# taz.de -- Wahlen in Kamerun: Flucht nach vorn | |
> Oppositionspolitiker Maurice Kamto erklärt sich früh zum Sieger über | |
> Präsident Paul Biya. Bei anderen stößt das eher unangenehm auf. | |
Bild: Maurice Kamto bei seiner Siegeserklärung | |
YAOUNDÉ taz | Maurice Kamto lässt auf sich warten. Es dauert am Montag mehr | |
als fünf Stunden über die veranschlagte Zeit hinaus, bis der | |
Spitzenkandidat der oppositionellen MRC (Bewegung für die Renaissance | |
Kameruns) endlich in seiner Parteizentrale in der kamerunischen Hauptstadt | |
Yaoundé vor die Presse tritt. Begleitet wird er von zahlreichen Anhängern, | |
die ihn wie Kameruns neuen Präsidenten feiern. | |
Zu diesem ruft sich Kamto dann selbst aus, keine 24 Stunden nach Schließung | |
der Wahllokale. Seine Bekundung: „Ich habe vom kamerunischen Volk ein | |
klares Mandat erhalten. Dieses will ich mit aller Kraft und bis zum Schluss | |
verteidigen“, geht in Applaus unter. | |
Nur einige hundert Meter entfernt flattert ein großes Banner über einer | |
Straße im Wind. Darauf steht, dass sich kein Kandidat vor Bekanntgabe des | |
Ergebnisses zum Sieger erklären darf. | |
Ohnehin gibt es selbst am Dienstag noch keine verlässlichen Zahlen über den | |
Ausgang der Präsidentschaftswahl vom Sonntag, keine Hochrechnungen. Am Tag | |
nach der Wahl haben zwar einige Tageszeitungen erste Teilresultate | |
veröffentlicht. Sie stammen jedoch aus einzelnen Wahllokalen in den Städten | |
und spiegeln die Entscheidung jeweils einiger hundert Wähler wieder. | |
## Es liegen nur Teilergebnisse vor | |
Mancherorts hat Kamto, – wenn man diesen Einzelergebnissen Glauben schenken | |
darf – den 85-jährigen Paul Biya, der seit 1982 an der Macht ist, | |
tatsächlich von Platz eins verdrängt. Gleichwohl hat der Amtsinhaber in | |
anderen Wahllokalen in der Hauptstadt einen sehr komfortablen Vorsprung. | |
Kamto, 64 Jahre alt, liegt insgesamt weit abgeschlagen auf Platz zwei. | |
Dritter ist Cabral Libii, 38 und mit Abstand jüngster Kandidat. In der | |
Hauptstadt Yaoundé sowie in der Wirtschaftsmetropole Douala ist die | |
Opposition stärker präsent als in ländlichen Regionen. | |
Über Unruhen nach den Wahlen ist in den vergangenen Wochen immer wieder | |
spekuliert worden. Häufig hieß es, dass vor allem junge Wähler hinter Libii | |
den erwarteten erneuten Sieg Biyas nicht hinnehmen würden. Ihre massive | |
Präsenz bei Kundgebungen würden sie auch im Ergebnis sehen wollen. | |
Kamtos einseitige Siegeserklärung stößt auch deshalb nicht auf Zustimmung. | |
Sowohl Libii als auch der Kandidat der oppositionellen Sozialdemokratischen | |
Front (SDF), Joshua Osih, distanzierten sich am Dienstag davon. | |
## „Er wird nichts erreichen“ | |
Jeanot Minla Mfou’ou, Gründer der Beratungsfirma Minadev, glaubt nicht, | |
dass Kamtos Erklärung schwerwiegende Probleme bringen wird. „Er ist eine | |
Minderheit. Die übrigen Kandidaten sagen, dass sie die offiziellen | |
Ergebnisse abwarten werden.“ Kamerun habe trotz aller Probleme weiterhin | |
starke Institutionen, die funktionieren. | |
„Mit dieser Provokation wird er nichts erreichen“, so Minla. Im Gegenteil: | |
„Ich denke, dass ihm die ersten Tendenzen bereits gezeigt haben, dass er | |
verloren hat. Jetzt will er das gegnerische Lager provozieren. Aber meiner | |
Meinung nach kommt er damit nicht durch.“ | |
Kamto dürfte sich vor der Wahl dadurch Hoffnung gemacht haben, dass ein | |
anderer wichtiger Oppositionskandidat, Muna Akere, sich einen Tag vor der | |
Wahl zurückzog und zur Wahl Kamtos aufrief. Rechtsanwalt Akere, der für | |
Transparency International gearbeitet hat, gilt als Korruptionsbekämpfer | |
und war in intellektuellen Kreisen und im Ausland hoch angesehen. | |
Sein Rückzug kam allerdings zu spät, um seinen Namen auch aus den | |
Wahlzetteln zu streichen, und in Yaoundé wird kolportiert, dass er sich | |
nicht völlig freiwillig aus der Wahl zurückgezogen hat: Ihm soll einfach | |
das Geld ausgegangen sein. | |
9 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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