| # taz.de -- 15-jährige Rapperin Zah1de: Von Tiktok in die Uber Eats Music Hall | |
| > Nur 7 Songs und schon ein Bambi: Zah1de ist wohl Deutschlands größte | |
| > Newcomerin. Ihr Hype reicht bis nach Dubai, doch an ihrem Management | |
| > wächst die Kritik. | |
| Bild: Zahide Kayaci und ihr Manager Serdar Bogatekin bei den Youtube Music Awar… | |
| „Yallah, komm schmeiß mir ’n Bambi“ hat sie gerappt, und zack – wurde … | |
| Mitte November das goldene Rehkitz verliehen. Zahide Kayaci ist vielen noch | |
| unbekannt, dabei ist sie die wichtigste Newcomerin des Internets. Mit dem | |
| Preis ist sie „Shootingstar des Jahres“ und damit die jüngste | |
| Solo-Preisträgerin der Bambi-Geschichte – mit gerade einmal sieben | |
| veröffentlichten Songs. | |
| Was über Zahide Kayaci, Künstlerinnenname „Zah1de“, bekannt ist: Sie ist | |
| „14 Jahre, lange Haare, miese Zahlen, todesfame“. Das singt die Kreuzberger | |
| Rapperin über sich. Und sie hat recht: 8,5 Millionen Follower und 585 | |
| Millionen Likes hat die inzwischen 15-Jährige auf Tiktok. Sie ist damit | |
| eine der meistgefolgten Tiktoker*innen in Deutschland. | |
| Ihre [1][Show in der Uber Eats Music Hall] im Januar 2026 war innerhalb von | |
| Minuten ausverkauft, zu Fantreffen [2][im Influencer:innen-Hotspot Dubai] | |
| kommen Hunderte junge Menschen. Um sie gibt es einen regelrechten Hype: | |
| Ihre Fans haben den Zahedismus ausgerufen, eine neue „Religion“ für ihre | |
| Göttin. „Zahide ist am Kreuz für uns gestorben“, schreiben sie in den | |
| sozialen Medien, „Zamen“ oder „Allzahideullah“. | |
| Wie es dazu kam: „Ich wollt’ nur n bisschen tanzen und dann wurde ich zum | |
| Star“, singt Zah1de in „Ballert auf Lautlos“. Kayaci ist Teil der | |
| Tanzschule Lunatix in Berlin, die durch Tiktok bekannt wurde. Zunächst | |
| erlangte die Kreuzbergerin Reichweite durch Tanzvideos und Lipsynch-Videos. | |
| Dadurch wurde das Musiklabel Universal Music auf sie aufmerksam. Wie genau, | |
| darauf antwortete das Label auf taz-Anfrage nicht. Ende 2024 unterschrieb | |
| sie dort einen Vertrag. Seitdem veröffentlichte sie Songs, die zuverlässig | |
| Streams in mehrstelliger Millionenhöhe erreichen – auf Spotify hat sie 1,8 | |
| Millionen monatliche Hörer*innen. | |
| ## Weltweit bekannt | |
| „Es hat angefangen wie bei vielen anderen Creatorn: Sie waren eine Gruppe | |
| von Leuten in der Tanzschule, die Trends nachgemacht und erfunden haben“, | |
| erklärt Dimi Adams Kayacis Erfolgsgeschichte der taz. Er ist Content | |
| Creator und analysiert auf Tiktok popkulturelle Phänomene. „Plötzlich ist | |
| der Erfolg eingeschlagen wie eine Bombe, ohne dass sie es geplant haben. | |
| Alle auf der Welt haben das nachgetanzt.“ | |
| Der Grund: Die jugendlichen User:innen auf Tiktok konnten sich mit den | |
| Lunatix-Tänzer:innen identifizieren und haben in ihnen eine Gruppe gesehen, | |
| die sie auch gerne hätten, so Adams. Zu der Gruppe gehörten jugendliche | |
| Tänzerinnen, minder- und volljährig, wie Chiara Calisto und Samro Sauvage. | |
| Auch diese wurden über Nacht bekannt. Calisto hat heute rund 5,6 Millionen | |
| Follower auf Tiktok, Sauvage 3,8 Millionen. Das Erfolgsrezept: Die Videos | |
| der Lunatix-Tänzer:innen sind perfekt auf den Social-Media-Algorithmus | |
| ausgelegt: Sie sind meist nur wenige Sekunden lang und greifen virale Songs | |
| und Tanzschritte auf. | |
| Dinge aus der Social-Media-Welt aufzugreifen und sie für die eigenen | |
| Inhalte zu nutzen, ist ein wichtiger Teil von Kayacis bisherigem Erfolg in | |
| der Musikbranche. In ihrem allerersten Song etwa, „Tiktok Sportlich“, | |
| beschäftigte sie sich mit dem Streit mit anderen Lunatix-Tänzer*innen – | |
| dazu später mehr. Für das Lied bekam Kayaci viel Hate von Nutzer:innen | |
| und aus der Musikbranche. Ein Kommentar, der häufig fiel: „Der Song ballert | |
| nur auf lautlos“ – man kann ihn nur ohne Ton ertragen. Kayaci nahm die | |
| Hate-Welle ironisch auf. Sie veröffentlichte ihren zweiten Song „Ballert | |
| auf Lautlos“ und zeigt ihren Hatern, dass sie sich nicht zu ernst nimmt | |
| (flext aber auch gleichzeitig): „Ja ja, ist okay, es ballert nur auf | |
| lautlos / Ich mach’ trotzdem sechsstellig, sag mir, wer von euch macht auch | |
| so?“ Der Song ging viral. | |
| ## Rede! | |
| Und so läuft es bei vielen ihrer Songs: Ihre vierte Single „Zahide did it | |
| better“ knüpft an einen internationalen Tiktok-Trend an, bei dem | |
| Nutzer*innen Tiktok-Videos mit „Zahide won this trend“ kommentierten. | |
| Ihre aktuellste Veröffentlichung „Rede!“ mit Benno wiederum greift einen | |
| Favoriten für das Jugendwort des Jahres 2025 auf. Bei den Bambi-Awards wird | |
| sie gefragt, wie ihr die Songtexte einfallen. „Es ist einfach so, wie ich | |
| rede“, sagt sie. Authentizität, gepaart mit guter Laune, verkauft sich gut. | |
| „Sie verwandelt echte Situationen, Mutmaßungen, Diskussionen, Kritiken und | |
| Hate-Wellen in Songtexte und liefert somit Storytelling aus ihrer aktuellen | |
| Lebenslage. Das gibt Fans das Gefühl, mitreden zu können“, erklärt Adams. | |
| Eingängige Lines kombiniert mit catchy Beats würden für einen hohen | |
| Wiedererkennungswert und schließlich dafür sorgen, dass ihre Songs viral | |
| gehen. | |
| Für die Strategie kommt noch gut platzierte Werbung dazu. Sie rappt über | |
| Levis Jeans, Prada und Ferraris. Die Nennung von Marken als Flex sind | |
| gerade im Rap gängig. Aber Kayaci und ihr Management gehen einen Schritt | |
| weiter: „What you know 'bout me? Lipgloss, Extra-Kaugummi“, rappt sie etwa | |
| in ihrem Song „Kotti d’Azur“. Mit Extra Kaugummi hat die Rapperin eine | |
| Kooperation, in einigen Videos ist sie das Werbegesicht der Marke. Der Song | |
| und die Markennennung sind eine offene Promo-Aktion. | |
| Auch mit einem eigenen Produkt springt die Tanzschule Lunatix auf einen | |
| viralen Trend auf: Im Sommer machten die Desserts des Pariser Patissiers | |
| Cedric Grulet die Runde: Knackige fruchtförmige Desserts in knalligen | |
| Farben. Seit einigen Wochen bietet nun Lunatix ein Eis von Zah1de in | |
| Fruchtform an, das man in Supermärkten kaufen kann. Zumindest theoretisch. | |
| Praktisch sind sie immer ausverkauft. | |
| ## Stars feiern ihre Musik | |
| Kayaci kriegt Backup aus der Industrie: [3][Shirin David spielt vor jedem | |
| ihrer Konzerte Tracks von Zah1de], Nura feiert sie, [4][Rapper wie Apsilon] | |
| oder Baran Kok tanzen in Tiktok-Videos zu ihren Songs. | |
| Aber es gibt auch viel Kritik – vor allem an Serdar Bogatekin. Der ist | |
| Gründer der Tanzschule, bei der Kayaci zu tanzen begann, und wurde später | |
| mit dem „Lunatix-Management“ ihr Manager. Der 36-Jährige, den Kayaci als | |
| „Abi“ (großer Bruder) bezeichnet, profiliert sich in nahezu jedem | |
| Musikvideo von Zah1de zwischen pubertierenden Tänzer*innen. In Songtexten | |
| wird er namentlich genannt, in „Kotti d'Azur“, spricht er das Outro: | |
| „Zahide, du hast den Sommer gerettet, Lunatix Records. Aufrichtiger Erfolg | |
| fühlt sich so gut an. Wartet ab, da kommt noch viel mehr“. | |
| Es ist verständlich, dass Bogatekin an dem künstlerischen Erfolg von Kayaci | |
| teilhaben will. In Videos für die Tanzschule spricht er davon, dass er | |
| junge Menschen unterstützen möchte. Dafür gründete er nun vor drei Wochen | |
| noch das Lunatix Creative Hub mit Tonstudio, wo nach Bogatekins Aussage | |
| „Die Superstars geformt und geschliffen“ werden sollen. | |
| Und in der Vergangenheit haben sich bereits Tänzer*innen von Bogatekin | |
| distanziert und die Tanzschule verlassen. Im Oktober 2024 kam es etwa zu | |
| einem Streit zwischen den jungen Tänzer:innen Calisto, Sauvage und der | |
| Tanzschule Lunatix. Kayaci stellte sich auf die Seite des Lunatix-Gründers. | |
| Der Grund für den Streit blieb zunächst unklar. Tausende Videos mit | |
| Mutmaßungen überfluteten damals Tiktok; Calisto, Sauvage, Kayaci und | |
| Bogatekin zogen in Livestreams übereinander her. Eine moderne Seifenoper | |
| sozusagen. „Die Welt der Fans ist zusammengebrochen, ihre Idole waren | |
| vermeintlich keine Freunde mehr“, erklärt Adams. Der Streit diente Kayaci | |
| als Material für ihren ersten Song „Tiktok Sportlich“. Dieser Ausdruck, | |
| etwas mit „Tiktok sportlich“ zu benennen, ist auf der Plattform ein | |
| Codewort, um zu verhindern, dass Videos zensiert werden, selbst wenn man | |
| Leute beleidigt. | |
| Spätestens nach dem Vorfall zwischen Bogatekin und Julia Kautz, einer | |
| ehemaligen Chefreporterin der Bravo, ist klar: Kayaci und ihre Bühne werden | |
| auch dafür genutzt, um sich über andere lustig zu machen. Bei einem zuvor | |
| vereinbarten Interview soll Bogatekin Kautz zunächst rausgeworfen haben, | |
| mit der Begründung, sie sei nicht angemeldet. Nachdem er sie wieder | |
| hereingebeten und sich entschuldigt habe, habe er das Gespräch kurz darauf | |
| endgültig abgebrochen – diesmal mit der Erklärung, ihre „Art“ gefalle i… | |
| nicht. | |
| Im Musikvideo zu ihrem Song „Uff Yaa“, das kurz nach dem Eklat rauskam, | |
| spielt jemand eine Reporterin, die Kautz ähnelt und im Video herausgetragen | |
| wird. Seitdem flutet der Hashtag #ChiaraWasRight die Kommentarspalten auf | |
| Tiktok. Der Hashtag soll heißen: Calisto hatte recht mit den Missständen, | |
| die sie im Management angeprangert hat. Darunter der Vorwurf, minderjährige | |
| Tänzer*innen seien ausgenutzt worden. | |
| ## Kritik von ehemaligen Tänzer:innen | |
| Kayacis Körpersprache in Bogatekins Umfeld wird auf Tiktok schon seit | |
| Längerem analysiert. Einige Nutzer*innen interpretieren ihre | |
| Körpersprache so, dass die 15-Jährige eingeschüchtert wirke. Zwei ehemalige | |
| Lunatix-Tänzer*innen, die anonym bleiben wollen, berichten der taz: | |
| „Nachdem wir die Tanzschule verlassen hatten, kamen immer mehr Vorwürfe | |
| gegen Bogatekin ans Licht. Unter anderem erheben sie den Vorwurf von | |
| Drohungen, Rufmord und Mobbing im Internet. Diese Vorfälle hätten | |
| Erwachsene und Minderjährige betroffen, so die Aussteiger*innen. | |
| Sie kritisieren vor allem die Knebelverträge, die Bogatekin ihnen vorgelegt | |
| habe: Nach Darstellung der ehemaligen Tänzer*innen habe er eine | |
| Beteiligung von fast 40 Prozent an Tanzaufträgen sowie an Einnahmen über | |
| Plattformen wie Tiktok, Youtube oder Snapchat verlangt. „Und das, obwohl er | |
| kaum eine tatsächliche Leistung erbrachte.“ | |
| Fragwürdig sei zudem eine Klausel gewesen, nach der die Tänzer*innen | |
| nach Ablauf des dreijährigen Vertrags noch weitere fünf Jahre an ihn | |
| gebunden bleiben sollten und weiterhin Prozente hätten zahlen müssen. Der | |
| von ihm aufgesetzte Vertrag sei zudem voller Rechtschreib- und Formfehler | |
| gewesen, Gesetzesparagrafen seien teilweise falsch wiedergegeben worden. | |
| „Insgesamt wirkte das gesamte Konstrukt höchst unseriös und | |
| unprofessionell“, sagt eine ehemalige Tänzerin. | |
| „Serdar kontrollierte regelmäßig Kinder, die gar keinen Vertrag hatten, und | |
| überprüfte, ob sie private Auftritte oder Jobs ohne seine Beteiligung | |
| angenommen hatten“, erzählt sie weiter. Dabei habe er sie sogar gezwungen, | |
| ihre privaten Kontoauszüge vorzulegen. Dieser Darstellung widersprach | |
| Bogatekin nicht, äußerte sich dazu jedoch auf taz-Anfrage nicht. Auf die | |
| Vorwürfe reagierte der 36-Jährige Medienberichten zufolge in einem | |
| Tiktok-Livestream: „Kinder, die Likes und Geld gesehen haben, sind | |
| abgehoben. Das ist die Wahrheit. Hört auf, so einen Unsinn zu quatschen, | |
| wenn ihr gar keine Ahnung habt.“ Auf eine Anfrage der taz zu den Vorwürfen | |
| antwortete Bogatekin nicht. | |
| ## Da kommt noch mehr | |
| Trotz aller scharfen Seitenhiebe gegen ihre ehemaligen Tanzfreund*innen | |
| hält Kayaci zu Bogatekin. Sie ist weiterhin Teil von Lunatix und tritt | |
| häufig mit ihrer Tanzgruppe auf – auch bei den Bambis. Betrachtet man ihre | |
| bisherige steile Karriere, ist tatsächlich zu erwarten, dass da noch „viel | |
| mehr“ kommt, wie Bogatekin in „Kotti d’Azur“ ankündigte. | |
| Zu hoffen ist, dass ihr Erfolg hinter den Kulissen von Personen begleitet | |
| wird, die verantwortungsvoll handeln und die Interessen der jungen | |
| Künstlerin in den Mittelpunkt stellen. Die taz hätte sich davon gern ein | |
| Bild gemacht. Interviewanfragen an Serdar Bogatekin, das Lunatix | |
| Management, Universal Music sowie an Zahide Kayaci blieben unbeantwortet. | |
| Anm. d. Red.: Im Titel hatten wir ursprünglich geschrieben „Von Tiktok in | |
| die Uber Arena“. Da die Künstlerin aber in der Uber Eats Music Hall | |
| auftritt, haben wir die Überschrift dementsprechend angepasst. | |
| 18 Dec 2025 | |
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