| # taz.de -- Urteil gegen Letzte Generation: Flughafen-Blockade wird teuer | |
| > Das Landgericht Hamburg verurteilt Klimaschützer der Letzten Generation | |
| > auf Schadensersatz für Lufthansa. Sie hatten sich auf das Rollfeld | |
| > geklebt. | |
| Bild: Mussten für Stunden am Boden bleiben: Flugzeuge auf dem Hamburger Flugha… | |
| Die Klimaaktivisten, die sich vor zwei Jahren auf dem Rollfeld des | |
| Hamburger Flughafens festgeklebt hatten, müssen mehreren Fluggesellschaften | |
| Schadenersatz zahlen. Das Hamburger Landgericht hat sie außerdem | |
| verpflichtet, ähnliche Aktionen künftig zu unterlassen – andernfalls werde | |
| ein Ordnungsgeld verhängt. So steht es im kürzlich ergangenen Urteil (Az. | |
| 325 O 168/24). | |
| Zehn Angehörige der [1][Gruppe Letzte Generation] hatten sich zu Beginn der | |
| Sommerferien 2023 frühmorgens zum Gelände des Flughafens Zutritt verschafft | |
| und sich [2][auf dem Vorfeld einer Piste festgeklebt]. Daraufhin wurde der | |
| Flugbetrieb aus Sicherheitsgründen eingestellt. Zur gleichen Zeit klebten | |
| sich Aktivisten der Gruppe auch auf dem Gelände des Düsseldorfer Flughafens | |
| fest. Sie begründeten ihren Protest mit der „Planlosigkeit und dem | |
| Gesetzesbruch der Regierung in der Klimakrise“. | |
| In dem Zivilprozess machte Eurowings, ein Tochterunternehmen der | |
| Lufthansa-Gruppe, den Schadenersatz für sich selbst und andere | |
| Fluggesellschaften geltend. Ersetzt werden sollen die Entschädigungen, die | |
| an Passagiere für die ausgefallenen Flüge bezahlt wurden, entgangener | |
| Gewinn und umsonst verbrauchter Treibstoff. Das Gericht bewilligte dafür | |
| eine Summe von gut 400.000 Euro. | |
| Das Gericht verurteilte die Aktivisten außerdem dazu, sämtliche Schäden zu | |
| ersetzen, die der Klägerin und weiteren Fluggesellschaften aufgrund der | |
| Blockadeaktion in Zukunft entstehen werden, und stellte fest, dass die | |
| Schadenersatzansprüche aus einer „vorsätzlich begangenen unerlaubten | |
| Handlung resultieren“, heißt es in der Urteilsbegründung. Sich einer | |
| Zahlung durch eine Privatinsolvenz zu entziehen, ist damit nicht möglich. | |
| ## Bis zu zwei Jahre Ordnungshaft drohen | |
| Sollten sich die jetzt – allerdings noch nicht rechtskräftig – Verurteilten | |
| entgegen der Warnung des Gerichts erneut an einer Blockade beteiligen, | |
| droht ihnen ein Ordnungsgeld, das bis zu 250.000 Euro betragen kann oder | |
| eine Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren. | |
| Im Einzelnen untersagt hat das Gericht, „den Flugbetrieb der Klägerin und | |
| der weiterem Luftfahrtunternehmen durch unerlaubtes Betreten oder Befahren | |
| sicherheitsrelevanter Bereiche oder durch Festkleben auf einem durch sie | |
| genutzten Flughafengelände zu beeinträchtigen“. | |
| Das Gericht würdigte zwar, dass die Aktivisten sich für ein „nicht nur | |
| legitimes, sondern für den Fortbestand der menschlichen Gesellschaft in | |
| ihrer heutigen Form unabdingbares Ziel“ eingesetzt hätten. Allerdings | |
| hätten sie [3][für ihren Protest eine Art der Durchführung gewählt, die den | |
| legalen Geschäftsbetrieb der Luftfahrtunternehmen unangemessen | |
| beeinträchtigt] und dabei strafrechtliche Grenzen bewusst überschritten | |
| habe. | |
| Für die 400.000 Euro Schadenersatz haften die Aktivisten | |
| gesamtschuldnerisch, das heißt: Wenn einer nicht zahlen kann, müssen die | |
| Übrigen das tragen. Dazu kommen außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie | |
| die Kosten des Gerichtsverfahrens. | |
| Neben diesem Verfahren läuft eine Klage des Hamburger Flughafens, der | |
| 150.000 Euro [4][Schadenersatz] fordert. Er veranschlagt entgangene Start- | |
| und Landegebühren, Material- und Arbeitskosten für die Reparatur eines | |
| durchschnittenen Zaunes sowie für das Vorfeld, auf dem sich die Klimakleber | |
| festgeklebt hatten. „Wir mussten die rausfräsen“, sagte eine Sprecherin des | |
| Flughafens. | |
| ## Strafrechtliche Folgen gibt es auch | |
| Auch strafrechtlich hat die Blockade Folgen. Eine der Angeklagten aus dem | |
| Zivilverfahren muss 90 Tagessätze à 20 Euro, also 1.800 Euro bezahlen. Sie | |
| wurde wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung verurteilt. Nach | |
| Auskunft der Gerichtspressestelle läuft ein weiteres Verfahren mit sechs | |
| Angeklagten. | |
| Wegen der Häufung von Blockaden an Flughäfen in den vergangenen Jahren hat | |
| das [5][Bundeskabinett mit dem neuen Luftsicherheitsgesetz vergangene Woche | |
| einen neuen Straftatbestand beschlossen]: Das schiere Eindringen auf ein | |
| Flughafengelände soll künftig nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeit, | |
| sondern als Straftat gelten. Dafür droht dann eine Freiheitsstrafe von bis | |
| zu zwei Jahren, bei einer Gefährdung der Luftverkehrssicherheit sogar bis | |
| zu fünf Jahre. | |
| Gegen das aktuelle Hamburger Urteil können die Angeklagten nun Berufung | |
| einlegen. Erst mal müssten die Betroffenen das Urteil aber verdauen, sagt | |
| Katja Schreiner, die im Widerstandskolletiv aktiv ist. Das ist eine der | |
| beiden Gruppen, in die sich [6][die Letzte Generation mittlerweile | |
| strategisch aufgeteilt] hat, die andere heißt Neue Generation. Zum Urteil | |
| sagt Schreiner: „Umgekehrt wäre angemessener: wenn die Fluggesellschaften | |
| den Leuten Schadensersatz zahlen würden, die unter den Klimaschäden | |
| leiden.“ | |
| Unterstützung könne man den Angeklagten nur begrenzt gewähren. Schreiner | |
| verweist auf den Verein [7][Rückendeckung für eine aktive | |
| Zivilgesellschaft] (RAZ), mit dem die Bewegung versuche, wenigstens gute | |
| Anwälte zu bezahlen. Allerdings liefen derzeit unzählige Verfahren gegen | |
| Klimaaktivisten. | |
| 26 Nov 2025 | |
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| [5] /Aenderungen-des-Luftsicherheitsgesetzes/!6131170 | |
| [6] /Evolution-der-Klimaproteste/!6068812 | |
| [7] https://raz-ev.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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