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# taz.de -- Bremerhaven soll abhängiger werden: Kleine Schwester unter der Fuc…
> Bremen will mehr Kontrollrechte über den Bremerhavener Haushalt: Wenn der
> nicht rechtskonform ist, soll das Land über die Finanzen entscheiden
> dürfen.
Bild: Der Tourismus kann das Haushaltsloch nicht stopfen: Segelveranstaltung in…
Es ist ein bisschen unglücklich für Bremerhaven, dass ausgerechnet jetzt
Bremens Landeshaushaltsordnung geändert wird; die Änderung dort steht an,
um die Lockerung der Schuldenbremse im Grundgesetz auch im Landesrecht zu
verankern. Aber ausgerechnet jetzt? Jetzt, da im Bremer Finanzressort noch
sehr präsent ist, was Bremerhaven diesen Spätsommer abgezogen hat?
Bremerhaven hatte nach der Sommerpause einen ziemlich späten [1][Haushalt
für das Jahr 2025 vorgelegt, der nicht gedeckt] war. Pflicht-Ausgaben
wurden unrealistisch gering geschätzt; und nur, weil die Stadt sich
zusätzliche 42,8 Millionen Euro als „Steuerkraftausgleich“ vom Land in den
Haushalt schrieb, gingen Einnahmen und Ausgaben überhaupt auf. Doch diese
Millionen waren nicht abgesprochen und nicht bewilligt.
Das Land Bremen lehnte den Haushalt der Stadt ab, zum ersten Mal seit
Bestehen des Zwei-Städte-Staates. Am Ende einigte man sich: Echtes Geld gab
es nicht – aber Bremerhaven verpflichtete sich, noch härter zu sparen, als
zuvor geplant; vor allem im Bereich Personal sollen bis 2027 rund 35
Millionen Euro gespart werden. Das Land erlaubte der Stadt außerdem, sich
über rund 40 Millionen Euro zusätzlich zu verschulden, ausnahmsweise.
Am Donnerstag wurde nun unter den neuen Vorzeichen erneut über den Haushalt
in Bremens Stadtverordnetenversammlung (SVV) beraten. Wenn alles gut geht,
wird er laut SVV-Mitglied Thorsten Raschen (CDU) in drei Wochen beschlossen
– Ende November also, das Haushaltsjahr ist dann fast um.
## Bremen könnte Bremerhaven reinregieren
So etwas soll nicht mehr passieren, heißt es aus Bremens Finanzressorts:
Schließlich haftet im Zweifel das Land für Bremerhavens Finanzmisere; und
der [2][Stabilitätsrat] im Bund gewährt Bremen zwar eine
Konsolidierungshilfe von 400 Millionen Euro – aber nur, wenn sowohl das
Land als auch die beiden Städte ihre Sanierungsverpflichtungen einhalten.
Die Landeshaushaltsordnung soll nun ergänzt werden um ein paar Paragrafen,
die das sicherstellen. Die Stadt soll, so weit, so unproblematisch, ein vom
Magistrat unabhängiges Rechnungsprüfungsamt einrichten. Wie auch bisher
behält das Land die Möglichkeit, Haushalte zu genehmigen oder abzulehnen.
Für den Fall aber, dass trotz allem kein rechtskonformer Haushalt
verabschiedet wird, will der Senat neue Rechte bekommen – und im Zweifel am
Schluss die Kontrolle über den Bremerhavener Haushalt. Da fast jede
politische Maßnahme Geld kostet, würde das eine Entmachtung der
Bremerhavener Politik bedeuten.
Die Aufregung aus Bremerhaven versteht man in Bremen nicht – Sinn ergebe
sie nur, wenn die Stadt plane, fachlich nicht korrekte Haushalte
aufzustellen und die Fehler nicht zu korrigieren. Ungewöhnlich ist eine
derartige Letztkontrolle der Kommunen durch das Land auch nicht: Allerorten
fallen Gemeinden unter die sogenannte Kommunalaufsicht.
Doch in Bremen liegen die Dinge anders, so die Kritik aus Bremerhaven –
historisch und strukturell. „Ihr regiert euch da, wir uns hier“, hätten die
Gründungsväter des einzigen Zwei-Städte-Staats verabredet, so das Grüne
SVV-Mitglied Claudius Kaminiarz. Er war einer der größten Kritiker des
ungedeckten Bremerhavener Haushalts für 2025 – und gehört jetzt zu den
Stimmen, die sich am meisten gegen eine erweiterte Aufsicht für das Land
stellen.
In der Landesverfassung Bremens steht etwas von „gleichwertigen
Lebensbedingungen“ in beiden Städten. Doch das, so findet Kaminiarz, sei
schon jetzt nicht die Regel: Schließlich habe die Stadt Bremen schon lange
ganz andere Möglichkeiten, an Landesmittel zu kommen.
Die Landessenator*innen sind in Personalunion auch für die
Angelegenheiten der Stadt Bremen zuständig. „Wenn es in der Stadt Probleme
gibt, greift der Finanzsenator in die Landeskasse“, sagt Kaminiarz. So sei
etwa die Bremer Krankenhausgesellschaft Gesundheit Nord in der
Vergangenheit immer mit ein paar Millionen aus dem Landesbudget gerettet
worden.
Formell steht auch die Stadt Bremen im neuen Gesetzentwurf unter der
Finanzaufsicht des Landes. Doch wie das praktisch funktionieren soll, ist
nicht klar: Soll der Finanzsenator des Landes, Björn Fecker (Grüne), den
Stadtkämmerer der Stadt Bremen, Björn Fecker, rügen?
Ein wichtiger Punkt für Kaminiarz: Das Land Bremen, das sich nun zum
Wächter des Bremerhavener Haushalts aufschwinge, sei nun selbst nicht
gerade als vorbildlicher Haushälter bekannt geworden; nicht nur die höchste
Pro-Kopf-Verschuldung eines Landes zeige das. Auch das jüngste Urteil des
Staatsgerichtshofs weise darauf hin: Das Verfassungsgericht des Landes
hatte nach einer Klage der CDU vor einer Woche die [3][Haushalte für 2023
und 2024 als nicht verfassungsgemäß] abgelehnt.
Und schließlich, so Kaminiarz, sei die erweiterte Aufsicht auch gar nicht
notwendig. Gerade erst habe man ja gesehen, dass auch das bisherige
schärfste Mittel, die [4][Ablehnung des Bremerhavener Haushalts],
ausreiche, um den Magistrat zum Sparen zu bringen.
31 Oct 2025
## LINKS
[1] /Bremen-lehnt-Bremerhavens-Haushalt-ab/!6103267
[2] /41-Stunden-Woche-fuer-Bremer-Beamtinnen/!6090233
[3] /Verfassungsklage-gegen-Bremer-Haushalte/!6123358
[4] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/bremerhavener-h…
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Bremerhaven
Senat Bremen
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Haushalt
Schuldenbremse
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Schwerpunkt Stadtland
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