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# taz.de -- Die Kunst der Woche: Das Gefühl einer alten Bekanntschaft
> Farben, Materialien, Utensilien: Zum Jahresende fühlt sich alles retro an
> – etwa „HipHop“ von Jac Leirner oder die Wachsmalereien von Nikolas
> Gambaroff.
Bild: „Horse Descending a Monument“ von Christian Rusu in der Ausstellung �…
Ob es wohl am Jahresausklang liegt, dass sich gerade alles so retro
anfühlt? Bei Esther Schipper hat die brasilianische Konzeptkünstlerin Jac
Leirner, die gerne vorgefundene Materialien und Utensilien verarbeitet,
ihren 90er-Jahre Ausstellungshit „HipHop“ neu aufgelegt. Kleine Stücke
Klebeband unterschiedlichster Farbe, Beschaffenheit und Breite ziehen sich
nun wie ein Horizontstreifen entlang der Galerienwände.
1998 stellte die New Yorker Bohan Foundation Leirners so simplen wie gut
funktionierenden Klebestreifen-Remix prominent aus, seither kursiert er in
den Shows und Kunstmagazinen. Wenn man nun die Ausstellung betritt, wo
Leirners Installationen mit Rafa Silvares' extrem sterilen, flächigen
Malereien von Batterien oder Tuben kombiniert werden, beschleicht einen das
Gefühl einer alten Bekanntschaft.
In der Galerie Schiefe Zähne, nur ein paar Meter weiter die Potsdamer
Straße runter, hat sich Nikolas Gambaroff der antiken und heute gerne in
Kunsthandwerkkursen angewandten Technik der Enkaustik angenommen: Malen mit
Wachs. Die Farben sind jahresendlich – lila, dunkelblau oder tannengrün –
und wirken auf den wachsgetränkten Leinwänden ganz vergilbt, eben
retromäßig.
In großen Gesten, ein wenig wie bei der Kunst des Informell, hat Gambaroff
die Farben aufgebracht. Und, als würde er das Händische konterkarieren,
ließ er per Lasercut abstrakte Figuren aus seinen farbigen Oberflächen
schneiden. Neu zusammencollagiert tauchen sie dann als schöne Muster auf
seinen Leinwänden auf. Auch kleine quadratrische Mosaiksteinchen aus Wachs
gibt es. Gambaroff dachte dabei eher an Pixel. Denn hier geht es zuweilen
um elementare Fragen der Malerei: Wie fügen sich Material und Farbe auf
einer Oberfläche zu einem Bild zusammen? Wer kreiert es, Künstler:in oder
Technik?
Die Galeria Plan B feiert ihr zwanzigjähriges Bestehen, 2005 in Cluj
gegründet, versammelt sie jetzt für ihre Berliner Jubiläumsschau eine ganze
Reihe zumeist rumänischer Künstler:innen. Beginnend mit Christian Rusus
humorvollem Anti-Monument, einem vom Sockel steigenden Pferd, zeigt die
Ausstellung „It's No Crime to Tickle Time“ einen Parcours durch abstrakte
und figurative Malerei, fiktive, echte, utopische und religiöse Räume.
Selbst die Genese eines eingelegten Kohls ist in einem Video zu beobachten.
Und auch Dominik Sittig wird im Projektraum New Toni auf gewisse Weise
retrospektiv. Noch wenige Tage zu sehen sind dort seine gewollt
geschmacklos daherkommenden Malereien mit Acrylfarbe auf Quartzsand. Auf
denen beschwört er die Geister der Nullerjahre wieder herauf. Der
Kunsttheoretiker Helmut Draxler ist im Porträt zu sehen, Giorgio Agambens
viel diskutiertes Buch „Homo Sacer“ über regulierte Gesellschaften wird auf
einem Epitaph betrauert, auch Diedrich Diederichsens „Eigenblutdoping“.
Sittig zitiert Popgeschichte und Theorie der frühen 2000er, vermengt sie
wild auf seinen Bildern mit Ikonen und Piktogrammen von damals. Die
Ausstellung ist eine Art Pantheon alter Gedanken. Die sind aber jetzt
gerade gar nicht so aus der Zeit gefallen.
16 Dec 2025
## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
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