| # taz.de -- Antisemitismus im Fußball: Hasspartikel in allen Ritzen | |
| > Die Feinfühligkeit in Sachen Rassismus ist groß, auch im Fußball. Aber | |
| > was ist mit antisemitischen Tendenzen in Europas Ligen? | |
| Bild: „Only Jews and Pussies“: Fans von Partizan Belgrad machen den FC Tott… | |
| Antirassistische Slogans haben sich im Fußball fest etabliert. Sie gehören | |
| zur fixen Ikonographie von Spielen, etwa in der englischen Premier League. | |
| In der Partie von Manchester United gegen den FC Liverpool wurde dem | |
| Zuschauer am Donnerstag der gute Wille der Klubs gleich doppelt | |
| präsentiert, mit einem großen Plakat auf der noch immer zuschauerfreien | |
| Tribüne und in regelmäßigen kleinen Einspielern unter dem Ergebnisdienst. | |
| Nun kann man nicht verlangen, dass der Fußball auf tagespolitische | |
| Ereignisse reagiert. Das wäre geradezu absurd und würde dem Gedanken der | |
| idealiter manipulationsfreien Unterhaltung zuwiderlaufen, aber auffällig | |
| ist es schon, dass Kampagnen gegen Judenhass und aufdringliche | |
| Israelfeindlichkeit zwei bis drei Nummern kleiner gefahren werden – wenn | |
| sie denn überhaupt ihren Platz in der Aufmerksamkeitsökonomie finden. | |
| Derzeit [1][lässt die radikale Hamas von Gaza aus Raketen auf Israel | |
| regnen], präsentiert sich in einem Dauerkonflikt als Aggressor, und es ist | |
| nur der technologischen Überlegenheit des einzigen demokratischen Staates | |
| im Nahen Osten zu verdanken, dass es nicht Dutzende zivile Opfer gibt. | |
| Israel nimmt sein Recht auf Selbstverteidigung wahr und reagiert mit | |
| Gegenschlägen, deren Zerstörungskraft und Kompromisslosigkeit – zugegeben �… | |
| pazifistische Gemüter gleichfalls erschrecken lässt. | |
| Dieser seit Jahrzehnten schwelende und politisch scheinbar unlösbare | |
| Konflikt wirkt wie ein Brandbeschleuniger des gegenseitigen Hasses. Er hat | |
| dazu geführt, dass es in der arabischen Welt alle nur erdenklichen Formen | |
| des Antisemitismus und Antizionismus gibt; diese Hasspartikel in den Köpfen | |
| sind so zahlreich wie Sandkörner in der Wüste Sinai. Vor allem: Die | |
| Partikel sind mobil und längst nach Europa geweht, wo sie in die Ritzen der | |
| Zivilgesellschaft gedrungen sind. | |
| ## Ausnahmsweise alternativlos | |
| Es gibt nun Fußballprofis mit familiären Wurzeln im arabischen Raum, die | |
| ihre Sympathie mit dem palästinensischen Kampf gegen Israel und der | |
| antiisraelischen Boykottkampagne BDS nicht verhehlen. Das wirkt in | |
| Deutschland – um es vorsichtig zu formulieren: geschmacklos. In einem Land, | |
| in dem in der Nazizeit sechs Millionen Juden systematisch ermordet wurden, | |
| gibt es eine besondere Verantwortung den Juden und Israel gegenüber. | |
| „Der Zivilisationsbruch durch die Shoah ist beispiellos“, hat [2][Angela | |
| Merkel 2008 in einer Rede vor der Knesset] gesagt – und diese Haltung als | |
| Staatsräson zementiert. Sie hat auch gesagt: „Menschlichkeit erwächst aus | |
| der Verantwortung für die Vergangenheit.“ Das ist in diesem Fall keine | |
| wohlfeile Politikerprosa, sondern alternativlos. Alternativlosigkeit ist in | |
| den allermeisten Fällen ein Ausdruck politischer Bequemlichkeit, hier gilt | |
| sie uneingeschränkt. | |
| Daher sind all diese Beispiele verstörend, auch wenn sie sich nicht nur auf | |
| Deutschland beziehen: Wenn der Premier-League-Klub Aston Villa ein | |
| fröhliches Pessach-Fest wünscht und viel, viel mehr Dislikes als Likes | |
| bekommt. Wenn BDS-Unterstützer Roger Waters die Suspendierung israelischer | |
| Fußballklubs aus Fifa und Uefa fordert. Wenn Anhänger des niederländischen | |
| Klubs Vitesse Arnheim in Richtung der Ajax-Amsterdam-Fans [3][„Hamas, | |
| Hamas, Juden ins Gas“ grölen] und man den identischen Ruf auch auf | |
| Demonstrationen in Deutschland hören kann. | |
| Wenn die Familie des israelischen Fußballspielers Eran Zehavi (PSG | |
| Eindhoven) Opfer eines mutmaßlich antisemitischen Übergriffs wird. Wenn der | |
| jüdische Sportklub Makkabi hierzulande immer stärker in die Zange genommen | |
| wird von rechtsextremen und muslimischen Antisemiten. Laut einer | |
| [4][Umfrage von Makkabi Deutschland] sind zwei Drittel der jüdischen | |
| Fußballer Opfer antisemitischer Vorfälle geworden. | |
| Das Problem wird nicht kleiner. Im Gegenteil: Es besteht Handlungsbedarf. | |
| 14 May 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kaempfe-zwischen-Hamas-und-Israel/!5772149 | |
| [2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanz… | |
| [3] https://www.timesofisrael.com/dutch-soccer-fans-chant-hamas-jews-to-the-gas… | |
| [4] https://www.dw.com/de/antisemitismus-im-deutschen-sport/a-57295941 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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