Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Perspektiven der Rosa-Luxemburg-Stiftung: „Wir haben ein hartes E…
> Die Linken-nahe Stiftung war in einer schweren finanziellen Krise. Nun
> ist eine große Bildungsoffensive geplant, sagt der neue Chef Bernd
> Riexinger.
Bild: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung als Theorie-Antifa? „Ja, warum nicht“, me…
taz: Herr Riexinger, auf der Mitgliederversammlung der
Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) Ende November soll es [1][kräftig Streit
gegeben] haben. Was war da los?
Bernd Riexinger: Na ja, von Streit würde ich nicht sprechen. Aber wenn es
konkurrierende Kandidaturen gibt, dann gibt es natürlich immer
unterschiedliche Positionierungen. Anders als zu früheren Zeiten gab es
dieses Mal für die Wahl mehr Kandidierende als Vorstandssitze, auch für den
Vorsitz und die Geschäftsführung. Dass das zu intensiveren Diskussionen
führt, finde ich völlig normal.
taz: In der Konsequenz gibt es jetzt mit Ihnen einen neuen Vorsitzenden und
mit der früheren Thüringer Ministerin Heike Werner eine neue
Geschäftsführerin. Das sieht fast nach einem Putsch aus.
Riexinger: Davon kann nicht die Rede sein. Wir erleben bei der Linkspartei
gerade einen starken Aufbruch mit einem beeindruckenden Zustrom von vielen
jungen Mitgliedern. Es wird jetzt darauf ankommen, diesen Aufbruch und
diese Dynamik auch in die Stiftung zu tragen. Das hat eine Mehrheit der
RLS-Mitglieder mit der neuen Führung in Verbindung gebracht.
taz: Wie wird man eigentlich Mitglied der RLS? Kann man da einfach
eintreten?
Riexinger: Man wird vom Vorstand vorgeschlagen und die
Mitgliederversammlung muss dann diese Neuaufnahme bestätigen. Das hat den
Grund, dass die RLS eine parteinahe Stiftung ist. Wobei unsere 150
Mitglieder nicht stromlinienförmig zusammengesetzt sind, sondern eine
pluralistische Linke widerspiegeln. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat
übrigens nur 130 Mitglieder, bei der [2][Konrad-Adenauer-Stiftung] dürfen
es höchstens 55 sein.
taz: Ungewöhnlich für eine parteinahe Stiftung ist, dass viele aus der
Linkspartei Ausgetretene weiterhin Mitglied der RLS sind. Wie eng ist die
Stiftung noch mit der Partei verbunden?
Riexinger: Das ist ein Produkt der zahlreichen Konflikte in der Partei in
den zurückliegenden Jahren. Auf das Verhältnis der Stiftung zur Partei hat
das keine Auswirkungen. Wir sind der Partei weiterhin eng verbunden.
taz: Welche Auswirkungen hatte die [3][Abspaltung von Sahra Wagenknecht und
ihrem Anhang] von der Linkspartei auf die RLS?
Riexinger: Die Wagenknecht-Leute, die bei uns Mitglied waren, sind
ausgetreten. Das wollten wir auch, weil es ja schon skurril wäre, wenn
Leute von konkurrierenden Parteien in der RLS mitbestimmen könnten. Dass
die Stiftung durch die Austritte in irgendeiner Form an Substanz verloren
hätte, lässt sich nicht feststellen.
taz: An Substanz hat die RLS allerdings durch die schlechten Wahlergebnisse
der Linkspartei in den vergangenen Jahren verloren, weil sich dadurch die
staatlichen Mittel drastisch verringert haben. Wie ist die Lage jetzt?
Riexinger: Wir haben ein hartes und schmerzhaftes Einsparungsprogramm
hinter uns. Vor allem wegen des schlechten Wahlergebnisses 2021. Mit dem
Betriebsrat musste über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt
werden. Der Gestaltungsspielraum für unsere Arbeit war in den letzten zwei
Jahren deutlich eingeschränkt. Durch das [4][gute Wahlergebnis der
Linkspartei bei der Bundestagswahl] in diesem Jahr, das wesentlich besser
ausfiel als gedacht, hat sich die Situation erfreulicherweise inzwischen
wieder entspannt. Das ist eine Riesenentlastung für die Stiftung, vor allem
für die Beschäftigten, die nun ihre Zukunft wieder gesichert planen und
sich auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren können.
taz: Im kurz [5][nach der Bundestagswahl veröffentlichten Jahresbericht]
hieß es noch, bis 2026 müsse die RLS „einen erheblichen Personalabbau
vornehmen“, auch „durch betriebsbedingte Kündigungen“. Gilt das noch?
Riexinger: Zum Glück nicht. Wir mussten keine betriebsbedingten Kündigungen
aussprechen und es wird sie auch nicht geben. Zur Wahrheit gehört jedoch,
dass im Zuge unserer finanziellen Krise 50 Mitarbeiter*innen die
Stiftung verlassen haben, wenn auch allesamt freiwillig. Trotzdem ist das
natürlich ein schmerzhafter Verlust.
taz: Welche politische und gesellschaftliche Funktion hat die Stiftung aus
Ihrer Sicht?
Riexinger: Eine große Bedeutung hat sie für die analytische Arbeit. Wohin
geht die gesellschaftliche Entwicklung nicht nur in der Bundesrepublik?
Wenn es stimmt, dass wir es gerade mit einer Faschisierung zu tun haben,
was bedeutet das für die gesellschaftliche wie die parteiorientierte Linke?
Was ist eine geeignete linke Strategie gegen die Rechtsentwicklung? Da
müssen viele intellektuelle Ansätze theoretisch und praktisch aufgenommen
werden.
taz: Die RLS als eine Art Theorie-Antifa?
Riexinger: Ja, warum nicht? Aber nicht nur. Zum einen sollte die Stiftung
dazu beitragen, längerfristige politische Linien im programmatischen
Bereich zu entwickeln, zum Beispiel wenn es um Fragen der verbindenden
Klassenpolitik oder der sozialökologischen Transformation geht. Zum anderen
kann und sollte die RLS ein Anziehungspunkt für Intellektuelle und
organische Intellektuelle sein, also auch für Leute in Gewerkschaften oder
in Bewegungen. Das halte ich für eine ganz zentrale Aufgabe. Die Stiftung
bietet die Möglichkeit, Debattenräume zu organisieren, die eine Partei so
nicht anbieten kann. Ein Beispiel dafür sind unsere „Streikkonferenzen“,
die seit 2013 stattfinden, [6][zuletzt im vergangenen Mai]. 3.000
Gewerkschafter*innen und Betriebsrät*innen zu versammeln, um drei
Tage lang [7][über Gewerkschaftspolitik und Methoden der Arbeitskämpfe zu
diskutieren] – wer schafft das schon außer der RLS? Da haben wir eine
wichtige Vernetzungsfunktion.
taz: Im Vergleich zu [8][Ihrer Zeit als Parteivorsitzender] hat sich
[9][die Linkspartei stark verändert]. Sie zählt inzwischen über 120.000
Mitglieder, doppelt so viele wie früher, und einen Altersdurchschnitt von
nur noch knapp 39 Jahren. Hat das auch Folgen für die RLS?
Riexinger: Die Linke ist nicht nur in ihrer Mitgliedschaft viel größer und
jünger geworden, sondern auch in ihrer Wählerschaft. Bei den unter
25-Jährigen ist sie mit rund 25 Prozent zur stärksten Partei gewählt
worden. Das drückt eine erfreuliche Politisierung einer ganzen Generation
aus, der selbstverständlich auch die Stiftung Rechnung tragen muss. Wir
sind uns einig, dass wir eine große Bildungsoffensive in der Fläche machen
wollen. Es geht um die Vermittlung einer fundierten Grundlage für
politische Praxis und politische Betätigung. Dafür müssen wir
Bildungsformate aufbauen und umsetzen.
taz: Als letzte parteinahe deutsche Stiftung ist im Juli auch die [10][RLS
in Russland zur „unerwünschten Organisation“ erklärt] worden. Welche
Auswirkungen hat das auf die Arbeit der Stiftung?
Riexinger: Einerseits empfinde ich es persönlich ja als Kompliment für die
Stiftung, vom Putin-Regime nicht erwünscht zu sein. Das zeigt, was für ein
repressiver Staat Russland unter Putin heute leider ist. Andererseits
bedeutet das natürlich eine Einschränkung unserer Arbeit. Eine aktive
Zusammenarbeit mit der Stiftung ist für Menschen in und aus Russland
gefährlich. Dies betrifft auch die Stipendiat*innen der Stiftung. Unser
Büro mussten wir schließen, aber im Ausland arbeitet die Stiftung dennoch
mit Vertreter*innen der russischen Zivilgesellschaft zusammen.
taz: Welche Bedeutung hat für Sie die internationale Arbeit der RLS
generell?
Riexinger: Ich habe der internationalen Arbeit schon zu meiner Zeit als
Parteivorsitzender eine große Bedeutung beigemessen. Damals haben wir zum
Beispiel eine internationale Sommerschule aufgebaut, die jetzt alle zwei
Jahre stattfindet, wo jüngere engagierte Leute sich international
kennenlernen und miteinander diskutieren können. Für Linke sollte es eine
Selbstverständlichkeit sein, über den eigenen nationalen Tellerrand
hinauszublicken. Da sind die 26 Auslandsbüros der Stiftung schon ein Pfund.
Das gilt besonders für unsere Büros in Europa. Denn die europäische Linke
ist derzeit leider gespalten, was ein schlechter Zustand ist. Ich glaube,
dass wir da eine wichtige Scharnierfunktion haben können zwischen den
linken Parteien und Bewegungen in Europa.
23 Dec 2025
## LINKS
[1] /Wechsel-bei-Rosa-Luxemburg-Stiftung/!6134195
[2] /Krings-gegen-Kramp-Karrenbauer/!6132136
[3] /Sahra-Wagenknechts-neue-Partei/!5963952
[4] /Wahlerfolg-der-Linkspartei/!6068514
[5] https://www.rosalux.de/publikation/id/53482/jahresbericht-2024-2
[6] /Streikkonferenz-an-der-TU-Berlin/!6085608
[7] /Konferenz-gewerkschaftlicher-Erneuerung/!6085400
[8] /Linken-Parteichef-Bernd-Riexinger-hoert-auf/!5710599
[9] /Mitgliederstudie-der-Linkspartei/!6125408
[10] /Russland-eskaliert-weiter-gegen-NGOs/!6102416
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bernd Riexinger
Die Linke
Stiftung
Antifaschismus
Intellektuelle
Social-Auswahl
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die Linke
Rosa-Luxemburg-Stiftung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wechsel bei Rosa-Luxemburg-Stiftung: Neuer Job für Ex-Linken-Chef Bernd Riexin…
Die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung tauscht fast ihre komplette
Führungsspitze aus. Bei der Neuwahl geht es ungewohnt turbulent zu.
Mitgliederstudie der Linkspartei: Jung, urban und antifaschistisch
Die Linkspartei erlebt einen Mitgliederboom. Nun hat sie ihre alten und
neuen Genoss:innen befragt, wer sie sind und was sie so umtreibt.
Russland eskaliert weiter gegen NGOs: Rosa-Luxemburg-Stiftung unerwünscht
Nun wird auch die linkennahe Parteistiftung in Russland kriminalisiert. Was
das für ihre Arbeit bedeutet und wie sie in Zukunft weitermachen will.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.