| # taz.de -- Jüdisches Leben im geteilten Deutschland: Brüche, Erinnerung, Zuk… | |
| > Wie lebten Jüd*innen in Ost- und Westdeutschland und in der | |
| > Nachkriegszeit? Ein Gespräch mit Marion Brasch und Meron Mendel über | |
| > deutsche Identität. | |
| In der aktuellen Folge des Podcasts „Mauerecho“ spricht Dennis Chiponda mit | |
| der Schriftstellerin und Radioautorin Marion Brasch sowie dem Historiker | |
| und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank Meron Mendel. | |
| Marion Brasch wuchs in der DDR in einer jüdischen Familie auf, Meron Mendel | |
| in einem israelischen Kibbuz. Im Jahr 2001 kam er als Student nach | |
| Deutschland. Gemeinsam sprechen sie über das jüdische Leben im Deutschland | |
| der Nachkriegszeit und über das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zum | |
| Judentum. | |
| Die meisten Jüd*innen, die nach dem Ende des Holocausts in Deutschland | |
| blieben, waren sogenannte displaced persons – Menschen, die ursprünglich | |
| aus Polen oder der Ukraine stammten, das KZ überlebt hatten und nicht in | |
| ihre Heimat zurückkehren konnten. Sie lebten zunächst in von den Alliierten | |
| errichteten Lagern. Viele wanderten später nach Israel, Kanada oder in die | |
| USA aus. Manche aber, so erklärt Mendel, hätten nach den traumatischen | |
| Erfahrungen der NS-Zeit keine Kraft mehr gehabt, an einem anderen Ort neu | |
| anzufangen. Es gebe bis heute viele Vorurteile gegenüber denen, die sich | |
| entschieden hätten, in Deutschland zu bleiben. | |
| Diejenigen Jüdi*nnen, die aus dem Ausland in die DDR zurückkehrten, waren | |
| meist deutsche Jüd*innen, die dies aus politischer Überzeugung taten. „Für | |
| sie war die Antwort auf den Nationalsozialismus der Sozialismus | |
| beziehungsweise der Kommunismus“, sagt Mendel. | |
| Deutsche Identität nach dem Mauerfall | |
| Wie viele andere migrantische Communities, nahmen auch manche Jüd*innen | |
| den Mauerfall und das wiedervereinigte Deutschland als bedrohlich wahr. | |
| Marion Brasch erzählt, dass sie nach den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen | |
| und Hoyerswerda Angst vor einem neuen Nationalismus hatte. Sie habe damals | |
| sogar überlegt, nach Israel auszuwandern. Mendel berichtet, dass auch in | |
| Israel solche Befürchtungen existierten. | |
| [1][Als während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 deutscher Nationalstolz | |
| wieder offen auf der Straße gezeigt wurde], habe das viele Menschen | |
| irritiert. Mendel selbst habe diesen Patriotismus jedoch nicht als | |
| bedrohlich empfunden. „Wenn Patriotismus in Nationalismus kippt, da wird es | |
| gefährlich“, sagt er. | |
| Im Gespräch reflektiert auch Brasch, wie ambivalent ihr Verhältnis zur | |
| deutschen Identität ist. Da ihre Familie im Nationalsozialismus verfolgt | |
| wurde, empfinde sie zwar keine Schuld. „Diese Selbstverständlichkeit, mit | |
| der andere Nationen mit ihrer eigenen Geschichte und auch Zugehörigkeit | |
| umgehen, das fehlt mir auch“, sagt Brasch. | |
| Muss deutsche Identität neu gedacht werden? Mendel stellt die These auf, | |
| dass ein Bezug auf die deutsche Identität auch für Linke nützlich und sogar | |
| progressiv sein könne. „Im Idealfall soll jede linke Person | |
| universalistisch denken […] Die Realität zeigt aber, dass auch für Linke | |
| diese Abstraktion extrem schwierig ist. Also auch wir linken Personen | |
| tendieren dazu, in Gruppen zu denken.“ Übergeordnete Kollektive, die | |
| Identitätsangebote schaffen, erleichtern es uns, uns für andere | |
| einzusetzen, so Mendel. | |
| „Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [2][taz Panter Stiftung… | |
| Er erscheint jede Woche Sonntag auf [3][taz.de/mauerecho] sowie überall, wo | |
| es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm. | |
| 9 Nov 2025 | |
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| Dennis Chiponda | |
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