Radverkehrs“, sagt ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork.
Wenn nun „eine Welle von E-Scootern durch die Innenstädte holpert, werden
wir sehr unschöne Szenen und viele Unfälle erleben“.
Andere warnen vor dem Gedrängel auf dem Bürgersteig. „[2][Wenn E-Roller auf
Gehwegen erlaubt werden], kommt es zu deutlich mehr Unfällen“, sagt
Siegfried Brockmann, Unfallforscher vom Gesamtverband der Deutschen
Versicherungsindustrie. Wenn die E-Scooter mit höchstens 12
Stundenkilometern auf Gehsteigen fahren dürften, wären sie „mindestens
doppelt soll schnell wie Fußgänger, deutlich schneller als Jogger“.
Das berge „erhebliche Gefahr und Benachteiligung für Fußgänger auf der für
sie vorgesehenen und geschützten Fläche“, kritisiert Brockmann. Die
Freigabe der Gehwege für Kraftfahrzeuge „wäre zudem ein hochriskanter
Dammbruch“. Es kämen ja „noch weitere Gefährte auf uns zu: ‚One Wheeler…
‚Hoverboards‘ und andere Verkehrsmittel ohne Lenkstange wären dann kaum
noch von den Gehwegen zu verbannen.“
## Scheuer setzt sich über Expertenrat hinweg
Am Mittwoch warnte auch der Bremer Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne)
vor der Freigabe der E-Tretroller für Gehwege. Vor allem bei Jugendlichen
(sie dürfen ab 12 Jahren fahren) sieht er Gefahren. Konflikte seien „auch
angesichts der Geräuscharmut der E-Roller vorprogrammiert“, sagte Lohse.
Und warf Scheuer vor, sich über den Rat seiner eigenen Experten der
Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hinwegzusetzen. Nach deren Gutachten
habe die Nutzung von Gehwegen selbst bei nur 6 Stundenkilometern wegen des
Konfliktpotenzials mit dem Fußgängerverkehr zu unterbleiben.
Es sind nicht nur die E-Scooter. Bei E-Fahrrädern kann man die Gefahren der
neuen Mobilität bereits quantifizieren. 2018 starben 445 Radfahrer auf
Deutschland Straßen, darunter 89 auf den sogenannten Pedelecs – 24 Prozent
mehr als im Vorjahr. Das kam nicht nur vom langen Sommer, es liegt auch am
Boom der Elektro-Bikes.
Von den im vergangenen Jahr in Deutschland verkauften 4,2 Millionen
Fahrrädern war jedes vierte ein Elektrorad. Unfallforscher Brockmann sorgt
sich vor allem um die Senioren: Vielen bescheren die Pedelecs zwar eine
viel größere Mobilität. Aber: Einige kämen nicht mit der Geschwindigkeit
der Gefährte zurecht. „Das sind völlig neue Gruppen jenseits der 75, die
wir vorher nicht hatten“, sagt Brockmann. „Die Beherrschung des Fahrzeugs
ist in vielen Fällen nicht gegeben.“
Korrektur: gegenüber einer früheren Version dieses Beitrags wurde die
Maßeinheit bei der Reichweitenangabe der Roller korrigiert.
3 Apr 2019
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## AUTOREN
Kai Schöneberg
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