| # taz.de -- Wada-Kongress in Südkorea: Schwere Schatten auf dem Antidopingkampf | |
| > Nichtsanktionierte chinesische Schwimmer oder der Fall Jannik Sinner. Auf | |
| > dem Kongress der Weltantidopingagentur wird darüber nur inoffiziell | |
| > geredet. | |
| Bild: Es gibt heutzutage viel mehr Doping-Testtechnologien als die klassische U… | |
| Die Inszenierung setzte auf Einigkeit. Die oberste Frau des organisierten | |
| Sports, die neu gewählte Präsidentin des Internationalen Olympischen | |
| Komitees (IOC) [1][Kirsty Coventry] war wie ihr Vorgänger, der jetzige | |
| IOC-Ehrenpräsident Thomas Bach, ins südkoreanische Busan geeilt, um den | |
| obersten Antidopingfunktionären den Rücken zu stärken. | |
| Bis zum 5. Dezember findet hier nämlich der Kongress der | |
| Weltantidopingagentur Wada statt, bei dem weniger der weltweite | |
| Vertrauensverlust der Organisation diskutiert wird, dafür aber vor allem | |
| der neue Wada-Code, der ab Januar 2027 Gesetzeskraft haben soll und der | |
| tatsächlich einige bemerkenswerte Änderungen enthält. | |
| Athleten werden mehr Rechte zugestanden, etwa im Umgang mit persönlichen | |
| Daten, aber auch im vereinfachten Zugang zu Schiedsgerichten wie dem | |
| Internationalen Sportgerichtshof (CAS). Die Gesetzgebung soll es auch | |
| leichter machen, Betreuungspersonal von Sportlern bei Dopingfällen stärker | |
| zur Verantwortung zu ziehen. Coventry bezeichnete dies als guten wie auch | |
| längst überfälligen Schritt. | |
| Vor allem aber beschwor sie die Einigkeit aller Akteure. „Wir müssen | |
| gemeinsam eine Umgebung schaffen, in der Athleten sicher, fair und sauber | |
| kämpfen können. Wir müssen dabei ehrlich sein, diese Einigkeit hat es in | |
| den letzten Jahren nicht immer gegeben. Zu oft wurde Energie verschwendet, | |
| um gegeneinander zu kämpfen und mit dem Finger aufeinander zu zeigen“, | |
| meinte sie. | |
| ## FBI ermittelt gegen die Wada | |
| Sie dürfte dabei die [2][Kontroversen um die 23 chinesischen Schwimmer] im | |
| Sinn gehabt haben. Die Fälle wurden als Nahrungsmittelkontamination | |
| gewertet. Das ist zumindest kein völlig unrealistisches Szenario. | |
| Allerdings hat die chinesische Seite die positiven Proben nicht den Regeln | |
| gemäß gemeldet. Um Klarheit über die Vorgänge zu erlangen, ermittelt in den | |
| USA das FBI gegen die Wada. | |
| Das Verfahren laufe noch, bestätigte Travis Tygart, Chef der | |
| US-Antidopingbehörde Usada, der taz. „Es ist klar, dass die eigenen Regeln | |
| nicht beachtet wurden, in China nicht, und auch die Wada war auf einem Auge | |
| blind“, sagte Tygart und kündigte an: „Wir werden nicht aufhören, weiter | |
| Fragen zu stellen.“ [3][Die Vereinigten Staaten setzten auch die Zahlungen | |
| an die Wada aus], solange der Fall nicht umfassend geklärt ist. | |
| Währenddessen ging in Busan kaum ein offizieller Redebeitrag der etwa 1.200 | |
| Delegierten auf die schlechte Gesamtperformance der Dopingjäger – mit | |
| zuletzt einer Quote von 0,8 Prozent positiven Tests – ein. Nur in den | |
| Pausengesprächen war der Vertrauensverlust Thema, den die Wada durch | |
| umstrittene Entscheidungen wie etwa im Falle der nicht sanktionierten | |
| chinesischen Schwimmer oder der Bagatellstrafe für Tennisstar Jannik Sinner | |
| in der Welt des Sports erlitten hat. | |
| Usada-Chef Tygart kritisierte die Weltantidopingagentur gegenüber der taz | |
| auch als schwerfällige Behörde, die den Fokus verloren habe. „Das System | |
| ist unglaublich bürokratisch geworden, mit seinen Compliance-Anforderungen | |
| anstelle von Qualität im Antidopingkampf“, sagte er. | |
| ## Forderung nach intelligenten Tests | |
| Schuld daran ist allerdings nicht nur die Wada. Vertreter von Laboren | |
| kritisierten auf den Fluren des Kongresses, dass viel zu oft nur | |
| Standardtests in Auftrag gegeben werden. Spezialtests vor allem zu | |
| Hormonpräparaten oder dem Edelgas Xenon würden hingegen so selten verlangt, | |
| dass es sich schon rein wirtschaftlich und organisatorisch kaum lohne, | |
| Personal und Testequipment vorzuhalten. [4][Xenon kann den Sauerstoffanteil | |
| im Blut erhöhen,] Peptidhormone Muskelbildung stimulieren und Erholung | |
| fördern. | |
| Als eine der wenigen offen kritischen Stimmen unter den Delegierten | |
| forderte der frühere Wada-Generalsekretär David Howman die Sportverbände, | |
| nationalen Antidopingorganisationen und Testagenturen auf, in Zukunft | |
| stärker auf intelligente Tests statt auf das Standardprogramm zu setzen. | |
| Hoffnungsvollere Signale gab es zumindest von der Forschungsabteilung. | |
| Wada-Wissenschaftsdirektor Olivier Rabin versicherte der taz, dass | |
| Testtechnologien sowohl für neue Substanzen als auch für gentherapeutische | |
| Verfahren, die langsam auf den Markt kämen, zur Verfügung stünden. | |
| Einigen Erfolg verspricht er sich auch vom neuen endokrinologischen Modul | |
| des Athletenpasses. Das zielt vor allem auf das Monitoring von | |
| Wachstumshormonen ab. „Wir sehen dort die ersten interessanten Fälle. | |
| Variationen in den Werten können uns helfen, gezielter zu testen“, sagte | |
| er. In Auftrag gegeben müssen die Tests dann aber auch. | |
| Hoffentlich rechtzeitig vor den anstehenden Winterspielen. | |
| 5 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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