| # taz.de -- Bürgermeisterwahl in New York: Warum SPD und Grüne keinen Mamdani… | |
| > Zohran Mamdanis Strategie könnten hiesige Mitte-Links-Parteien zwar | |
| > nachahmen. Um eine ganze Generation zu inspirieren, braucht es aber | |
| > deutlich mehr. | |
| Bild: Zohran Mamdanis großer Trumpf: seine charismatische Zugewandtheit | |
| Noch vor einem Jahr kannte ihn kaum jemand – am Mittwoch wurde der | |
| demokratische Sozialist Zohran Mamdani zum Bürgermeister von New York | |
| gewählt. Wider die offenen Drohungen von US-Präsident Donald Trump, wider | |
| die Millionenbeträge, die namhafte Milliardäre in Anti-Mamdani-Kampagnen | |
| gesteckt haben, wider die karge Unterstützung aus seiner eigenen Partei. | |
| Viele deutsche Linke blicken nun sehnsüchtig nach New York und fragen sich: | |
| Wo bleibt unser Zohran Mamdani? Linke Parteien oder solche, die sich links | |
| wähnen, wollen auf den Siegeszug aufspringen und versuchen plötzlich, sich | |
| mit ihm und seiner Politik zu assoziieren. Nur lassen insbesondere SPD und | |
| Grüne dabei völlig außer Acht, warum sie nicht imstande wären, einen | |
| solchen Moment zu rekreieren. | |
| Zunächst einmal zu den Gründen für Mamdanis Sieg. Da ist zum einen | |
| natürlich sein persönliches Talent: M[1][amdanis charismatische | |
| Zugewandtheit, mit der er sogar Uninteressierte und Andersgesinnte von sich | |
| zu begeistern vermag, und seine Schlagfertigkeit, die ihn auch nach einem | |
| Zwölf-Stunden-Tag nicht verlässt]. | |
| Dazu kommt eine PR-Kampagne, die von Menschen konzipiert wurde, die wissen, | |
| wie das Internet funktioniert: hochwertig produzierte Videoformate, die | |
| Mamdani und seine Botschaft perfekt in Szene setzten, kultige Meme-Momente, | |
| unzählige Auftritte mit Influencern, die ihre Millionen-Followerschaft | |
| bereitwillig zur Verfügung stellten. | |
| Und dann ist da noch eine extrem dankbare Gegnerschaft: Andrew Cuomo, ein | |
| wirklich alter, weißer, vom Großkapital unterstützter | |
| Establishment-Demokrat mit dem Charisma eines Postbeamten – der perfekte | |
| Antagonist also für den jungen Parteirebellen. | |
| ## Die große und die kleine Utopie des Zohran Mamdani | |
| All diese Faktoren waren relevant. Doch entscheidend war etwas anderes. | |
| Mamdani verkörpert glaubhaft, wonach so viele Menschen in einer immer | |
| dystopischer anmutenden Zeit dürsten: eine Utopie, an der sie auch noch | |
| selbst mitwirken konnten. Da ist die kleine Utopie des Zohran Mamdani: von | |
| einem anderen New York, in dem Wohnungen bezahlbar sind, in dem es | |
| kommunale Supermärkte mit niedrigen Preisen gibt, kostenlose Busse und | |
| Kitas für alle. Eine Stadt, die von einem Mann regiert wird, der nicht im | |
| Interesse der Reichen, sondern im Interesse der vielen agiert. | |
| Und dann ist da noch eine größere Utopie: von einer anderen Welt, in der es | |
| eine Alternative gibt zum profitgetriebenen Techno-Faschismus der | |
| Rechtskonservativen und dem etwas freundlicher daherkommenden | |
| Neoliberalismus der Liberalen, der gleichermaßen die Interessen der Reichen | |
| an erste Stelle setzt. [2][Mamdani ist zwar nicht der systemstürzende | |
| Kommunist, zu dem ihn seine Gegner machen wollen]. Doch seine Kampagne | |
| öffnete Raum, zu träumen, dass doch alles anders sein könnte. | |
| Natürlich können auch Grüne und SPD sich in ihren Wahlkämpfen strategisch | |
| an der Mamdani-Kampagne oder dem in vielerlei Hinsicht ähnlichen | |
| Bundestagswahlkampf der Linkspartei orientieren. Runtergebrochen ist die | |
| Formel banal: drei Kernthemen, die die Sorgen der breiten Masse ansprechen, | |
| Lösungsvorschläge in knappe Slogans packen und diese über eine kluge | |
| Social-Media-Strategie bewerben. Wer aber denkt, das allein reiche aus, um | |
| Massen an veränderungsdürstigen Menschen hinter sich zu vereinen, irrt. | |
| ## Es braucht Rückgrat, um zu inspirieren | |
| Mamdani hatte nicht einfach bloß ein gutes sozialpolitisches Programm. Er | |
| wurde als glaubhafter Antagonist zur bestehenden Ordnung wahrgenommen. Weil | |
| er von Beginn an das Rückgrat zeigte, auch extrem angreifbare Positionen | |
| wie seine Palästina-solidarische Haltung standhaft zu vertreten. | |
| Man kauft ihm diese auch gerade deshalb ab, weil er schon seit seiner | |
| Uni-Zeit in linken Bewegungen wie der Palästina-Bewegung oder Kämpfen für | |
| migrantische Arbeiter*innen verankert ist. Hätte Mamdani kontroverse | |
| Positionen gescheut, hätte er nicht die Glaubwürdigkeit gehabt, um eine | |
| ganze Generation junger Linker zu inspirieren, die von der glattgebügelten | |
| Rhetorik der Demokraten desillusioniert sind. | |
| Der Vergleich zwischen Berlin und New York hinkt an vielen Stellen. Aber | |
| eins ist sicher: Hiesige Parteien wie SPD oder Grüne haben nicht den Mut, | |
| einen kontroversen Außenseiterkandidaten wie Mamdani zur Wahl aufzustellen. | |
| Statt für angreifbare, aber richtige Positionen geradezustehen – sei es in | |
| Sachen Gaza, der Migrationsfrage oder beim Bürgergeld –, haben die | |
| mitte-links Parteien in den vergangenen Jahren stets darauf gesetzt, | |
| Kontroversen kleinzuhalten und sich an den rechten Diskurs anzuschmiegen. | |
| Vermutlich hätten sie jemanden wie Mamdani wegen seiner | |
| pro-palästinensischen Positionen aus der Partei geschmissen.SPD und Grüne – | |
| das sollten die Parteien inzwischen eigentlich verstanden haben – sind das | |
| deutsche Äquivalent der Establishment-Democrats. | |
| Und die Linke profitiert bislang davon. Doch selbst bei der Linken werden | |
| Menschen wie Mamdani nicht in die vorderste Reihe gestellt – aus Angst vor | |
| Kontroversen. Ob eine handzahme Kandidatin wie [3][Elif Eralp bei den | |
| Bürgermeisterwahlen in Berlin] wirklich in der Lage ist ein | |
| Mamdani-ähnliches Momentum zu schaffen, bleibt deshalb abzuwarten. | |
| 7 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Pauline Jäckels | |
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