# taz.de -- 40 Jahre Fernsehserie „Monaco Franze“: Und ewig lockt der Stenz | |
> Bis heute hält sich die Faszination für die Kultserie „Monaco Franze“. | |
> Wie kommt das? Drei Geschichten zum Jubiläum. | |
Bild: „Immer des Gschiss mit der Elli“ | |
## Das Lächeln der Vorstädter | |
Volkszählung, Atomkrieg, Aids – das Jahr 1983 war jetzt nicht unbedingt | |
eines, das auf einen wie den „Monaco“ gewartet hätte. Oder eben gerade | |
doch? Ich jedenfalls kann mich erinnern, wie die Serie von der ersten Folge | |
an uns als fünfköpfige Familie vor dem Fernseher im Wohnzimmer versammelte. | |
Sogar mein Vater, der doch sonst bei jedem „Schmarrn“, der „scho’ wiede… | |
im TV lief, immer nur kurz hereinblitzte, fläzte sich plötzlich auf den | |
Flokatiteppich. | |
Was uns da faszinierte? Nicht unwichtig war, dass „Monaco Franze – der | |
ewige Stenz“ im überregionalen Fernsehen lief, wir die Schauplätze aber aus | |
alltäglicher Erfahrung kannten. | |
War mir vorher – ich wurde 15 in dem Jahr –, gar nicht bewusst gewesen, in | |
welcher Stadt ich eigentlich genau lebte, so zeigten Regisseur Helmut Dietl | |
und Hauptdarsteller Helmut Fischer, dass es etwas ganz Besonderes war, in | |
München, ja sogar in Schwabing aufzuwachsen. Und ich fürchte, von diesem | |
Selbstvertrauen, das manche dann schon auch mal Arroganz nannten, bin ich | |
nie mehr ganz runtergekommen. Dazu kam, dass meine besten Schulfreunde und | |
ich aus der erstaunlich hässlichen Peripherie dieses Schwabings kamen, aber | |
direkt am Eingangsbereich zum Mythos, an der Münchner Freiheit in die | |
Schule gingen, auf ein Gymnasium, wo die reichen Sprösslinge der von | |
Soettingens unsere Klassenkameraden waren. Obwohl er in der Serie 50 wird, | |
war der ewige Strizzi Monaco eine Identifikationsfigur, mit dessen „Ich | |
scheiß auf alles Lächeln“ um die Lippen wir Vorstädter einlaufen konnten. | |
Man muss das nicht überstrapazieren, aber ein bisschen münchnerischer Punk | |
war schon drin in dieser Haltung, dass jedenfalls ein bisschen was immer | |
geht, auch bei den arrogantesten Grazien aus den Jugendstilpalästen in der | |
Agnesstraße. | |
Und auch diese ewige Monaco-Rückfrage – dieses „Wie meinst’ jetzt des, | |
Spatzl?“–, mit der man erst mal Zeit gewinnt, um die richtige Antwort zu | |
finden und sich weder zu verraten noch zu blamieren, hat geholfen, sich im | |
Milieu der Reichen zu behaupten. | |
Insofern und mit einer fast schon ausgestorbenen Münchener Redensart: Merci | |
dir, Monaco! Ambros Waibel | |
## Die Liebe zu München entdeckt | |
Die 80er habe ich nicht erlebt, München zum ersten Mal als Jugendliche | |
besucht. Ich bin in Unterfranken aufgewachsen, und habe es gehasst. Meine | |
Familie und ich kommen aus dem Osten – nicht Deutschlands, sondern Europas. | |
Insofern war und ist mir die Welt, in der der Monaco da lebte, absolut | |
fremd. | |
Nach der Schule wollte ich schnell weg aus meiner Stadt, weg aus dem | |
CSU-Sumpf, also ging ich nach Berlin. Wie es eben so ist, mit dem Alter | |
wird man klüger, mein plumper Bayernhass kam mir jugendlich-albern vor und | |
ich wurde von der Liebe überrascht, die mich mit einem Münchner | |
zusammenbrachte. Von nun an musste ich ab und an nach Bayern zurück, und | |
nach München, mir blieb gar nichts anderes übrig. | |
Ohne die Vorbereitung durch den Monaco hätt ich’s wahrscheinlich schwerer | |
gehabt bei all meinen Münchenbesuchen bei den Schwiegereltern. Als ich den | |
Franze, sein Grinsen, seine Sprüche damals auf Netflix entdeckte, wo die | |
Serie bis heute gestreamt werden kann, eröffnete sich mir ein neuer Blick | |
auf diese von mir bis dato verhasste Stadt München, die für mich lange Zeit | |
der Inbegriff des spießigen und provinziellen Bayerns war. | |
Monaco, sein Spatzl, die ganze Welt um ihn herum, die Regisseur Helmut | |
Dietl da geschaffen hat, wurde zum Ausgangspunkt meiner Reise in andere | |
Münchner TV-Welten. Ich schaute „Kir Royal“ und entdeckte, dass das | |
gleichnamige Getränk absolut lecker schmeckt, nur leider fast nirgends in | |
Berlin auf der Karte steht, schaute „Der ganz normale Wahnsinn“, „Münchn… | |
Geschichten“ und „Die Hausmeisterin“. Mittlerweile stehen in meinem | |
Bücherregal die Originaldrehbücher und Dialoge der „Münchner Geschichten�… | |
von „Monaco Franze“ und „Kir Royal“, [1][die 2020 als Werkausgabe | |
erschienen sind]. Mein Freund hat sie mir geschenkt – dazu Postkarten mit | |
Monaco-Zitaten drauf. Die Liebe ist mittlerweile wahnsinnig groß, Sie | |
merken’s schon. | |
Die Liebe zu einem Münchner wäre um einiges schwerer mit all dem | |
Münchenhass im Gepäck. Schwein gehabt, dass es den Monaco gibt. Erica | |
Zingher | |
## Auf Schritt und Tritt begleitet | |
Als Herr der sieben Meere hat sich seinerzeit der Monaco auf den Weg in den | |
Münchner Fasching begeben. Von dem heißt es ja heute, dass es ihn gar nicht | |
mehr gibt. Aber auch damals war er gar nicht so einfach zu finden. Im | |
Donnersberger Hof jedenfalls fanden keine Bälle mehr statt. Ein trauriger | |
Imbiss war daraus geworden, kein Ort, an dem es die Chance gegeben hätte, | |
die Lilly zu finden, jene frühe Liebe des Monaco, nach der er in der | |
Faschingsnacht zu fahnden beginnt. Er findet sie und sich selbst dann bald | |
mit ihrem Kind auf dem Arm in einer Neubauwohnung am Stadtrand, die nicht | |
viel größer war als eine Schuhschachtel. Oh je, die Lilly. | |
Sie lebt weiter. Mitten in der Stadt ist ihr eine Hotelbar gewidmet. Sie | |
liegt nicht weit vom Hauptbahnhof, von den klassizistischen Tempeln am | |
Königsplatz entfernt und schräg gegenüber vom Löwenbräukeller. „Ruby | |
Lilly“ heißt das Ding, [2][das sich selbst als Designhotel bezeichnet]. Es | |
gibt gewiss Leute, die das schön finden. „Dabei begleitet uns auf Schritt | |
und Tritt der unverwechselbare Monaco Franze“, heißt es auf der Website des | |
Hotels. Na, servus! Lilly heißt der Laden wegen der Lilly vom Monaco, | |
lernen die Gäste. Die Lilly in so einem Laden? Geh weiter! Immerhin kann | |
man einen Aperol Spritz schon für 7,50 Euro bekommen, jenes orange Getränk, | |
das für ein Grundnahrungsmittel der Münchner halten muss, wer sommers durch | |
die Stadt schlendert. | |
Wer das tut, lässt die Dauerbaustelle an der Innenstadtautobahn namens | |
Sonnenstraße meist außen vor und kommt nicht am Gebäude mit der Hausnummer | |
20 vorbei. Darin hatte der Monaco sein Büro als Privatdetektiv. | |
„Ermittlungen und Beobachtungen aller Art“ stand auf dem Messingschild, das | |
er in der Serie da angebracht hat. Gerade wird das Haus saniert und | |
[3][unter dem Namen „Franz“ als Businessgebäude vermarktet], in dem es auch | |
ein paar teure Wohnungen geben wird. „Raum für Persönlichkeiten“ heißt d… | |
in der typisch münchnerischen Immobilienprosa. So lebt der Monaco also | |
weiter. Sie schämen sich für gar nichts in der Stadt. Andreas Rüttenauer | |
22 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Helmut-Dietl-als-Werkausgabe/!5650455 | |
[2] https://www.ruby-hotels.com/hotels-destinations/muenchen/ruby-lilly | |
[3] https://franz-muenchen.com/die-buroflachen-desktop/ | |
## AUTOREN | |
Erica Zingher | |
Ambros Waibel | |
Andreas Rüttenauer | |
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