# taz.de -- Konflikt um Unabhängigkeit: Fast 80 Schüler in Kamerun entführt | |
> In Kameruns anglophonem Separatistengebiet hat es ein spektakuläres | |
> Massenkidnapping gegeben. Verantwortlich sind vermutlich Rebellen. | |
Bild: Patrouille im Südwesten des Landes – anglophone Unabhängigkeitsbefür… | |
Eine Entführung in dieser Dimension hat es in Kamerun bisher nicht gegeben. | |
Wie am Montag bekannt wurde, stürmten am Sonntag Bewaffnete die | |
weiterführende presbyterianische Schule Nkwen in der Regionalhauptstadt | |
Bamenda und entführten lokalen Medien zufolge knapp 80 Schüler sowie | |
mindestens zwei Lehrer und einen Fahrer. | |
Unter den entführten Schülern im Alter von 10 bis 14 Jahren befindet sich | |
auch der Schulleiter. Ein Teil der Schüler bereiteten sich gerade auf | |
Abschlussprüfungen vor und sie sollen mittlerweile in einem Video von | |
Separatisten aufgetaucht sein. | |
Vor zwei Jahren begannen englischsprachige Kameruner in den Provinzen | |
Nordwest und Südwest gegen die zunehmende Frankophonisierung zu | |
demonstrieren. Diese hatte sich vor allem im Bildungs- und Justizbereich | |
gezeigt. Unabhängigkeitsbefürworter riefen am 1. Oktober 2017 die „Republik | |
Ambazonien“ aus, mit einer blau-weißen Staatsflagge, und kämpfen für die | |
Sezession. | |
Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen sind knapp 27.000 Menschen | |
nach Nigeria geflohen und mehr als 246.000 innerhalb Kameruns auf der | |
Flucht. Dennoch hat die Regierung im Oktober [1][Wahlen veranstalten | |
lassen], bei denen Amtsinhaber Paul Biya (85) erneut im Amt bestätigt | |
wurde. In den Konfliktregionen fand die Wahl unter Ausnahmezustand statt. | |
## Bisher war Vorgehen nur von Boko Haram bekannt | |
Die Sprachen sind nur vordergründig der Grund für die Auseinandersetzungen. | |
Es geht um den Zugang zur Macht in der Hauptstadt Yaoundé sowie zu den | |
Ressourcen und deren Erträgen in den ökonomisch sehr wichtigen Provinzen | |
Nordwest und Südwest. | |
Die jetzt angegriffene Schule beherbergte rund 700 Schüler beider | |
Sprachgruppen. In den vergangenen Monaten hatten die Separatisten immer | |
wieder zum Schulboykott in den Unruheprovinzen aufgerufen und Lehrer und | |
Schulleiter entführt. Dieses Vorgehen war in der Region bisher [2][nur von | |
der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram bekannt], die im Norden Kameruns | |
und Nigerias aktiv ist. | |
BBC meldete am Montagnachmittag, ein Vertreter der Schule habe mit den | |
Entführern gesprochen. Diese wollen kein Lösegeld, sondern die Schließung | |
aller Schulen. „Das haben wir ihnen versprochen. Wir hoffen und beten, dass | |
die Kinder freigelassen werden“, sagte er. | |
Laut Regierung soll alles getan werden, um die Schüler zu finden. Die Armee | |
habe Checkpoints eingerichtet. Aus Bayern liegt noch keine Stellungnahme | |
vor. | |
Die separatistischen Rebellengruppen, die vermutlich verantwortlich sind, | |
üben durch die Entführung starken Druck auf die Regierung aus und | |
demonstrieren ihre Macht. Das könnte jedoch nach hinten losgehen. | |
Für die Regierung kann die Entführung erneut Anlass sein, sich nicht um | |
einen Dialog zu kümmern, sondern die Separatisten als Terroristen zu | |
brandmarken. Die Rebellen verlieren außerdem Unterstützung von anglophonen | |
Kamerunern, die bezüglich einer Spaltung unentschlossen sind. | |
5 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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