# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Solidarität und Selbstreflexion | |
> Bei einer Großkundgebung wird gegen Israels Vorgehen in Gaza protestiert. | |
> Beim „profeministischen Kongress“ diskutieren Männer über das | |
> Patriarchat. | |
Bild: Demonstrant*innen fordern, die Waffen niederzulegen | |
Berlin taz | Mindestens zehntausende Tote, hunderttausende Vertriebene, | |
eine systematische Zerstörung von Infrastruktur und Lebensgrundlagen: | |
Israels Vorgehen in Gaza ist ein Verbrechen historischen Ausmaßes – mit | |
deutscher Unterstützung. Die Vereinten Nationen debattieren derzeit in New | |
York über Palästina. Wegen der Weigerung, Palästina diplomatisch | |
anzuerkennen, gerät Deutschland zusehends unter Druck. Zeit, die | |
Bundesregierung aufzufordern, ihre Haltung und Praxis anzupassen. | |
Unter dem Motto [1][„All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid!“] findet am | |
Samstag auf der Reichstagswiese eine Großkundgebung statt. Aufgerufen hat | |
ein Bündnis der Palästinensischen Gemeinde Deutschland, der | |
Aktivisten-Gruppe eye4palestine und der NGOs Amnesty International und | |
medico international. Es soll keine Demo sein, auf der | |
Hamas-Befürworter*innen den 7. Oktober als „Befreiungsschlag“ feiern. | |
Vielmehr sollen die Stimmen der Betroffenen hörbar werden: Es reden | |
Palästinenser*innen sowie der jüdische Deutsche Michael Barenboim und | |
die Israelin Ella Greenberg, die in Israel den Wehrdienst verweigert hat. | |
Es treten zudem K.I.Z, Rapper Pashanim und Rapperin Ebow auf – etwas | |
zeitgemäßer als das musikalische Programm bei Sahra Wagenknechts | |
Gaza-Solidaritätsdemo vor zwei Wochen, bei der Didi Hallervorden auftrat. | |
Die Veranstalter rechnen mit mehr als 50.000 Teilnehmer*innen. Die | |
Linkspartei wird eine eigene Gaza-Protestkundgebung in Mitte geben | |
(Samstag, 27.09., Wiese vor dem Deutschen Bundestag, ab 17 Uhr). | |
Die Spaltung innerhalb der propalästinensischen Bewegung wird am Samstag | |
deutlich: Am Moritzplatz in Kreuzberg rufen weitere Gruppen zu einer | |
Solidaritäts-Demo für Gaza auf. Unter dem Motto „United for liberation, | |
fight normalization“ werfen sie NGOs vor, im Schulterschluss mit ihren | |
Geldgebern Bewegungen zu entpolitisieren und zu schwächen, die nicht im | |
Sinne der Regierungen handelten. „Palästinensisches Blut ist kein | |
Fundraising-Instrument für deutsche NGOs und keine Kulisse für Prominente“, | |
heißt es im Aufruf. „Unser Widerstand ist keine Ästhetik – er ist eine | |
Bewegung für Gerechtigkeit und Befreiung ohne Kompromisse.“ (Samstag, | |
27.09., Moritzplatz, 14 Uhr). | |
## Zeit für Kritische Männlichkeit | |
Kompromisslos sind inzwischen auch Flinta*. Antifeministische, ignorante | |
Männer? Kein Bock. Die ersten Flinta* „dezentrieren“ nun Männer (rücken | |
sich selbst, nicht Männer ins Zentrum), die nächsten schließen sich dem | |
„freiwilligen Zölibat“ an und verzichten bewusst auf Sex mit Männern. Wo | |
sind die Cis-Männer, die diese Zustände beenden wollen? | |
In den Mehringhöfen in Kreuzberg. Von Freitag bis Sonntag diskutieren sie | |
dort beim „profeministische Kongress“ über Feminismus und setzten sich | |
kritisch mit ihrer Männlichkeit auseinander. Es soll weder ein Wettbewerb | |
im progressiven Auftreten noch ein „Befindlichkeitskongress“ werden, in dem | |
Männer sich in ihrer vermeintlichen Opferrolle suhlen. Sie wollen | |
praktische Wege finden, um Verantwortung zu übernehmen und patriarchale | |
Gewalt zu beenden, so die Veranstalter. | |
Der Kongress richtet sich an all die Männer mit „antisexistischem Anspruch | |
und all diejenigen, die mit patriarchalen Anforderungen und Praxen hadern“. | |
Und was ist mit denjenigen, die ihre Privilegien um jeden Preis | |
verteidigen? | |
Die wird man nicht erreichen, räumen die Veranstalter ein. Schade – der | |
Kongress bleibt damit wohl in einer elitären linken Blase, die sich an | |
Nagellack und bell hooks orientiert. Ein Tipp: Begriffe wie | |
„profeministische Praxis“ oder „(queer-)feministische Theorien und Praxen | |
als Leitstern“ stoßen bei Andrew-Tate-Fans tendenziell nicht auf | |
Zustimmung. Und trotzdem: Danke für euren Einsatz! (Freitag, 26.09 bis | |
Sonntag, 28.09., Mehringhöfe). | |
Ein Ort, an dem [2][Männlichkeit oft über Gewalt, Besitz und Ausgrenzung | |
definiert wird, ist im Deutschrap]. Im Haus der Kulturen der Welt (HKW) | |
widmet sich am Sonntag im Rahmen der [3][Ausstellung „Global Fascisms“] ein | |
Panel dem Problem: „Härte zeigen – Männlichkeit im Deutschrap“. | |
Rapper*innen, wie Sookee und Gianni Suave diskutieren darin darüber, warum | |
reaktionäre Männlichkeitsbilder im Rap so attraktiv wirken, warum die | |
Haltungen auch im Mainstream anschlussfähig geworden sind und die Nähe zu | |
rechten Ideologien (Sonntag, 28.09., Haus der Kulturen der Welt, 18-20 | |
Uhr). | |
Zielscheibe dieser vermeintlich „harten Männer“ sind häufig Queere. Wie | |
stark reaktionäre Männlichkeitsbilder mit rechten Einstellungen verbunden | |
sind, zeigen die [4][wiederholten Angriffe auf CSDs]. Um den CSD in | |
Oranienburg am Samstag vor Nazi-Übergriffen zu verteidigen, rufen | |
antifaschistische Gruppen zur gemeinsamen Anreise nach Oranienburg auf. Der | |
genaue Treffpunkt wird auf Anfrage bekannt gegeben (Instagram: | |
@csdverteidigen). | |
26 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Gaza-Demonstration-in-Berlin/!6115575 | |
[2] /Sexismus-in-der-Techno-Szene/!6100799 | |
[3] https://www.hkw.de/programme/global-fascisms | |
[4] /Angriffe-auf-CSDs-/!6092611 | |
## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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