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# taz.de -- Abschiebung ausgesetzt: Flüchtling darf vorerst bleiben
> Der aus Pakistan stammende Asylbewerber Usman Manir darf vorläufig nicht
> abgeschoben werden. Das hat das zuständige Verwaltungsgericht
> entschieden.
Bild: Überfüllt: Die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Eisenhüttenstad…
Der Asylbewerber Usman Manir darf vorläufig in Deutschland bleiben. Das
Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat am Mittwoch beschlossen, dass der
27-jährige Pakistaner nicht abgeschoben werden darf, bevor im
Hauptsacheverfahren über seine Klage gegen die Abschiebung entschieden ist.
Dieses Verfahren wird sich aller Voraussicht nach über Monate hinziehen.
Manir sollte eigentlich am Donnerstag abgeschoben werden. Es war bereits
der dritte Versuch. Ende Juni hatte ein [1][Fluggast die Abschiebung
verhindert], indem er im Flugzeug aufstand. [2][Auch ein zweiter Termin
platzte kurzfristig]. Manir soll nach Ungarn abgeschoben werden, weil nach
der sogenannten Dublin-II-Verordnung das EU-Land für das Asylverfahren
zuständig ist, in das der Asylsuchende zuerst einreist.
Manir war 2012 aus seinem Heimatland geflohen und hatte in Ungarn Asyl
beantragt. Nach eigener Auskunft wurde er dort im Asylbewerberheim
angegriffen und geschlagen. Er berichtet von regelmäßigen Angstattacken und
befürchtet, dass er sich umbringen würde, sollte er nach Ungarn abgeschoben
werden.
Das Gericht argumentiert nun mit Verweis auf die Europäische
Grundrechtscharta, dass ein Asylbewerber nicht in den eigentlich
zuständigen Mitgliedsstaat abgeschoben werden darf, wenn dort
„systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für
Asylbewerber bestehen". Es dürfe nicht sein, dass der Antragsteller
„tatsächlich Gefahr läuft, in diesem Mitgliedsstaat einer unmenschlichen
oder erniedrigen Behandlung" ausgesetzt zu werden.
Genau diese Gefahr aber sieht das Gericht im Falle Ungarns. In dem
Beschluss, der der taz vorliegt, heißt es: „Das Gericht ist überzeugt
davon, dass - zumindest derzeit - ein rechtstaatliches Asylverfahren in
Ungarn nicht gewährleistet ist." Diese Ansicht vertreten auch andere
Verwaltungsgerichte. Es gibt allerdings andere, die Abschiebungen nach
Ungarn in jüngerer Zeit als rechtmäßig einstuften.
Für Manirs Anwältin Berenice Böhlo ist es ein Skandal, dass die Abschiebung
überhaupt erneut angesetzt wurde. Denn das Verwaltungsgericht Frankfurt
habe dies ausdrücklich untersagt. Es habe im nun entschiedenen
Rechtsschutzverfahren dem Bundesamt aufgegeben, auf die „Bundespolizei
einzuwirken, dass eine Abschiebung des Antragstellers bis zu einer
Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
unterbleibt“. Böhlo spricht von einer „krassen Missachtung des Gerichts".
Manir war vor einer Woche [3][geschwächt von seinem Hungerstreik] ins
Krankenhaus eingeliefert worden. Inzwischen isst er wieder. Am Mittwoch
wurde er vom Krankenhaus zunächst wieder in die Abschiebehaft gebracht. Ein
Amtsarzt hatte knapp bescheinigt, dass Manir zwar „weinerlich“ sei, aber
„unverändert haft-, reise- und flugfähig“.
Inzwischen ist Manir wieder in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in
Eisenhüttenstadt untergebracht. Wie lange er dort bleiben wird, sei unklar,
sagte eine Sprecherin des Brandenburger Innenministeriums am Mittwochabend
der taz. Eigentlich sollen die Flüchtlinge nur drei Monate dort bleiben,
bevor sie auf die Heime in den Kommunen verteilt werden. Das klappt aber
nicht wie gewollt. Deswegen ist die Unterkunft in Eisenhüttenstadt mit
momentan 700 Bewohnern deutlich überfüllt.
24 Jul 2013
## LINKS
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## AUTOREN
Sebastian Erb
## TAGS
Eisenhüttenstadt
Flüchtlinge
Asyl
Abschiebung
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