# taz.de -- Aktivistin über Leben im Dannenröder Wald: „Ohne Wasser hilft u… | |
> Rund 100 BesetzerInnen blockieren den Autobahnbau in Nordhessen. Bald | |
> soll geräumt werden. Bewohnerin Joschik macht das Angst. | |
Bild: Waldbewohnerin Joschik aus dem Dannenröder Wald | |
Warum besetzt Ihr den Dannenröder Wald? | |
Joschik: Er ist ein gesunder Buchen-Eichen-Mischwald mit Bäumen, die | |
teilweise sogar älter als 300 Jahre alt sind. Weil er so groß ist, macht | |
der Wald sein eigenes Klima, 18 bis 20 Grad kühl. Es ist auch ein | |
Trinkwasserschutzgebiet, das eine halbe Million Menschen mit Wasser | |
versorgt. [1][Einmal quer durch soll jetzt eine Autobahn gebaut werden.] | |
Genau auf dieser Strecke befinden sich die Baumhausdörfer. Nur da. Um | |
unseren Einfluss auf den Wald so gering wie möglich zu halten und uns | |
darauf zu konzentrieren, was der politische Grund für unsere Anwesenheit | |
hier ist. | |
Was hat dich dazu bewegt, dich der Besetzung gegen die A 49 anzuschließen? | |
[2][Der Wald ist seit Ende September letzten Jahres besetzt.] Ich habe | |
schon vor längerer Zeit von dem Projekt erfahren und diesen Sommer | |
überlegt, mal für eine Woche herzukommen. Als ich hier war, hab ich mich in | |
den Wald verliebt. Weil er so schön ist. So lebendig, so grün. Ich dachte, | |
es kann nicht angehen, dass in Zeiten von Dürrejahren, Klimakrise, überall | |
auf der Welt brennen Wälder – dass jetzt hier ein Wald zerstört werden | |
soll, der gesund und Wasserschutzgebiet ist. | |
Was für Menschen leben hier mit dir? | |
Seitdem ich hier bin, ist die Besetzung sehr gewachsen. Inzwischen gibt es | |
sechs Dörfer, in denen etwa 100 Menschen leben. Die Menschen haben | |
unterschiedliche Hintergründe. Zum Beispiel Fridays for Future. Dadurch, | |
dass es FFF gibt, ist eine sehr junge Generation schon sehr politisiert. | |
Einige haben ihre Sommerferien hier verbracht. | |
Was geht in dir vor, wenn du an eine Räumung denkst, die schon in einigen | |
Wochen starten könnte? | |
Es macht mir Angst. Zu denken, dass dann so viele Menschen kommen, die | |
bereit sind, Gewalt auszuüben. Gewalt an der Natur, Gewalt an uns. | |
Gleichzeitig habe ich eine große Hoffnung, dass wir ein Zeichen setzen | |
können. Dass es ein Skandal wird für die schwarz-grüne Landesregierung. | |
Wenn ich daran denke, dass wir hier geräumt werden … Dann spüre ich auch | |
Trauer. Weniger meinetwegen, sondern wegen dem, was mit diesem Wald | |
passieren wird. Aber egal, was passiert: Wir machen weiter. Wir sind | |
unaufhaltsam. | |
Bereitet ihr euch vor? | |
Ja, auf allen Ebenen. Wir gehen an die Öffentlichkeit. Wir informieren über | |
das Thema. Wir bauen auch Plattformen, wir bauen Strukturen auf, um uns | |
gegenseitig zu unterstützen. Es ist wichtig, dass niemand allein gelassen | |
wird. Psychisch, rechtlich, wo du danach hingehst. Aktuell kommt die | |
Polizei schon regelmäßig in den Wald, aber nicht in die Dörfer. Gerade | |
haben wir uns hier mit Menschen getroffen, unter anderem von Ende Gelände, | |
Campact und Fridays for Future – ich denke, ab September können wir darauf | |
zählen, dass wir Unterstützung bekommen mit unterschiedlichen Aktionen. Ich | |
weiß, es ist viel in Planung. | |
Wie ist das Verhältnis zu den Leuten aus der Gegend? | |
Wir bekommen so viel Unterstützung. Ich bin beeindruckt von diesen | |
Menschen, die teilweise seit 40 Jahren gegen dieses absurde Projekt | |
kämpfen. Wenn es Sturm gibt, kriege ich Nachrichten, „Hey, geht es euch | |
gut?“ Teilweise sind wir auch auf sie angewiesen. Sie bringen uns Wasser in | |
den Wald. Mit Essen können wir uns ganz gut selber versorgen, indem wir | |
Lebensmittel retten, zum Beispiel aus Supermarkt-Tonnen. Wir haben die | |
Erlaubnis, dass das in Ordnung ist. Teilweise haben wir auch Vereinbarungen | |
mit Bauern, dass wir Kartoffeln ernten dürfen, die sonst übrig geblieben | |
wären. | |
Aber es gibt auch Menschen hier, die die Autobahn wollen. | |
Die Bevölkerung wird systematisch mit Scheinlösungen und Fehlinformationen | |
gefüttert. Bei Anfragen kann niemand versprechen, dass es zu einer | |
Entlastung für die Bürger:innen an der Bundesstraße kommen wird. | |
Erfahrungen aus ähnlichen Projekten haben gezeigt, dass es sogar zu mehr | |
Verkehr kommt. | |
Der Wald ist groß: Was ist das Problem, ihn zu teilen? | |
Es zerstört ein Ökosystem. Der Wald, das sind Verbindungen zwischen den | |
Pflanzen, den Bäumen, den Tieren – es ist ein System, das wir als Menschen | |
gar nicht verstehen. Aus einer kühlen Atmosphäre und Ruhe wird Lärm und 40 | |
Grad heißer Asphalt. Schon jetzt sterben die Bäume am Waldrand. Und die | |
Rehe, die Wildschweine, die Vögel, die in bestimmten Bäumen ihre Nester | |
bauen. All die Lebewesen – in einer Eiche wohnen bis zu 500 Arten. | |
Was fühlst du, wenn du an die Welt denkst, wenn du 50 bist? | |
Aus meiner Sicht stehen wir an einer Kreuzung. Gerade haben wir es noch in | |
der Hand: Wollen wir eine Zukunft, in der wir gut leben können? Oder rennen | |
wir einfach ins Desaster? Mit der Natur lässt sich nicht verhandeln. Wenn | |
wir jetzt anfangen, unsere Zukunft zu gestalten: Dann sehe ich die | |
Möglichkeit für eine bessere Welt. | |
Wie könnte das gehen? | |
In kleinen Schritten. Wir müssen entscheiden, was wir brauchen. Und dazu | |
gehört auf jeden Fall sauberes Trinkwasser. Ohne Wasser kommen wir nicht | |
weit. Da hilft auch keine Autobahn. Wenn ich sehe, wie in Indien ganze | |
Millionenstädte kein Wasser mehr haben. Wie die Menschen verzweifeln und | |
Angst kriegen. Dann ist es mehr als arrogant, hier ein solches Vorkommen in | |
Gefahr zu bringen. Mein aktuelles Ziel ist ein sehr hochgestecktes: Ich | |
will diesen Wald retten. | |
21 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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