| # taz.de -- Jugendverband der Linkspartei: Linksjugend heißt jetzt Palästina … | |
| > Auf ihrem Bundeskongress geißelt sich die Parteijugend der Linken für ihr | |
| > „Versagen“, bislang nicht ausreichend antiisraelisch gewesen zu sein. | |
| Bild: Vertreter:innen der Linksjugend bei der Palästina-Großdemo im September… | |
| In Teilen der Linksjugend werden rabiat antiisraelische Positionen schon | |
| länger gepflegt. Nun hat sich der Parteinachwuchs der Linkspartei mit einem | |
| mit großer Mehrheit angenommenen Beschluss auch offiziell auf die Linie | |
| festgelegt. Kritiker:innen sehen die Grenze zum israelbezogenen | |
| Antisemitismus überschritten. | |
| Konkret geht es um ein am Wochenende auf dem Bundeskongress der Linksjugend | |
| in Berlin beschlossenes Papier, in dem die „Revision unserer bisherigen | |
| Position in Bezug auf die israelische Staatspolitik“ verkündet wird. | |
| Tatsächlich hatte die Linksjugend noch im vergangenen Jahr erklärt, „die | |
| Interessen aller Bevölkerungsgruppen in Israel und Palästina“ | |
| berücksichtigen zu wollen. In dem vom Berliner Landesverband eingebrachten | |
| Beschluss wird jetzt aufgeräumt mit solchen Differenzierungen, „von nun an“ | |
| soll es [1][nur noch um die sogenannte Palästinasolidarität] gehen. | |
| Selbstanklagen an die Organisation mit ihren rund 12.500 Mitgliedern | |
| inklusive. | |
| So ist die Rede vom „historischen Versagen“ der Linksjugend, „den | |
| kolonialen und rassistischen Charakter des israelischen Staatsprojekts“ | |
| anzuerkennen, „der sich von seinen Anfängen bis heute in der Eroberung | |
| neuer Gebiete und in der Vertreibung ihrer Einwohner:innen ausdrückt“. | |
| Zudem wird „die Befreiung Palästinas als Teil einer breiteren | |
| demokratischen und sozialistischen Revolution“ im Nahen Osten halluziniert, | |
| „die den Imperialismus und Kapitalismus aus der Region herauswirft“. | |
| ## Linkspartei soll ebenfalls Buße tun | |
| Der Beschluss, der unschwer als Leugnung des Existenzrechts Israels gelesen | |
| werden kann, soll nicht nur neue Leitlinie für die Linksjugend sein. Er | |
| richtet sich auch an die Mutterpartei. „Unsere Partei“ wird in dem Papier | |
| ausdrücklich aufgefordert, ebenfalls ihr Versagen einzugestehen, Buße zu | |
| tun und umzukehren. Oder wie es hier heißt: „Es ist unsere Aufgabe als | |
| Sozialist:innen in Deutschland, die revolutionären Bewegungen in der | |
| Region zu unterstützen.“ | |
| Die Kritik aus dem Linken-Vorstand an der Aufforderung ließ nicht lange auf | |
| sich warten. „Die Position der Linken ist eine andere, und wir halten die | |
| der Linksjugend für falsch“, stellt die stellvertretende Bundesvorsitzende | |
| der Partei, Sabine Ritter, auf taz-Nachfrage klar. Für die Linke gebe „es | |
| Frieden nur, wenn alle Frieden finden“. Das bedeute, dass die Perspektive | |
| der Opfer des Angriffs der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 dabei | |
| „immer mitgedacht“ werden müsse. | |
| Ihr sei auch schleierhaft, von welchen „revolutionären Bewegungen“ die | |
| Linksjugend in Palästina ausgehe, sagt Ritter. Benannt werden sie in dem | |
| Beschluss nicht. Dass die Hamas und ihre Verbündeten als Teil davon | |
| verstanden werden, liegt nahe. Für Ritter ein No-Go: „Organisationen, die | |
| ihre eigene Bevölkerung unterdrücken, [2][können keine Verbündeten für | |
| Linke sein].“ Der Linken-Vorstand befinde sich aktuell „im Austausch mit | |
| den Akteuren, wo das vergangene Wochenende kritisch aufgearbeitet wird“. | |
| Denn auch ansonsten soll auf dem Bundeskongress nach Schilderungen von | |
| Teilnehmer:innen das glatte Gegenteil der von der Linken zuletzt | |
| ausgerufenen [3][„Kultur des Willkommens und der revolutionären | |
| Freundlichkeit“] zelebriert worden sein. Nicht zuletzt die – unter den fast | |
| 200 Delegierten deutlich in der Minderheit vertretenen – | |
| antisemitismuskritischen Delegierten klagten im Anschluss über einen | |
| komplett „unsolidarischen Umgang“. | |
| ## Krawall statt Kompromiss | |
| In einer Nachricht an ihren Linken-Landesvorstand berichten Thüringer | |
| Delegierte etwa von Ausgrenzungen, Anpöbeleien und Gewaltandrohungen | |
| während des Treffens. „Dieser Bundeskongress zeigt einen neuen Tiefpunkt in | |
| der Verbandskultur“, sie seien fassungslos, heißt es in dem Schreiben, das | |
| der taz vorliegt. | |
| Auch Pit Klaves von der Linksjugend Sachsen bestätigt im Gespräch mit der | |
| taz Anfeindungen gegenüber den gerade in seinem Landesverband stärker | |
| vertretenen antisemitismuskritischen Stimmen. Klaves spricht von einer | |
| allgemein „schlechten und aufgeladenen Stimmung“ auf dem Bundeskongress. | |
| Bei ähnlich umstrittenen Anträgen habe die Linksjugend in der Vergangenheit | |
| immer noch einen für alle halbwegs tragbaren Kompromiss gefunden. „Das hat | |
| die Gegenseite jetzt gar nicht mehr interessiert.“ | |
| Klaves, der sich auch im Beauftragtenrat genannten Vorstand der sächsischen | |
| Linksjugend engagiert, will mit seinen Mitstreiter:innen „die neue | |
| Verbandslage“ nun erst einmal intern diskutieren. „Klar ist, wir werden das | |
| nicht einfach so hinnehmen.“ | |
| 5 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debatte-um-Neukoellner-Linke/!6105729 | |
| [2] /Streit-ueber-Antisemitismus/!6045837 | |
| [3] /Leitantrag-fuer-Linken-Parteitag-im-Mai/!6075078 | |
| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
| ## TAGS | |
| Linksjugend Solid | |
| Die Linke | |
| Antisemitismus | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Existenzrecht Israels | |
| Social-Auswahl | |
| Wahl in New York | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Die Linke | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Mamdani und die Berliner Linkspartei: Die Aufbruchstimmung nutzen | |
| Die Probleme von New York und Berlin sind ähnlich und auch einige | |
| Lösungsansätze. Doch die Ausgangsbedingungen sind für Eralp andere als für | |
| Mamdani. | |
| Debatte um Neuköllner Linke: Free Palestine und No Hamas | |
| Die Solidarität mit Palästina ist wichtig, aber sie braucht rote Linien. | |
| Ein Teil der palästinasolidarischen Linken scheitert daran. | |
| Parteitag der Linken: Habemus Linke | |
| Lässt sich die Linkspartei harmonisch so gut auf Kurs halten, wie sie | |
| derzeit erfolgreich unterwegs ist? Analyse eines lebhaften Parteitags. | |
| Leitantrag für Linken-Parteitag im Mai: „Kultur der revolutionären Freundli… | |
| Nach ihrem Wahlerfolg will die Linkspartei auf 150.000 Mitglieder | |
| anwachsen. Bei der Außenpolitik bleibt ein neuer Leitantrag vage. |