# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kamerun: Der Alte bleibt im Amt | |
> Kameruns ewiger Präsident Paul Biya gewinnt eine Wahl, an der vor allem | |
> in den oppositionellen Unruhegebieten kaum jemand teilgenommen hat. | |
Bild: Der alte und neue Präsident Kameruns, Paul Biya | |
YAOUNDÉ taz | Die ersten Schüsse fallen pünktlich, als am Montagvormittag | |
der Verfassungsrat in Kameruns Hauptstadt Yaoundé anfängt, das Ergebnis | |
der Präsidentschaftswahl vom 7. Oktober zu verkünden. [1][Der Urnengang | |
liegt zwei Wochen zurück], und das Ergebnis, sagen Regierungskritiker, | |
stand schon viel früher fest. | |
Paul Biya (85) bleibt an der Macht mit über 71 Prozent der Stimmen und hat | |
schon längst Glückwünsche entgegengenommen. Sehr zum Ärger der anglophonen | |
Region, wo Bürgerkrieg zwischen Separatisten und der Armee herrscht und es | |
jetzt Augenzeugen zufolge in der Stadt Buea zu Schusswechseln gekommen ist. | |
Ohnehin sollen selbst nach den offiziellen Zahlen in den beiden | |
Aufstandsprovinzen Nordwest und Südwest nur 5 beziehungsweise 16 Prozent | |
der dort registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben. | |
Landesweit wird die Wahlbeteiligung mit knapp 54 Prozent angegeben – viele | |
Kameruner stehen gar nicht auf den Wahllisten, bei 25 Millionen Einwohnern | |
gibt es nur 3,6 Millionen abgegebene Stimmen. | |
Die Opposition liegt weit abgeschlagen. Rund 14 Prozent der Stimmen erhält | |
Maurice Kamto, der sich kurz nach der Wahl zum Sieger ausgerufen hatte und | |
in der Provinz um Kameruns größte Stadt Douala vorne liegt. Dritter wird | |
der Jugendkandidat Cabral Libii, mit rund 6 Prozent. Die früher starke | |
Oppositionskraft SDF (Sozialdemokratische Front), in den anglophonen | |
Landesteilen an zweiter Stelle, landet landesweit bei 3 Prozent. | |
## Staatsgeheimnis Krankenakte | |
Die Zahlen suggerieren eine unangefochtene Vorherrschaft des Präsidenten, | |
der seit 1982 regiert. Spekuliert wird trotzdem weiter darüber, was nach | |
dem mittlerweile 85-jährigen Biya kommen könnte. Immer wieder heißt es, | |
dass er zu Krankenhausaufenthalten in die Schweiz geflogen sei. Die | |
Krankenakte gilt als gut gehütetes Staatsgeheimnis. In der Öffentlichkeit | |
tritt Biya so gut wie nie auf. Auch den Wahlkampf ließ er meist andere für | |
sich machen. Als Biya im März Medienberichten zufolge seine erste | |
Kabinettssitzung seit drei Jahren ansetzte, galt das als Sensation. | |
Aus Unterstützerkreisen ist allerdings anderes zu hören: Diszipliniert sei | |
Biya, jemand, der auch im Alter gerne Sport treibt, ohne Laster wie Alkohol | |
und Zigaretten, stark und widerstandsfähig. Es wird kolportiert, dass er | |
Minister bei Spaziergängen abhängt, obwohl diese viel jünger seien. | |
Über einen möglichen Nachfolger hat Biya sich öffentlich nie geäußert. Der | |
pensionierte Wirtschaftswissenschaftler Bernard Ouandji, der für die | |
Regierung und die UNO gearbeitet hat, kritisiert das scharf: „Ich habe | |
lange vor der Wahl dazu aufgerufen, dass Biya einen Vize ernennt. So hätten | |
Wähler gewusst, dass sie nicht nur für Biya stimmen, sondern auch für | |
seinen möglichen Nachfolger.“ | |
## Risiko Nachfolgefrage | |
Doch in Kamerun scheint alle Macht bei Biya zu liegen. Dessen Nachfolger | |
wird ein schweres Erbe antreten, meint Jeanot Minla Mfou’ou, Gründer der | |
Beratungsfirma Minadev. Zentral sei dabei die Frage, ob Biyas Partei RDPC | |
(Demokratische Sammlung des kamerunischen Volkes) geeint bleibt oder in | |
Fraktionen zerfällt: „Dann kann es kompliziert werden.“ | |
Sollte Biya einen Nachfolger vorschlagen, dürfte dieser auf Akzeptanz | |
stoßen, davon geht Minla Mfou’ou aus. Die Vorstellung, dass die Nachfolge | |
noch nicht geregelt sei, hält ein Beobachter in Yaoundé ohnehin für absurd. | |
Der Präsident, so sagt er, regiere mit starker Hand und würde so etwas | |
nicht dem Zufall überlassen. Es gelte, die verschiedenen Regionen und | |
Ethnien Kameruns zu bedienen. Allerdings konzentriert sich die Macht auf | |
den Süden und das Zentrum des Landes. Ebenfalls nicht ungewöhnlich sei die | |
Vorgehensweise: Als Kameruns erster Präsident Ahmadou Ahidjo aus | |
gesundheitlichen Gründen zurücktrat, war Biya genau zwei Tage später | |
Präsident. | |
Neben der Zukunft des unruhigen anglophonen Landesteils gilt die | |
wirtschaftliche Entwicklung als entscheidend für Kamerun. Ausgerechnet der | |
anglophone Südwesten ist reich an Ressourcen. Dort wird nicht nur Rohöl | |
gefördert, auch Exportgüter wie Palmöl und Kakao werden angebaut. In den | |
vergangenen Monaten sind zahlreiche Menschen aus den anglophonen | |
Konfliktgebieten nach Douala und ins Nachbarland Nigeria geflohen. Die | |
Landwirtschaftsbetriebe liegen seitdem brach. | |
22 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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