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# taz.de -- Sportswashing bei Games: Dieser Player gefährdet queere Sichtbarke…
> Eine Gruppe Investoren kauft Electronic Arts. Mit dabei: Saudi-Arabien.
> Damit bekommen sie Macht über die Inhalte von Videospielen wie „Die
> Sims“.
Bild: Zwei „Sims 4“-Charaktere auf einem Highschool-Ball
Wenn „Sims 4“ eines ganz gut kann, dann ist das Queerness repräsentieren.
„Techtelmechtel“ können alle mit allen haben, ohne Diskriminierung fürcht…
zu müssen. Ich kann einen Mann erstellen, der schwanger werden kann. Oder
eine Frau, die im Stehen pinkeln kann. Und ich kann meine Wohnung mit 20
verschiedenen Pride-Flaggen dekorieren. Das sollte selbstverständlich sein.
Vergangene Woche Montag wurde mir klar, dass diese kleine heile Welt fragil
ist.
Denn der Hersteller von [1][„Die Sims“,] Electronic Arts (EA) wechselt
seine Besitzer. Eine Gruppe Investoren will das Unternehmen kaufen und
somit von der Börse nehmen. Unter den Investoren sind der saudi-arabische
Staatsfonds und die Investmentfirma Affinity Partners. Letztere wird von
Jared Kushner geführt, dem Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump. Sie
wollen für 55 Milliarden US-Dollar einen der größten Spielehersteller der
Welt kaufen. 85 Millionen Menschen haben 2024 schon mal [2][„Die Sims 4“]
gespielt, andere Game-Hits von EA, wie zum Beispiel die „Fifa“-Spiele oder
„Battlefield“ sind ebenso erfolgreich.
Dass Saudi-Arabien unter den Käufern ist, überrascht nicht, denn das Land
investiert seit ein paar Jahren viel Geld in die Videospielbranche. Zum
Beispiel hat Saudi-Arabien 2022 den Esports World Cup ins Leben gerufen und
richtet ihn jährlich aus. Und hat Anteile diverser großer Entwicklerfirmen
gekauft, wie zum Beispiel Nintendo oder Take Two.
Dahinter steckt auch eine Marketing-Strategie. Beim „Sportswashing“
polieren Länder ihr Image auf, indem sie Wettbewerbe ausrichten, [3][wie
zum Beispiel Katar 2022 mit der Fußball-Weltmeisterschaft]. Das Land konnte
sich als weltoffener Tourismusort und wirtschaftsstarker Akteur
inszenieren. Und davon ablenken, dass für Homosexualität Freiheits- oder
Todestrafen verhängt werden, und die Fußballstadien von
Zwangsarbeiter:innen errichtet wurden. Das gleiche Prinzip
funktioniert mit digitalen Spielen, denn auch im Gaming kann Saudi-Arabien
den Esports World Cup ausrichten, 2027 die ersten Olympischen E-Sports
Spiele ins Leben rufen, und sich als technologisch fortschrittlicher
Wirtschaftspartner inszenieren.
Wer einen Spielehersteller besitzt, kann Einfluss auf dessen Inhalte
nehmen. Sowohl Kushners Firma also auch der saudi-arabische Staatsfonds
sind sehr konservative Institutionen. In Saudi-Arabien droht die
Todesstrafe für Homosexualität. Die Rechte von Frauen und der Presse sowie
die Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.
In der „Sims“-Community herrscht jetzt also berechtigt Aufruhr. Die
Spieler:innen befürchten, dass die neuen EA-Besitzer Einfluss auf
Inhalte nehmen werden, dass es dann vorbei ist mit Pride-Flaggen und
queerer Repräsentation. Das könnte nicht nur zukünftige Spiele und
Erweiterungen betreffen. Schon jetzt sorgen Updates dafür, dass „Sims 4“
sich regelmäßig verändert. Meist wird Content hinzugefügt, oder neue
Schaltflächen, um Spieler:innen zum Kauf von Inhalten zu animieren.
Theoretisch könnte EA nachträglich umfassende Änderungen an all seinen
Spielen vornehmen. In einer [4][Pressemitteilung] beschwichtigt der CEO
Andrew Wilson diesbezüglich zwar und schreibt, dass sich an den Werten des
Unternehmens nichts ändern wird. Doch wer kann das schon garantieren?
Etwas beruhigend: Saudi-Arabien hat sich im Hinblick auf Inhalte bei
anderen Spielen bisher selten bemerkbar gemacht. Eine Ausnahme ist eine für
den Winter angekündigte Erweiterung von „Assassin's Creed: Mirage“. Als
Assassine soll man die Oase al-'Ula im heutigen Saudi-Arabien erkunden
können. Bisher spielte „Mirage“ im heute irakischen Bagdad des 9.
Jahrhunderts. Auffällig marketingmäßig ist daran, dass die Erweiterung
kostenlos sein soll. Woher soll dann das Geld kommen für die grafisch
aufwendige Darstellung einer kompletten neuen Stadt? Der Hersteller Ubisoft
hüllt sich diesbezüglich in Schweigen, doch diverse Insider vermuten, dass
Sponsoring durch den saudi-arabischen Staatsfonds dahintersteckt.
Welche Werte Jared Kushner in Bezug auf Queerness und Frauenrechte
vertritt, ist unklar. Ich rechne bei dem Schwiegersohn von Trump
diesbezüglich allerdings nicht mit den progressivsten Ansichten. Auch seine
Firma wird, wenn der Deal durchgeht, Einfluss auf die Inhalte der EA-Spiele
nehmen können.
Als Verbraucher:innen können wir uns eigentlich nur noch mit einem
Boykott wehren. Und ich würde jetzt gerne als politisch radikalisierte
Kolumnistin alle zum Boykott aufrufen – aber ich kann nicht. Ich ertrage
das einfach nicht. Ein Leben ohne Eskapismus in die Welt der Sims? Das kann
und will ich mir eigentlich überhaupt nicht vorstellen und auch niemandem
zumuten. Stattdessen hoffe ich auf den unwahrscheinlichen Fall, dass
vielleicht die US-amerikanische Kartellbehörde noch einen Einwand erhebt.
Und mein liebstes Weltflucht-Reiseziel eine kleine Utopie bleiben darf.
6 Oct 2025
## LINKS
[1] /20-Jahre-Die-Sims/!5658330
[2] /Der-Tod-im-Gaming/!6043910
[3] /Fussball-WM-2022/!t5018524
[4] https://www.ea.com/news/exciting-news-about-our-future?isLocalized=true
## AUTOREN
Alexandra Hilpert
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