| # taz.de -- Fürst Bismarcks Steueroase geschlossen: Schleswig-Holstein beschne… | |
| > Dank Adeligen-Sonderrechten hatte Familie von Bismarck im Sachsenwald | |
| > eine Steueroase in einer Waldhütte betrieben. Die ist nun Geschichte. | |
| Bild: Ein Zentrum des Handels und der Industrie wird stillgelegt: In Bismarcks … | |
| Der Sachsenwald, Schleswig-Holsteins größtes zusammenhängendes Waldgebiet, | |
| wird zerstückelt – wenn auch nur auf dem Papier. Der Landtag in Kiel wird | |
| in seiner Dezember-Sitzung beschließen, die 70 Quadratkilometer große | |
| Fläche, die der Fürstenfamilie Bismarck gehört, an mehrere Nachbarorte | |
| anzubinden. | |
| Die Gemeinden erhalten dafür eine „Hochzeitsprämie“. Mit dem Beschluss | |
| lässt die Politik ein Relikt aus Adelszeiten verschwinden. Bisher war der | |
| Wald als gemeindefreies Gebiet einer Gemeinde gleichgestellt – die | |
| Bismarcks nutzten das, um kommunale Mittel zu kassieren und Steuern | |
| einzuziehen. | |
| „Der Adel ist lange abgeschafft, und dieses Modell der Gemeindefreiheit | |
| gehört abgeschafft“, sagte Lasse Petersdotter, Fraktionschef der Grünen. | |
| Damit ist er einig mit Beate Raudies (SPD): „Dass diese antiquierten | |
| Privilegien aus der Kaiserzeit ihr Ende finden, wurde auch höchste Zeit. | |
| Wir hätten uns in dem Zusammenhang allerdings eine kooperativere Haltung | |
| der Familie Bismarck gewünscht.“ | |
| Nicht nur die, auch die umliegenden Gemeinden taten sich schwer mit einer | |
| Neuordnung der Verhältnisse. Bundesweit bekannt geworden war das besondere | |
| Modell auf peinlichst-mögliche Weise für das Land: „Frag den Staat“ und J… | |
| Böhmermanns „ZDF Magazin royal“ [1][recherchierten, dass die | |
| Bismarck-Familie ihren Wald zur Steueroase umgebaut hatte]. | |
| In einem Haus auf einer Lichtung arbeiteten angeblich zahlreiche große | |
| Firmen. Sie profitierten vom besonders günstigen Steuersatz der | |
| Pseudo-Gemeinde im Privatbesitz. | |
| Eine Nachfrage der Opposition beim CDU-geführten Innenministerium hatte | |
| zudem aufgedeckt: Das Land hatte mehrere Jahre lang Geld aus dem Topf für | |
| kommunalen Finanzausgleich an die Bismarcks gezahlt. Die Mittel seien | |
| genutzt worden, um den Wald zu erhalten und zu pflegen, [2][teilte Gregor | |
| von Bismarck mit]. Doch nachprüfen lässt sich das nicht. Im Wald gibt es | |
| schließlich keine Gemeindevertretung, die öffentlich über ihren Haushalt | |
| berät und Zahlen vorlegt. | |
| Während der Landtag das Problem schnell lösen wollte, zögerten die | |
| umliegenden Gemeinden, [3][den Wald oder nur Teile davon zu übernehmen]. | |
| Freiwillig meldete sich niemand. Die Bürgermeister:innen fürchteten | |
| Mehrkosten und neue Aufgaben, etwa beim Brandschutz oder beim Erhalt von | |
| Straßen und Brücken. | |
| ## Eine Enteignung findet nicht statt | |
| Die Umwidmung, die zum Jahresbeginn 2026 in Kraft tritt, bedeutet keine | |
| Enteignung. Damit bleiben auch die Pflichten der Fürstenfamilie bestehen, | |
| unter anderem muss sie dafür sorgen, dass Wege in Ordnung sind: Schließlich | |
| dient ein Wald auch der Erholung und muss der Allgemeinheit zugänglich | |
| sein. | |
| Aber Torge Sommerkorn, Direktor des Amtes Hohe Elbgeest, sagte dem NDR, | |
| dass die Lage aufgrund der Historie besonders sei. Planungsrechtlich sei | |
| der Wald „ein weißes Blatt Papier“, auf dem die Verwaltung „von Grund auf | |
| eine neue Struktur schaffen“ müsse. | |
| Die Gemeinden befürchteten Kosten von rund einer Million Euro. „Man muss | |
| den Kommunen etwas von der Last abnehmen“, sagt Christopher Vogt (FDP). Er | |
| sieht den größten Fehler bei der Regierung, deren Ministerien über Jahre | |
| die Steueroase unter Bäumen nicht aufgefallen war. Auch die Art der | |
| Verhandlungen mit den Gemeinden kritisierte er: „Im Ausschuss hieß es, die | |
| Frage sei geeint, dann kam die Stellungnahme der Gemeinde, dass das | |
| durchaus nicht so sei.“ | |
| ## Gemeinden mit Gesprächsbedarf | |
| Eigentlich wollte der Landtag die Umwidmung bereits im November | |
| beschließen, nachdem Innenministerium und die Kommunen bereits fast ein | |
| dreiviertel Jahr lang verhandelt hatten. Aber die Gemeinden hatten weiteren | |
| Diskussionsbedarf. „Es gab viele Gespräche und Termine vor Ort, jetzt sind | |
| wir auf einem guten Weg“, sagt der CDU-Abgeordnete Ole Plambeck, der aus | |
| der Region stammt. | |
| Der größte Teil des Waldes wird der Gemeinde Aumühle zugeschlagen, einzelne | |
| Flurstücke gehen an andere benachbarte Orte. Insgesamt werden acht | |
| Gemeinden inklusive der Stadt Schwarzenbek durch den Parlamentsbeschluss | |
| größer. Sie erhalten insgesamt 120.000 Euro, um die finanziellen Härten | |
| abzufedern. | |
| 10 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /ZDF-Recherche-zu-Steuerparadies-im-Wald/!6039981 | |
| [2] https://www.sachsenwald.de/die-familienchronik/ | |
| [3] /Sachsenwald-bei-Hamburg/!6065652 | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Geisslinger | |
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