| # taz.de -- EU-Gipfel: Industrie wichtiger als Klima | |
| > Europas Staats- und Regierungschefs stellen Emissionshandel und | |
| > Verbrenneraus infrage. Unklar bleibt, wie das Klimaziel 2040 erreicht | |
| > werden soll. | |
| Bild: Haben industriefreundlichen Fokus: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, r.)… | |
| Die EU schraubt ihre Ambitionen in der Umwelt- und Klimapolitik weiter | |
| herunter. Beim [1][EU-Gipfel in Brüssel haben die Staats- und | |
| Regierungschefs] gefordert, das Klimaziel für 2040 industriefreundlich zu | |
| gestalten und auf Wettbewerbsfähigkeit zu trimmen. Wichtige Maßnahmen wie | |
| der Emissionshandel und das [2][Verbrenneraus] wurden infrage gestellt. | |
| Kanzler Friedrich Merz (CDU) startete sogar einen Frontalangriff auf das | |
| Lieferkettengesetz. | |
| Das Europaparlament hatte es vor dem Gipfeltreffen abgelehnt, die Regeln | |
| für umwelt- und sozialverträgliche Lieferketten weiter auszuhöhlen. „Die | |
| gestrige Entscheidung des Europäischen Parlaments ist inakzeptabel“, | |
| polterte dagegen Merz in Brüssel. Er pochte darauf, die Vorschriften für | |
| Unternehmen zu lockern. Die „fatale Fehlentscheidung“ der Abgeordneten | |
| müsse korrigiert werden. Darauf bestehe er, sagte Merz nach dem EU-Gipfel. | |
| Der Chef der deutschen SPD-Gruppe im Parlament, René Repasi, hielt dagegen. | |
| „Es steht einem nationalen Regierungschef wie Kanzler Merz nicht an, das | |
| Europäische Parlament, das ihm gegenüber nicht rechenschaftspflichtig ist, | |
| für eine demokratische Mehrheitsentscheidung zu kritisieren“, sagte Repasi. | |
| Das EU-Parlament sei kein „Abnickverein“. Doch die konservative | |
| Parlamentspräsidentin Roberta Metsola deutete Entgegenkommen an. | |
| In der Straßburger Kammer gibt die konservative EVP den Ton an, die vom | |
| CSU-Politiker Manfred Weber geführt wird. Weber verfolgt dieselben Ziele | |
| wie Merz. Er will den gesamten „Green Deal“ der EU aufweichen, um der | |
| Industrie entgegenzukommen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Weber | |
| hatte angekündigt, auch das für 2035 geplante Aus für Verbrennermotoren zu | |
| kippen. Der EU-Gipfel forderte die EU-Kommission auf, dazu einen Vorschlag | |
| vorzulegen. | |
| ## Zweite Stufe des Emissionshandels unter Beschuss | |
| Auch das ETS 2, die zweite Stufe des [3][europäischen Emissionshandels], | |
| steht unter Beschuss. Die EU-Chefs sprachen sich für Änderungen am | |
| CO₂-Preissystem für den Gebäude- und Verkehrssektor aus, das 2027 | |
| eingeführt wird. Viele Staaten fürchten, dass die Preise beim Heizen und | |
| Tanken durch die CO₂-Bepreisung des ETS 2 zu stark steigen. Die | |
| EU-Kommission soll nun einen [4][industriefreundlichen und | |
| sozialverträglichen Plan] vorlegen. | |
| Unklar ist, wie die EU mit den jetzt geplanten Änderungen und Lockerungen | |
| noch das Klimaziel für 2040 erreichen will. Die EU-Kommission hat eine | |
| Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu | |
| 1990 vorgeschlagen. Der EU-Gipfel hat sich zwar in einem Nebensatz zu | |
| diesem Ziel bekannt, die EU-Kommission aber zugleich aufgefordert, die | |
| „nötigen Bedingungen“ zu schaffen. Damit schafft man eine Hintertür. | |
| Dies zeigt sich auch am neuen Wording der Staats- und Regierungschefs. | |
| Statt wie bisher von der „grünen Transformation“ sprechen sie nun von einem | |
| „wettbewerbsfähigen grünen Übergang“. Alle Umwelt- und Klimaschutzmaßna… | |
| werden unter den Primat der Wettbewerbsfähigkeit gestellt. Kanzler Merz | |
| kündigte zudem einen Sondergipfel für Februar an. Er soll sich vollständig | |
| um die Rettung der Industrie und die Wettbewerbsfähigkeit drehen. | |
| Für den neuen, industriefreundlichen Fokus haben sich auch Frankreich, | |
| Polen und die Slowakei ausgesprochen. Beim EU-Gipfel kam es sogar zum | |
| Schulterschluss zwischen Merz und dem slowakischen Regierungschef Robert | |
| Fico. Sie forderten gemeinsam Maßnahmen zugunsten der Autoindustrie. In der | |
| Slowakei sitzen viele Zulieferer deutscher Unternehmen. Zuvor hatte Fico | |
| wochenlang das 19. Sanktionspaket gegen Russland blockiert. | |
| Die Reaktionen auf die Gipfelentscheidungen fallen gemischt aus. Der grüne | |
| Europaabgeordnete Michael Bloss sprach von einem „Kuhhandel“. Positiv sei, | |
| dass das Klimaziel für 2040 vorerst gerettet worden sei – allerdings um den | |
| Preis schmerzhafter Zugeständnisse. Zentrale Bausteine der europäischen | |
| Klimaarchitektur seien abgeschwächt worden. Die Industrie reagierte | |
| positiv. Allerdings müssten den Worten nun Taten folgen. | |
| 24 Oct 2025 | |
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| [1] https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2025/10/23/european… | |
| [2] /Verbraucherschuetzer-uebers-E-Auto-Laden/!6122084 | |
| [3] /Europaeischer-Klimaschutz/!6122179 | |
| [4] /Klimakrise-in-Bruessel/!6122951 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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