| # taz.de -- Ökonom über Seltene Erden: „Es ist eine Frage des Marktes“ | |
| > Der Staat sollte Abnahmegarantieren für Seltene Erden aus Recycling | |
| > geben, sagt Michael Gornig. Das ist eine Strategie für mehr | |
| > Unabhängigkeit. | |
| Bild: „Und bei den Seltenen Erden wollte niemand das dreckige Geschäft von d… | |
| Martin Gornig: Wirtschaft, Politik, Verbände fordern unisono, Europa | |
| müssten unabhängiger von China in der Versorgung mit SE werden. Wie schnell | |
| wäre das möglich? | |
| Martin Gornig: Ich bin da optimistisch, innerhalb von fünf Jahren müsste | |
| das machbar sein. Die Maßnahme, die am ehesten umsetzbar wäre, ist die | |
| Lagerhaltung, das machen ja auch schon einige Unternehmen. [1][Alle anderen | |
| Strategien – mehr Recycling, Substitution von Seltenen Erden, | |
| Bergbaualternativen – die dauern länger.] | |
| taz: Das Problem ist doch seit 15 Jahren bekannt, bisher ist nicht viel | |
| passiert. Sind da f ünf Jahre nicht zu optimistisch? | |
| Martin Gornig: Es ist ja weder eine Frage der Vorkommen an Seltenen Erden | |
| noch der Technologien ihrer Verarbeitung, sondern schlicht eine des | |
| Marktes. Die Strategie Chinas ist, den Marktpreis so niedrig zu halten, | |
| dass sich Alternativen nicht mehr lohnen. Irgendwann sind alle Wettbewerber | |
| weg. | |
| taz: Das ist aber eine durchschaubare Stragtegie … | |
| Martin Gornig: Natürlich ist sie das, aber für die anderen ist sie so | |
| bequem. Sie werden billig beliefert. Das machen doch alle Monopolisten sehr | |
| erfolgreich, nehmen sie doch mal Microsoft. Wir nutzen alle gerne Windows. | |
| Es ist billig, es ist bequem. Aber wenn Microsoft nicht wollte, könnten wir | |
| beide hier jetzt nicht mehr telefonieren. Die Welt ist zufrieden damit. Und | |
| bei den Seltenen Erden wollte niemand das dreckige Geschäft von den | |
| Chinesen übernehmen, die riesigen Abwassermengen, der radioaktive | |
| Sondermüll, der dabei entsteht. Dazu kommt noch, das Seltene Erden ja nur | |
| in geringen Margen gehandelt werden, da steckt kein großes Geschäft hinter. | |
| taz: Was müsste denn jetzt als Erstes passieren? | |
| Martin Gornig: [2][Regierung, Wissenschaft und Unternehmen müssten | |
| gemeinsam handeln]. Im vergangenen Jahrzehnt ist auch deshalb nicht viel | |
| passiert, weil der Leidensdruck nicht groß war. Jetzt gibt es aber eine | |
| Veränderung. Üblicherweise nutzen Monopolisten ihre Stellung aus, um | |
| Gewinnune zu machen. Damit kommt eine Marktwirtschaft ganz gut zurecht. | |
| Aber jetzt nutzt China seine Marktmacht nicht dazu, um Gewinne zu machen, | |
| sondern Politik. China und die USA sind ja gar nicht interessiert daran, | |
| dass die EU sich emanzipiert. Deshalb wird China, sobald Europa sich | |
| engagiert, die Preise wieder runtersetzen, die Verfügbarkeit erhöhen – und | |
| so alle Bemühungen wieder zunichtemachen. | |
| taz: Der Ausweg? | |
| Martin Gornig: Erstens sollte der Staat Abnahmegarantieren für Seltene | |
| Erden übernehmen, die durch Recycling oder aus nachhaltigerer Produktion in | |
| anderen Ländern entstanden sind. Wenn der Weltmarktpreis bestimmte | |
| Schwellen unterschreitet, erhalten die Unternehmen eine Kompensation. | |
| Zweitens sind Recyclingquoten zentral. Gerade bei Seltenen Erden, die nicht | |
| umweltverträglich produziert werden können, ist Recycling nicht nur | |
| politisch-strategisch, sondern auch umweltpolitisch sinnvoll. | |
| taz: Die Unternehmen adressieren den Staat, beklagen aber gleichzeitig | |
| Bürokratie und staatliche Eingriffe wie das Lieferkettengesetz. Ist das ein | |
| Widerspruch? | |
| Martin Gornig: Das ist ein permanenter Konflikt. Moderne Volkswirtschaften | |
| funktionieren nur mit dem Staat, er muss regulieren, und Regulierung | |
| funktioniert nur mit Bürokratie. Wir können die Schmerzen der Bürokratie | |
| aber senken, zum Beispiel durch Digitalisierung. Dafür brauchen wir aber | |
| natürlich auch Seltene Erden. | |
| 31 Oct 2025 | |
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| Heike Holdinghausen | |
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| Johann Wadephul | |
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