| # taz.de -- Spionage in Ost und West: Im Schatten des Kalten Krieges | |
| > Günter Gräßler war für den Geheimdienst der DDR aktiv, Chris McLarren war | |
| > US-Nachrichtenanalyst auf dem Teufelsberg. Zwei verfeindete Spione | |
| > erzählen. | |
| Berlin war zur Zeit des Kalten Kriegs Hauptstadt der Spione. In der | |
| aktuellen Folge Mauerecho spricht Dennis Chiponda mit zwei Menschen, die | |
| damals auf unterschiedlichen Seiten standen: Christopher McLarren, | |
| ehemaliger US-Nachrichtenanalytiker und Mitarbeiter auf der Abhörstation | |
| auf dem Teufelsberg in Berlin, und Günter Gräßler, ehemaliger | |
| Führungsoffizier der Hauptverwaltung A des Ministeriums für | |
| Staatssicherheit, dem Auslandsgeheimsdienst der DDR. | |
| Wer „Geheimdienst“ und „Spionage“ hört, denkt schnell an James Bond od… | |
| neuere Serien wie 1983 oder [1][Kleo]. Doch wie nah kommen solche | |
| Darstellungen der Wirklichkeit? „Mit James Bond hatte es herzlich wenig zu | |
| tun“, sagt Chris McLarren lachend. Er habe viel Zeit mit bürokratischer | |
| Routine verbracht. Auf dem Teufelsberg sei seine Aufgabe gewesen, die Daten | |
| zu analysieren, die andere in ihrer Abhörarbeit gesammelt hatten. | |
| Günter Gräßler war in der HVA verantwortlich dafür, Quellen an | |
| verschiedenen Orten zu rekrutieren und sie als Spione auszubilden. Nach dem | |
| Ende der DDR wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen seiner | |
| Agententätigkeit eingeleitet, er rutschte in die Arbeitslosigkeit. Auch | |
| wenn er heute vieles kritischer sehe, sei er damals von der Idee eines | |
| sozialistischen Staates überzeugt gewesen. Die SED habe jedoch versucht, | |
| politische Probleme mit geheimdienstlichen Mitteln wie Überwachung zu | |
| lösen. | |
| ## Der Geheimdienst konnte den Kriegsausbruch verhindern | |
| Beide kamen eher zufällig zum Geheimdienst, der gerade im Kalten Krieg eine | |
| zentrale Rolle spielte, wie McLarren betont. Für beide Seiten sei es | |
| entscheidend gewesen zu verstehen, welche Ziele die jeweils andere | |
| verfolgte. Gräßler nennt als Beispiel das NATO-Manöver Able Archer von | |
| 1983, das einen Atomangriff simulierte. | |
| Die Sowjetunion ging aus verschiedenen Gründen davon aus, die USA könnten | |
| einen nuklearen Erstschlag vorbereiten. Rainer Rupp, einer der Agenten der | |
| HVA, lieferte Informationen, die schließlich belegten, dass es sich um | |
| einen Fehlalarm handelte. So habe geheimdienstliche Arbeit zur Bewahrung | |
| des Friedens beigetragen. | |
| Solange es unterschiedliche Staaten mit unterschiedlichen Interessen gebe, | |
| blieben Geheimdienste notwendig, meint McLarren. Gräßler ergänzt, dass die | |
| Arbeit deutscher Dienste heute seiner Wahrnehmung nach eine geringere Rolle | |
| spiele. Eine funktionierende Geheimdienstarbeit könne aber helfen zu | |
| verhindern, dass Russland Deutschland in Zukunft angreife, vermutet er. | |
| Er kritisiert, dass sich die Diskussion über Deutschlands | |
| Verteidigungsfähigkeit fast ausschließlich auf die Bundeswehr konzentriere. | |
| „Deutschland hat meiner Meinung nach einen viel größeren Nachholbedarf in | |
| der IT-Sicherheit, in der Sicherheit von Versorgungseinrichtungen und der | |
| Kommunikation“, sagt Gräßler. Auch das sei im Falle einer politischen | |
| Zuspitzung entscheidend. | |
| Obwohl McLarren und Gräßler zur Zeit des Kalten Krieges auf | |
| unterschiedlichen Seiten standen, schätzen sie den Austausch heute sehr. | |
| Wenn man das Gegensätzliche von damals akzeptiere, komme man heute zu ganz | |
| anderen Einschätzungen, meint Grässler. „Ich war im Prinzip Spion und er | |
| Spionageabwehr. Schlimmere Feinde als das kann es eigentlich gar nicht | |
| geben. Und heute sitzen wir hier und versuchen vernünftig miteinander zu | |
| reden. Das halte ich für wichtig.“ | |
| „Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [2][taz Panter Stiftung… | |
| Er erscheint jede Woche Sonntag auf [3][taz.de/mauerecho] sowie überall, wo | |
| es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm. | |
| 23 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dennis Chiponda | |
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