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# taz.de -- Abriegelung während Coronaquarantäne: Bewohner fordern Schmerzens…
> Während der Coronapandemie wurde ein Wohnblock in Göttingen rechtswidrig
> abgeriegelt. Nun verlangen 78 Familien Entschädigung von der Stadt.
Bild: Umzäunt und von der Polizei bewacht: Eine Woche lang waren die rund 700 …
Göttingen taz | 223 Bewohner eines Hochhauskomplexes verklagen die
Stadtverwaltung Göttingen vor dem Landgericht wegen Freiheitsentziehung und
Verletzung des Persönlichkeitsrechts auf Schmerzensgeld. Während der
Coronapandemie hatte diese das Wohnhaus mehrtägig komplett absperren und
umzäunen lassen. Schon im November hatte das Göttinger Verwaltungsgericht
(VG) [1][dieses Vorgehen für rechtswidrig erklärt]. Nun wollen die
Betroffenen entschädigt werden.
Die Betroffenen aus 78 Familien begehren eine Summe von insgesamt mehr als
880.000 Euro, wie der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam mitteilt. Er hatte
zuvor das VG-Urteil erstritten, das bundesweit Aufsehen erregt hatte.
„Die betroffenen Familien haben wegen der offensichtlich rechtswidrigen
Freiheitsentziehung und der tiefgreifenden Persönlichkeitsrechtsverletzung
einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Stadt Göttingen aus dem
sogenannten Amtshaftungsanspruch“, begründet Anwalt Adam die neuerliche
Klage.
Bei der Höhe ihrer Forderung berufen sich die Kläger auf die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu rechtswidrigen Freiheitsentziehungen,
demnach seien mindestens 50 Euro je Person und Stunde der
Freiheitsentziehung angemessen.
## 700 Menschen unter prekären Bedingungen
Im Dezember hatte Adam die Stadt zunächst außergerichtlich aufgefordert,
das Schmerzensgeld zu zahlen oder in außergerichtliche
Vergleichsverhandlungen einzutreten. Hierauf habe die Kommune aber nicht
reagiert, so dass die Klagen wegen drohender Verjährung bis zum 31.
Dezember erhoben werden mussten.
Dass der Anspruch der ohnehin marginalisierten Menschen nicht bereits
außergerichtlich befriedigt worden sei und die Familien in die Klagen
gezwungen würden, sei eine „finanzpolitische Taktiererei“, ärgert sich
Adam.
Der Wohnkomplex gilt als Problemimmobilie und sozialer Brennpunkt. Rund 700
Menschen, darunter 200 Kinder und Jugendliche, leben dort unter prekären
Bedingungen. Für die meisten der nur 19 bis 39 Quadratmeter kleinen
Appartements zahlt die Stadt Göttingen die Miete, weil die Bewohner auf
Transferleistungen angewiesen sind.
## Klagen über schlechte Versorgung
Nachdem sich im Juni 2020 zwei Frauen mit dem Coronavirus infiziert hatten,
ordnete die Stadt Tests für alle Bewohner an, 120 Menschen wurden positiv
getestet. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, [2][stellte die Stadt
den Komplex unter Quarantäne, eine Woche lang blieben die Bewohner quasi
eingesperrt].
Die Eingänge zum Grundstück wurden abgesperrt und mit Toren verschlossen.
Lieferwagen brachten Lebensmittel und Hygieneartikel, das Rote Kreuz und
die Johanniter betrieben auf dem Gelände eine mobile Sanitätsstation. Aus
Sicht vieler Bewohner funktionierte die Versorgung schlecht, es gab Klagen
über zu wenig Essen.
„Was uns von der Stadt gegeben wird, sind ein paar Äpfel und abgelaufene
Chips“, sagte damals eine Frau. Der evangelische Pfarrer und damalige
Grünen-Ratsherr Thomas Harms sprach von einem „verschärften Arrest“ für …
Personen und stellte die Frage, ob eine solche Maßnahme wohl auch in den
besseren Wohnvierteln der Stadt angeordnet worden wäre.
7 Jan 2024
## LINKS
[1] /Corona-Quarantaene-in-Goettingen/!5975142
[2] /Ausschreitungen-wegen-Corona-Quarantaene/!5690924
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Göttingen
Schwerpunkt Coronavirus
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