# taz.de -- Anschlag auf Kölns OB-Kandidatin Reker: War Fremdenhass das Motiv? | |
> In Köln wurde Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker von einem | |
> mutmaßlich rechten Attentäter schwer verletzt. Die Wahl findet dennoch | |
> statt. | |
Bild: Der Tatort am Samstagvormittag: Reker warb auf einem Wochenmarkt in Köln… | |
KÖLN dpa | Einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl in Köln hat ein | |
Attentäter aus vermutlich fremdenfeindlichen Motiven die Kandidatin | |
Henriette Reker mit einem Jagdmesser niedergestochen. Der 44-jährige | |
arbeitslose Mann attackierte die auch für die Unterbringung von | |
Flüchtlingen zuständige Sozialdezernentin am Samstagmorgen an einem | |
CDU-Wahlkampfstand auf einem Wochenmarkt. | |
Die parteilose Reker wurde nach offiziellen Angaben im Halsbereich schwer | |
verletzt und musste im Krankenhaus operiert werden. „Aktuell ist sie | |
stabil, aber nicht über den Berg“, sagte der Kölner Polizeipräsident | |
Wolfgang Albers am Nachmittag. | |
Die Wahl findet trotz des Attentats wie geplant am Sonntag statt. Die | |
Wahlleiterin Gabriele Klug appellierte an die Kölner, nach dem Angriff auf | |
Reker auf jeden Fall wählen zu gehen. Alle Parteien stoppten aber den | |
Wahlkampf. | |
Das Attentat löste Sorge über zunehmende Gewalt in der Diskussion über die | |
Aufnahme von Asylbewerbern in Deutschland aus. „Dieser feige Anschlag in | |
Köln ist ein weiterer Beleg für die zunehmende Radikalisierung der | |
Flüchtlingsdebatte“, teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
mit. Er sei schon „seit langem besorgt über die hasserfüllte Sprache und | |
gewalttätigen Aktionen“. Flüchtlinge, Helfer, Ehrenamtliche und Politiker | |
würden angegriffen. | |
Am Samstagabend setzten die Spitzen der NRW-Politik ein Zeichen gegen | |
Gewalt. Vor dem Kölner Historischen Rathaus begannen Ministerpräsidentin | |
Hannelore Kraft (SPD), NRW-CDU-Chef Armin Laschet, der | |
FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner sowie Grünen-Politiker eine | |
Menschenkette zu bilden. „Wir stehen hier zusammen als Demokraten, um ein | |
Zeichen zu setzen gegen diese verabscheuungswürdige Tat“, sagte Kraft. | |
## Dramatische Szenen | |
Am Tatort kam es am Morgen zu dramatischen Szenen. Ein Beamter der | |
Bundespolizei, der in seiner Freizeit auf dem Markt war, griff laut Polizei | |
als erster ein und überwältigte den mit zwei Messern bewaffneten | |
Attentäter. Neben Reker wurden auch eine Kölner CDU-Politikerin, eine | |
FDP-Ratsfrau und zwei Bürger verletzt. Reker und eine weitere schwer | |
verletzte Frau wurden in ein Krankenhaus gebracht. | |
Der festgenommene Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit hatte nach Angaben | |
der Ermittler zwei Messer bei sich und griff Reker gezielt an. Der | |
Angreifer habe für die Tat fremdenfeindliche Motive angegeben, sagte | |
Norbert Wagner, Leiter Direktion Kriminalität. Nach der Festnahme habe er | |
allgemeine Angaben zur Flüchtlingspolitik gemacht, den Namen von Kanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) dabei nicht erwähnt. Die Polizei teilte am Abend, dass | |
der Angreifer weiter in ihrem Gewahrsam sei. Am Sonntag werde der | |
Staatsanwalt weitere Entscheidungen treffen. | |
Der Mann handelte nach ersten Erkenntnissen allein. Er werde auch auf | |
seinen psychische Gesundheit untersucht. Nach eigenen Angaben war der | |
Tatverdächtige seit längeren Jahren arbeitslos, von Beruf Maler und | |
Lackierer sowie Hartz IV-Empfänger. Zuvor sei der in Köln lebende Mann | |
polizeilich nicht ausgefallen. | |
Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn sagte: „Zum jetzigen Zeitpunkt | |
deuten die Zeugenaussagen (...) darauf hin, dass in der Tat | |
fremdenfeindliche Motive des Täters ausschlaggebend waren.“ | |
## War der Attentäter bei einer Neonazi-Gruppe aktiv? | |
Der mutmaßliche Messerstecher soll nach einem unbestätigten Medienbericht | |
in den 1990er Jahren sogar bei einer Neonazi-Gruppe aktiv gewesen sein. Der | |
aus Bonn stammende Mann soll bei der Freiheitlichen Deutschen Arbeitspartei | |
(FAP) mitgemacht haben, [1][berichtet Spiegel Online] ohne direkten Bezug | |
auf eine Quelle. Die rechtsextreme Gruppe war 1995 vom | |
Bundesinnenministerium verboten worden. Zuletzt sei der Mann mit | |
ausländerfeindlichen Kommentaren im Internet aufgefallen, berichtete | |
Spiegel Online unter Berufung auf Behörden. | |
Kanzlerin Merkel verurteilte die Tat und erkundigte sich in einem Telefonat | |
bei NRW-CDU-Chef Armin Laschet nach dem Gesundheitszustand Rekers, wie eine | |
Regierungssprecherin mitteilte. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki | |
erklärte: „Es ist erschütternd, dass eine solch sinnlose Gewalttat den | |
Wahlkampf überschattet.“ | |
Die parteilose Reker wird von CDU, Grünen und FDP unterstützt und liegt | |
laut einer jüngsten Umfrage vor ihrem SPD-Konkurrenten Jochen Ott. | |
Eigentlich sollte schon Mitte September in der viertgrößten deutschen Stadt | |
gewählt werden. Die Bezirksregierung hatte aber die Stimmzettel | |
beanstandet, das Votum wurde um fünf Wochen verschoben. | |
Dieser Artikel wurde aktualisiert um 20.18 Uhr. | |
17 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://xn--Der%20mutmaliche%20Messerstecher%20von%20Kln%20soll%20nach%20ein… | |
## TAGS | |
Köln | |
Henriette Reker | |
Henriette Reker | |
Köln | |
Köln | |
Köln | |
Köln | |
Henriette Reker | |
Köln | |
Wladimir Putin | |
Kommunalwahl | |
Kommunalwahl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Pegida-Bewegung im Visier: Schluss mit harmlos | |
Nach der Attacke auf die designierte Kölner OB Henriette Reker verschärft | |
die Politik den Ton gegenüber Asylfeinden deutlich. | |
Wahl zum Oberbürgermeister: Köln kann nicht anders | |
Pannen und Pleiten gehören schon fast zum Image dieser Stadt. Viele | |
nervt's. Was ist los mit Köln? Ist der Unmut ihrer Bürger verpufft? | |
Porträt Kölns OB Henriette Reker: Gegen den Klüngel der Amtsstuben | |
Mit viel Rückhalt ging Henriette Reker ins Rennen um das | |
Oberbürgermeisteramt in Köln. Die ehemalige Sozialdezernentin gewann | |
souverän. | |
OB-Wahl in Köln: Reker mit absoluter Mehrheit | |
Die neue Kölner Oberbürgermeisterin wird Henriette Reker. Die parteilose | |
Kandidatin konnte die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen. | |
Nach dem Attentat in Köln: Messerstecher mit braunen Wurzeln | |
Ein Mann aus dem Neonazi-Milieu stach auf Henriette Reker ein. Der Vorfall | |
offenbare die „Radikalisierung“ der Asyldebatte. | |
Nach Anschlag auf Kölner OB-Kandidatin: Attentäter voll schuldfähig | |
Der 44-Jährige, der Henriette Reker attackierte, kann nicht mit mildernden | |
Umständen rechnen. Gutachter bescheinigen seine Schuldfähigkeit. | |
Kommentar Attentat auf Henriette Reker: Einer hat zugestochen | |
Das Messer geführt haben viele. Der Mordversuch auf die parteilose Kölner | |
OB-Kandidatin Henriette Reker sollte ein Fanal sein. | |
Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
Bei Pegida wird es eng im Genpool, Österreich scheitert beim Hitler-Tausch | |
und mit dem Wiedervereinigen ist mal Schluss. | |
Kommunalwahl in NRW: Niederlagen für die SPD | |
Die SPD verliert ihre Hochburgen Oberhausen und Bonn. Die Wahl von | |
Oberbürgermeistern und Landräten in Nordrhein-Westfalen barg einige | |
Überraschungen. | |
Kommunalwahl in NRW: Altpunk will Bürgermeister werden | |
Wer ist Großstadtpartei? Die SPD kämpft im Ruhrgebiet mit redegewandten | |
Neulingen um Bürgermeisterämter – und verabschiedet die alte Garde. |