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# taz.de -- AfD-Programm zur Wahl in Bremen: Wahnhafte Fantasien
> Das AfD-Programm zur Bremer Bürgerschaftswahl zeichnet ein sehr düsteres
> Bild der Gegenwart und dreht sich dabei meist um MigrantInnen.
Bild: Hat sein Wahlkreisbüro ausgerechnet in Walle: Bremens AfD-Spitzenkandida…
Bremen taz | Bremen ist nahezu unbewohnbar, das Bildungssystem zu Grunde
gerichtet, die Polizei hat aufgegeben, weil die Justiz längst eingeknickt
ist vor den Clans und Drogendealern und dem links-grünen Kuschelkurs, die
Mieten sind unbezahlbar, städtisches Wohneigentum wird massenhaft
verscherbelt und was übrig bleibt, wird von illegal eingewanderten
MigrantInnen besetzt, die gemeinsam mit anderen Nicht-Biodeutschen eine
Straftat nach der anderen begehen. Aber dann, ganz kurz bevor die Stadt und
das gesamte Bundesland in Flammen aufgeht, naht die Rettung – in Form der
AfD.
Nein, das ist keine Zusammenfassung eines schlechten Low-Budget-Thrillers
von Filmemachern mit Reichsbürger-Hintergrund, sondern das aufs Wesentliche
eingedampfte, teilweise wörtlich zitierte [1][Bürgerschafts-Wahlprogramm
der AfD]. Und das könnte sogar alles recht lustig sein, läge sie in den
aktuellen Umfragen nicht noch immer bei sieben Prozent.
Dreh- und Angelpunkte des 27-seitigen Programms sind MigrantInnen – wobei
die AfD damit auch Deutsche mit Migrationshintergrund meint – sowie die
unerträgliche Gegenwart. Denn, was früher war, das ist für die AfD wahr und
richtig: Atomkraftwerke, Verbrennungsmotoren, das dreigliedrige
Schulsystem, Leistungsbereitschaft und Disziplin, Diplom- und
Magisterstudiengänge, Führungspositionen für Männer und freie Fahrt für
freie Bürger – früher war einfach alles besser.
Bremen, so schreibt es die AfD in ihrem Programm, sei „auf allen
Politikfeldern von jeder positiven Entwicklung abgehängt“, im Gegenzug aber
„Spitzenreiter bei sozialistischen Experimenten“ und geprägt durch
„ideologiebetriebene Gleichmacherei“. Auf welchen ideologiefreien
Erkenntnissen hingegen die AfD-Aussage, „positive Entwicklungen der Kinder“
würden durch Inklusion „deutlich erschwert“, beruht, verrät das
Wahlprogramm nicht. Auch den Satz „Die Gendertheorien haben sich als
unwissenschaftlich erwiesen“ erklärt die AfD nicht, lehnt aber „eine
weitere staatliche Finanzierung“ selbiger ab – auch wenn unklar bleibt, was
das überhaupt sein soll, so eine staatliche Finanzierung von Theorien.
„Die AfD ist gegen jede Form von Extremismus“, behauptet die Partei, und
deswegen, so steht es auf Seite zehn des Programms, sei es „unverzichtbar,
jegliche Form von Extremismus zu ächten“ – wobei es für die AfD offenbar
nur eine Form des politischen Extremismus gibt, der anscheinend sogar
bezahlt wird. Anders lässt sich der folgende Satz jedenfalls nicht
erklären: „Jede Finanzierung von linksextremistischen Aktivitäten ist zu
unterbinden.“
Gefordert wird „Mut zur Wahrheit“ in der Kriminalstatistik. Dazu gehört f�…
die AfD, Menschen in rassistische Sippenhaft zu nehmen: Denn es genügt ihr
nicht, dass die Kriminalstatistik AusländerInnen erfasst, sie fordert, auch
einen „Migrationshintergrund zu erfassen und entsprechend auszuweisen“. Von
der Polizei fordert sie „verdachtsunabhängige Kontrollen zur Bekämpfung von
Ausländerkriminalität“, von der Justiz ein Ende der vermeintlichen „Urtei…
mit Herkunfts- oder Religionsrabatt“.
Sie fordert ein Ende der doppelten Staatsbürgerschaft und eine Rückkehr zum
„Abstammungsprinzip“, und was sie von Muslimen hält, steht dick und
deutlich auf Seite 14 ihres Wahlprogramms: „Der Islam gehört nicht zu
Bremen!“
Die AfD beklagt die ihrer Wahrnehmung nach „völlig fehlende Sicherung der
EU-Außengrenzen“, schiebt die Wohnungsnot in Bremen auf „ungezügelte
Masseneinwanderung“ und betrachtet die ansteigende Mieten als „Folge einer
verfehlten Finanzpolitik und des Zuzugs tausender illegaler Migranten“.
## In Walle wehrt sich das Bündnis „Walle bleibt bunt“
Dass Bremens AfD-Spitzenkandidat Frank Magnitz ausgerechnet im Stadtteil
Walle ein Wahlkreisbüro eingerichtet hat, ist möglicherweise diesen
wahnhaften Fantasien geschuldet – schließlich leben in Walle viele
„Ausländer“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“. Bloß nehmen die
niemandem die Wohnungen weg und sie treiben auch die Mieten nicht in Höhe:
Noch ist der Wohnungsmarkt in Walle nicht leergefegt, und dass auch dort
die Mieten steigen, liegt eher an der ungezügelten Einwanderung von
StudentInnen, denen das Viertel und die Neustadt zu teuer geworden sind.
Und auf die Rettung durch die AfD hat dort niemand gewartet.
Im Gegenteil: Gegen den Zuzug von Frank Magnitz formierte sich das Bündnis
„Kein AfD-Büro nirgendwo – Walle bleibt bunt“ und stemmte sich mit
Kundgebungen und Unterschriftenaktionen und breiter Unterstützung im
Stadtteil gegen die Ansiedlung des AfD-Büros in Walle – und nun hat es sich
das Wahlprogramm vorgenommen: mit einem plattdeutschen Remake des
bayrischen Anti-AfD-Songs „Mia ned“.
„Wi nich!“, singt Lars Köster, Sänger der Band Knipp Gumbo, gemeinsam mit
AktivistInnen des Bündnisses „Walle bleibt bunt“ und fasst schmissig,
humorvoll und aufs Wesentliche reduziert die Aussagen des AfD-Programms zur
Bürgerschaftswahl zusammen. Singend und tanzend appellieren die
Mitwirkenden im [2][Youtube-Video zum Song] an alle Unentschlossenen, nicht
die AfD zu wählen: „AfD in der Bürgerschaft, das ist nicht mehr normal!“
Und damit’s auch von jenen verstanden wird, die des Plattdeutschen nicht
mächtig sind, ist das Aufklärungsvideo hochdeutsch untertitelt.
23 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.afd-bremen.de/wp-content/uploads/2019/03/wahlprogramm-2019-a4.p…
[2] https://www.youtube.com/watch?v=AeASfNhttF8
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
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