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# taz.de -- Drohsel über SPD-Mitgliederbegehren: „Die Stimmung erinnert an d…
> Die ehemalige Juso-Chefin Franziska Drohsel sammelt in der SPD
> Unterschriften gegen schwarz-roten Sozialabbau. Für sie weckt das böse
> Erinnerungen.
Bild: Teile der SPD-Mitgliedschaft stellen sich ein bisschen quer wegen der „…
taz: Frau Drohsel, laut Koalitionsvertrag soll beim [1][Bürgergeld] gespart
werden, die Karenzzeit für das Schonvermögen soll abgeschafft, die
Sanktionen sollen verschärft werden. Die SPD hat diesen Vertrag
unterschrieben. Warum wollen Sie das jetzt kippen?
Franziska Drohsel: An diesen Zielen ist einiges falsch. Warum muss bei
arbeitslosen Menschen Geld gekürzt werden? Sozialverbände kritisieren zu
Recht, dass der Regelsatz zu niedrig ist. Druck auf Arbeitslose zu erhöhen,
ist in meinen Augen falsch und schädlich.
taz: Die SPD-Basis hat dem Koalitionsvertrag mit 80 Prozent zugestimmt.
Warum jetzt die [2][Initiative, um das zurückzudrehen?]
Drohsel: Ich habe auch den Koalitionsvertrag kritisch gesehen. Aber die
konkreten Vereinbarungen, wie die Kürzungen bei den Kosten für die
Unterkunft und Heizung und beim Zuschuss für die Krankenkasse, gehen weit
über den Koalitionsvertrag hinaus.
taz: Sie haben 4.000 Unterschriften von SPD-Mitgliedern gesammelt. Für ein
Mitgliederbegehen brauchen Sie im zweiten Schritt rund 70.000. Wer
unterstützt Sie in der SPD?
Drohsel: Die Unterstützung ist in der Partei recht breit. Sie reicht von
einfachen Ortsvereinsmitgliedern über Bürgermeister bis zu
Landtagsabgeordneten. Wir sind erst am Anfang und kämpfen darum, mehr zu
werden.
taz: SPD-WählerInnen sind laut Umfragen aber auch mehrheitlich für die
Abschaffung des Bürgergelds. Die Medien, die Stimmung, die Mehrheit der
SPD-Klientel sind gegen ihre Initiative. Ist das nicht ein aussichtsloses
Unterfangen?
Drohsel: Die gegenwärtige Stimmung erinnert an die Agenda 2010. Auch damals
gab es die neoliberale Erzählung, dass die Arbeitslosen selber schuld sind
und es sich in der sozialen Hängematte bequem machen. Die Ursachen für
Arbeitslosigkeit sind aber vielfältig, und die Einzelnen sind nicht daran
schuld. Unser Grundgesetz gewährt einen Anspruch auf ein menschenwürdiges
Existenzminimum. Laut Bundesagentur für Arbeit gab es im Jahre 2024 bei 0,8
Prozent der Leistungsbezieher Kürzungen. Ich erkenne keinen Grund, warum
Bürgergeldbezieher unter Generalverdacht zu stellen und die Sanktionen
derart zu verschärfen sind.
taz: Die SPD-Spitze hat schon seit zwei Jahren den Kampf für das Bürgergeld
aufgegeben. Denn der Eindruck sei, dass die SPD sich nur für Ärmere, nicht
aber für die arbeitende Mitte interessiere. Verstehen Sie das Problem?
Drohsel: Die Behauptung, dass die SPD mehr die arbeitende Mitte im Blick
haben muss, kenne ich, seit ich in der SPD bin. Aber die SPD war immer dann
erfolgreich, wenn sie verschiedene gesellschaftliche Gruppen im Blick
hatte. Die arbeitende Mitte gegen arbeitslose Menschen ausspielen, führt
nicht weiter. Dass es keine Karenzzeit für Schonvermögen geben soll, kann
künftig auch Facharbeiter treffen, die arbeitslos werden.
taz: Wenn Sie Erfolg haben, ist die Regierung am Ende. Können Sie das
verantworten?
Drohsel: Wir wehren uns gegen die Verschärfung beim Bürgergeld. Das wäre
doch nicht das Ende der Koalition.
taz: Wissen das Carsten Linnemann und Friedrich Merz auch schon?
Drohsel: Wir finden einen Punkt der SPD-Regierungspolitik nicht richtig. Es
gibt auch in der Union manche, so hoffe ich, die diese Verschärfungen
unchristlich finden. Ich glaube nicht, dass unser Erfolg das Ende der
Koalition wäre.
taz: Es gibt in Union manche, die eine Annäherung an die AfD wollen.
Drohsel: Wenn wir Erfolg haben, wäre das eine Herausforderung für die
Regierung. Das leugne ich nicht. Deren Ende wäre es nicht. Wir wollen, dass
die SPD sozialdemokratische Politik in der Regierung macht. Das muss
möglich sein.
10 Nov 2025
## LINKS
[1] /Die-SPD-und-die-Buergergeldreform/!6121478
[2] /SPD-Streit-ums-Buergergeld-Widerstand-gegen-die-Abschaffung/!6125331
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
SPD
Bundesregierung
Sozialdemokratie
SPD
Neukölln
Frank-Walter Steinmeier
Reden wir darüber
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